Blutzeichen
blassgesichtigen Mann.
Er drückte den Abzug und das Glas zerbarst, als die .45er in seiner Hand zuckte.
Der Mann kam unbeschadet weiter auf ihn zu.
Max öffnete die Tür und stolperte aus dem Auto, als das Gewehr losging und Glas auf ihn herabregnete. Er kroch zum hinteren Teil des Wagens und spähte gerade rechtzeitig über den Kofferraum, um das Hochschnellen des Gewehres und das Feuer aus dem Lauf zu sehen.
Max duckte sich und setzte sich mit dem Rücken gegen den Reifen. Schweiß lief ihm über die Stirn und tropfte in seine Augen, nur dass er rostig roch, und als er ihn mit dem Handrücken wegwischte, war seine Hand blutverschmiert. Er berührte seinen Kopf und fühlte drei murmelgroße Furchen, die die 4-mm-Schrotkugeln gerissen hatten. Der kalte Novembernachmittag war wie Eis auf seinem Schädel.
Er lugte unter das Auto, konnte aber die Beine des Mannes, der ihn umbringen wollte, nicht sehen.
Max spähte erneut über den Kofferraum.
Niemand zu sehen.
Er stand auf.
Die Glock zitterte in seiner Hand.
An drei Stellen lief Blut über sein Gesicht wie eine Kriegsbemalung.
Er blinzelte, und da war der Gewehrlauf, der von der anderen Seite des Kofferraums auf ihn gerichtet war. Max spürte unter sich den Boden und starrte durch das verzweigte Geäst dieser gespenstigen Bäume auf Fetzen eines blasser werdenden Himmels, dessen Farbe mit dem Namen seiner Frau identisch war. Er versuchte ihn auszusprechen, seine Frau zu rufen.
Ein schwarzer Mond tauchte auf und fiel auf ihn herab, erfüllte seinen violetten Himmel mit dem Gestank nach verbranntem Metall und Tod.
60. Kapitel
Beth humpelte barfuß durch das Dünengras, als der dritte Gewehrschuss aus dem immergrünen Eichendickicht drang. Sie blickte über die Schulter und sah den alten Mann, der gegen den rostigen Pick-up lehnte und die Hand in die Seite presste, in die sie ihm das Ausbeinmesser gerammt hatte.
Ihr Adrenalinspiegel sank, die eigene Wunde begann zu pochen und fühlte sich an wie der schlimmste Krampf, den sie je gehabt hatte, so als fräße sich etwas aus ihrem Bauch heraus.
Ein weiterer Gewehrschuss hallte über das Wasser.
Nördlich des Hauses tauchte sie in das Dickicht ein, rannte wie der Teufel weiter, blickte sich nicht um und kämpfte sich mit der Sonne im Rücken durch die kühle Dunkelheit der Eichen.
Beth stieg über einen Grasbüschel. Sie schrie auf und stürzte, zog drei Dornen aus ihrem rechten Fuß und rannte weiter. Tote Blätter klebten am Blut auf ihrem linken Bein.
Nach zwei Minuten brach sie zusammen, lag in der Kälte auf den Blättern.
Sie rollte sich auf den Rücken, starrte in den dunkler werdenden Himmel.
Sie schloss die Augen.
Das Einatmen schmerzte unerträglich.
Sie drückte ihre Handfläche gegen die Wunde, spürte, wie ihr das Blut durch die Finger rann…
Als ihre Augen sich öffneten, konnte sie einen einsamen Stern am kobaltblauen Himmel sehen.
Irgendwo in der Ferne wurden Blätter zertreten.
Sie fragte sich, ob der Mann mit den langen schwarzen Haaren sie wohl im Wald töten oder sie mit zurück zu dem schrecklichen Haus nehmen würde….
Beim Erwachen war ihr kälter als jemals zuvor. Der Himmel stand voller Sterne, der Wald war ruhig, sie hatte aufgehört zu bluten. Beth setzte sich auf, mühte sich auf die Beine und humpelte durch das Dickicht.
Nach einer Stunde brach sie aus dem Dickicht und betrat eine Marschwiese, wobei ihre Füße bei jedem Schritt in den kalten Matsch einsanken. Vor Erschöpfung war sie so benommen, dass sie es kaum registrierte, als ihre aufgerissenen Füße schließlich das Pflaster des Highway 12 berührten.
Beth trat erstaunt auf die Mitte der Straße. In Richtung Norden führte sie in die Dunkelheit, so weit ihr Auge reichte. Im Süden verlief sie zweifelsfrei auf das nächtliche Leuchten der Zivilisation zu.
Der Mond ging auf.
Das Meer glänzte.
Sie torkelte auf die kleine Stadt zu.
Rufus’ Wunde war lang, aber nicht tief. Er saß auf einem Stuhl in der Küche, und anstatt die Wunde zu nähen, benutzte Maxine einen Streifen Klebeband, um den fast acht Zentimeter langen Schnitt rechts von seinem Bauchnabel zu schließen.
Ihr linker Kiefer war geschwollen, aber der Schmerz war auszuhalten. Sie konnte ohnehin nicht viel dagegen tun. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Bald würden Leute auftauchen und nach den Männern suchen, die ihr Sohn umgebracht hatte.
Während Maxine Koffer packte, nahm Rufus eine Laterne mit in den Keller.
Die gute Nachricht
Weitere Kostenlose Bücher