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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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dann plötzlich: ›Also das hat er ja noch nie gemachte‹.« Er sah mich an und merkte, daß ich die Stirn runzelte. »Ich meine, nach meinem Dafürhalten kennt im Grunde niemand einen anderen Menschen. Einen Menschen oder einen Hund. Jedenfalls nicht in-und auswendig.«
    Ich knallte mein Glas auf den Tisch.
    »›Nach meinem Dafürhalten kennt im Grunde niemand einen anderen Menschen‹? Das nenn’ ich philosophisch. Du willst mir also erzählen, daß du nicht weißt, ob ich imstande bin, für schnöden Mammon einen Mann umzubringen, obwohl wir zwei Jahre praktisch als siamesische Zwillinge verbracht haben?« Ich gebe zu, daß mich das ein wenig aufregte. Und ich bin kein Mensch, der sich schnell aufregt.
    »Glaubt Ihr, ich könnte?«, fragte Solomon. Das vergnügte Lächeln umspielte noch immer seine Lippen.
    »Ob ich glaube, daß du für Geld einen Mann umbringen könntest? Nein, das glaube ich nicht.«
    »Seid Ihr Euch sicher?«
    »Ja.«
    »Dann seid Ihr ein Trottel, Sir. Ich habe einen Mann und zwei Frauen umgebracht.«
    Das war mir bekannt. Ich wußte auch, wie sehr es ihn belastete.
    »Aber nicht für Geld«, sagte ich. »Es war kein Auftragsmord.«
    »Ich bin ein Diener Ihrer Majestät, Master. Die Regierung zahlt meine Hypothek ab. Ihr könnt es von allen möglichen Seiten betrachten, und glaubt mir, ich habe es von allen möglichen Seiten betrachtet: Der Tod dieser drei Menschen hat mir etwas zu beißen verschafft. Noch ein Bier?«
    Bevor ich etwas sagen konnte, war er schon mit unseren Gläsern zur Bar unterwegs.
    Während ich ihm nachsah, wie er sich den Weg durch die Immobilienmakler bahnte, dachte ich an die Räuber-und-Gendarm-Spiele zurück, die Solomon und ich in Belfast gespielt hatten.
    Glückliche Tage, über etliche elende Monate verstreut.
    1986 war Solomon mit einem Dutzend anderer Beamter vom Metropolitan Police Special Branch eingezogen worden, um die Reihen der kurzfristig unter die Räder gekommenen Royal Ulster Constabulary aufzufüllen. Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, daß er der einzige in der Gruppe war, dessen Flugticket sich gelohnt hatte, und am Ende seiner Dienstzeit war er von nordirischer Seite, die sehr schwer zufriedenzustellen ist, gebeten worden, im Land zu bleiben und den paramilitärischen Loyalisten zur Hand zu gehen. Er hatte eingewilligt.
    Einen knappen Kilometer weiter diente ich in ein paar Zimmern über der Freedom Travel Agency den Rest meiner acht Armeejahre ab. Man hatte mich der schneidig so betitelten GR 24 zugeordnet, einer der zahllosen Abteilungen des militärischen Abschirmdienstes, die damals – und wahrscheinlich heute noch – in Nordirland miteinander wetteiferten.
    Da meine Offizierskollegen fast ausnahmslos mit Eton-Vergangenheit aufwarteten, im Büro Krawatten trugen und am Wochenende zu Moorhuhnjagden nach Schottland flogen, verbrachte ich allmählich immer mehr Zeit mit Solomon, den größten Teil davon wartend in Autos mit kaputten Heizungen.
    Alle Jubeljahre stiegen wir aus und machten uns nützlich, und in unseren gemeinsamen neun Monaten erlebte ich Solomon bei einer Reihe beispielloser Bravourstücke. Sie mochten drei Menschenleben gekostet haben, aber Dutzende andere, darunter meines, hatten sie gerettet.
    Die Immobilienmakler feixten über seinen braunen Regenmantel.
     
    »Woolf ist eine miese Type, wißt Ihr«, sagte er.
    Wir waren beim dritten Bier angelangt, und Solomon hatte den obersten Knopf geöffnet. Hätt’ ich auch gemacht, wenn ich einen gehabt hätte. Der Pub hatte sich inzwischen geleert, und die Leute waren ins Kino oder nach Hause zu ihren Frauen verschwunden. Ich zündete mir die zuvielte Zigarette des Tages an.
    »Wegen der Drogen?«
    »Wegen der Drogen.«
    »Sonst nichts?«
    »Ist das nicht schlimm genug?«
    »Ah, nein.« Ich sah Solomon an. »Es muß doch mehr dahinterstecken, wenn sich nicht das Rauschgiftdezernat darum kümmert. Was hat deine Abteilung mit ihm zu schaffen? Oder herrscht bei euch einfach Sauregurkenzeit, so daß ihr euch unters gemeine Volk mischen müßt?«
    »Ihr habt kein Wort von mir gehört, klar?«
    »Aber nie doch.«
    Solomon stockte, wog bedächtig seine Worte ab und fand einige davon offenbar ziemlich gewichtig.
    »Ein stinkend reicher Mann, ein Industrieller, kommt nach Britannien und sagt, er wolle hier investieren. Im Wirtschaftsministerium reicht man ihm ein Glas Sherry und ein paar Hochglanzbroschüren, und er krempelt die Ärmel hoch. Erzählt, er wolle diverse Metall-und

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