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Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Johnson
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gegenüberstanden. 1960 hatte man die Opposition so gründlich unterdrückt, dass sich überhaupt niemand mehr gegen Farleys Kandidaten zur Wahl stellte.
    Das stille Abkommen zwischen Demokraten und Republikanern, das Nucky Johnson und Charlie Lafferty getroffen hatten, blieb auch unter Farley bestehen. Lafferty wurde später von den unverhohlenen Farley-Befürwortern William Casey und Arthur Ponzio ersetzt, und so gab es in jeder Stadtratswahl eine Liste mit drei Republikanern und zwei sogenannten »Farleykraten«. Auch bei den Bezirkswahlen trat lediglich eine Scheinopposition an. Mit jeder Wiederwahl wuchs Farleys Macht in Trenton – er war der König des Senats.
    In den zwanzig Jahren als Vorsitzender der Regierungspartei von New Jersey hatte Farley weit mehr als nur parteiübergreifende Bündnisse zu Wahlkampfzwecken geschlossen. Er hatte im Prinzip die gesamte Legislative unter seine Kontrolle gebracht. Als mächtigster Mann in Trenton besaß er ein Vetorecht gegen jeden Vorschlag der Exekutive, und das meistens mit Unterstützung des Gouverneurs. Hatte er die nicht, wartete er ab und blockierte Gesetzesvorschläge des Gouverneurs so lange, bis er sie bekam. Er wusste, auf welche Schlachten man sich einließ und welche man mied. Hätte sich Farley selbst zum Gouverneur wählen lassen, hätte das einen Machtverlust bedeutet, als Senator war er jedoch unangreifbar. Dennoch arbeiteten bereits Kräfte im Hintergrund daran, ihn zurechtzustutzen.
    Eins von Farleys wichtigsten Machtinstrumenten war die Zusammensetzung des Senats. Jeder von New Jerseys 21 Bezirken wurde, unabhängig von seiner Einwohnerzahl, von einem Senator vertreten, so war es in der Bundesstaats-Verfassung von 1976 festgelegt worden. Während seiner Jahre im Senat konnte Farley stets auf die sechs Stimmen seiner Mitsenatoren aus Süd-Jersey zählen, das bedeutet, er brauchte von den verbleibenden vierzehn nie mehr als vier Stimmen, um eine Mehrheit im Senat zu erzielen.
    In den 50er-Jahren wuchsen die Stadtgebiete New Jerseys massiv an. Die Ergebnisse der Volkszählung von 1960 versetzten die Politiker der ländlichen Provinzen in helle Aufregung. Die Bevölkerungszahlen zeigten ein heftiges Ungleichgewicht auf, und eine Studie der Rutgers-Universität kam zu folgendem Schluss: Die Senatoren der 11 kleineren Bezirke, die im Senat eine Mehrheit darstellten, repräsentierten nur 19 Prozent der Bevölkerung des gesamten Bundesstaats. Essex County mit seiner größten Stadt Newark war im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl um 219,7 Prozent unterrepräsentiert. Die Region Cape May war dagegen mit 83 Prozent überrepräsentiert, Atlantic City bei circa 16 0 000 Einwohnern mit 44 Prozent. Weil diese Zahlen stellvertretend für viele Regierungsbezirke in Amerika waren, geriet der Status quo ins Wanken.
    1962 beschloss der oberste amerikanische Gerichtshof im Fall Baker gegen Carr das Prinzip »eine Person, eine Stimme« und legte fest, dass die Größe der Wahlbezirke bei den regionalen Wahlen denen bei den Bundeswahlen gleichen müsste. Diese Entscheidung zeigte sofort Wirkung: Nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung wurden sowohl vor den Bundes- als auch den Bezirksgerichten die bisherigen Sitzverteilungen angefochten. Einer dieser Prozesse wurde von Christopher Jackman, einem Gewerkschaftsführer und Demokraten aus dem Bezirk Hudson, geführt. Jackman verlangte von den Bundesstaaten, ihre Wahlbezirke der Bevölkerungsdichte anzupassen. Der Oberste Gerichtshof beschloss daraufhin einstimmig, dass die Wahlkreise bei den Abstimmungen zum Senat und zum Parlament auf Einwohnerzahlen basieren mussten.
    Einer der Richter am Obersten Gerichtshof New Jerseys war Farleys alter Verbündeter Vincent Haneman, den Farley selbst vorgeschlagen hatte. Haneman stimmte zwar im Sinne Jackmans ab, aber hielt schriftlich fest: »In der Laufbahn eines jeden Richters kommt eine Zeit, in der er eine Rechtsauslegung unterstützen muss, die er persönlich nicht gutheißen kann.« 93
    Haneman beruft sich in der Notiz zur Urteilsverkündung unter anderem auf die Geschichte New Jerseys vor der Revolution, als die Kolonie noch in Ost und West aufgeteilt war. Er argumentiert, dass New Jersey über ein »Oberhaus« und ein »Unterhaus« verfügt, das seit jeher auf Hoheitsgebieten statt auf Bevölkerungszahlen basiert. Diese Tradition sei noch bei jeder Verfassungsänderung beibehalten worden, und auch dieses Mal gebe es keinen Grund, sie zu ändern. Dennoch würde er sich dem

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