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Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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unterhalten
hat. Der Mann, der immer wie selbstverständlich an der Geschichte von Bobby Z
interessiert war. Der Mann, der manchmal in ein Restaurant ging, mit einem gegrillten
Käsesandwich in einer Styroporschachtel herauskam und es ihm schenkte, damit
er noch mehr Geschichten erzählte.
    Kein Wunder, denkt One Way voller Schrecken. Kein Wunder, dass der
Mann so interessiert war.
    One Way leidet schlimme Schmerzen. Der Schmerz schießt ihm durchs
Gehirn, als schlüge jemand Nägel in seinen Schädel.
    Er hat - wenn auch unwissentlich - Bobby verraten.
    Er hat diesem Mann - diesem Kaiphas, diesem Pilatus - alles über Bobby
gesagt. Und jetzt hat der Mann Bobbys Priester getötet und läuft in die Höhle,
um auch Bobby zu töten.
    Und es ist meine Schuld, denkt One Way.
    Ich habe Bobby für ein gegrilltes Käsesandwich verraten mit
Bratkartoffeln und in einer Schachtel aus biologisch nicht abbaubarem Styropor,
das bis in alle Ewigkeit überdauern wird.
    Der Schmerz wird stärker.
    One Way weiß, woher er kommt. Es ist der Schmerz der Schuld, der
Schmerz der Scham, der Schmerz des Scheiterns. Es ist der Schmerz der Lähmung,
denn One Way kann sich nicht bewegen. Er bringt es nicht fertig, sich aus
diesen Schatten zu lösen, hinaus ins Mondlicht zu stürzen und für Z zu kämpfen.
Er weiß, dass er dem Mann folgen und ihn von hinten angreifen könnte. Dass er
ihn am Arm packen und den tödlichen Schuss verhindern könnte. Dass er sich,
wenn nötig, sogar zwischen Z und die für ihn bestimmten Kugeln werfen würde.
    Aber er hat Angst.
    Der Schmerz der Angst.
    One Way kauert im Schatten der Klippe, schlingt die Arme um seinen
Körper und schaukelt im Rhythmus der Wellen. Er lauscht auf den Schuss, der
jeden Moment in der Höhle widerhallen wird, auf die Explosion, die durch das
unablässige Pochen in seinem Hirn vorweggenommen wird, und er weiß, dass er mit
alledem bis ans Ende seiner Tage wird leben müssen.
    Styropor.
    Ich bin so schwach, denkt One Way.
    Und meine Schwäche ist Verrat an Bobby Z.
    Dann spürt er, wie sich die Stimme in ihm aufbaut, aufbaut wie ein
plötzlicher Zyklon in seinem Magen, der emporwirbelt und aus seinem Mund
strömt. Er ist dafür nicht verantwortlich, denkt es nicht, will es nicht. Es
geschieht von allein, nicht er ist das, es passiert durch ihn. Die Stimme erzwingt sich ihren Weg durch seine Kehle in dem
Augenblick, als sein Mund sich öffnet und die Arme sich von seinem Rumpf lösen
und sein Körper sich aufrichtet wie ein Zyklon, der sich aus dem Wasser erhebt.
    Und jetzt steht er - unerklärlicherweise auf den Füßen - und stemmt
die Beine in den Sand, während seine Stimme brüllt, Bass und Diskant auf
höchster Lautstärke: »ICH SEHE DICH! ICH SEHE DICH!«
     
    Tim wäre fast hinabgestürzt, so sehr hat ihn dieser Uta schrille, klagende Schrei
erschreckt. Wer sieht wen?, fragt er sich. Er glaubt nicht, dass irgendjemand
ihn sehen kann, weil er in dem Fall schon längst eine Ladung Kugeln im Leib
hätte. Und das bedeutet, dass, wer auch immer da schreit, entweder einen
ernsten Fall von Delirium tremens hat, oder er meint mit seinem Schreien
Gruzsa. Offenbar denkt Gruzsa das auch, weil Tim jetzt hört, wie er
»Scheißdreck!«, murmelt und auf leisen Sohlen denselben Weg aus der Höhle
hinausschleicht, den er gekommen ist. Tim denkt, wenn er es schafft, sich noch
ein oder zwei Minuten in dieser Stellung zu halten, wird er vielleicht doch
noch diesen Tag überleben - um gleich morgen wieder neuen Mist zu bauen.
    Gruzsa ist so stocksauer und verwirrt, dass er fast ausrastet.
Erstens hat er gerade den einzigen Typen umgelegt, der ihm tatsächlich sagen
könnte, wo Tim Kearney ist. Zweitens hat sich Kearney selber buchstäblich in
Luft aufgelöst - mal wieder eine richtige Bobby-Z-Nummer -, denn Gruzsa könnte
schwören, dass er nicht aus der Höhle herausgekommen ist, aber drinnen ist er
auch nicht. Und jetzt kommt drittens auch noch eine Stimme aus dem verdammten
Nichts und erklärt sich selbst zum Zeugen, und Gruzsa dämmert es plötzlich,
dass er heute Abend vielleicht statt einem gleich zwei Leute umlegen muss und
dass möglicherweise keiner von ihnen Tim Kearney ist.
    Gruzsa überprüft sein Magazin und geht auf die Stimme zu, die heult
wie eine Sirene.
     
      Tim kämpft
sich in Richtung Mondlicht voran. Das Ganze ist wie ein Hindernislauf, wie ihn
sich höchstens der sadistischste Marine-Ausbilder hätte ausdenken können. Tims
Muskeln sind bis zum Zerreißen gespannt, und

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