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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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Blatt.« Ich zündete mir eine weitere Zigarette an, um alle Anwesenden zu ärgern.
    »Das macht nichts. Als erstes sollten Sie sich klarmachen – aber ich nehme an, das wissen Sie längst –, daß es auf der Welt keine Idealisten mehr gibt.«
    »Bis auf Sie und mich, Louis.«
    Eine der Frauen sah auf die Uhr.
    »Genau, Tom«, sagte er. »Bis auf Sie und mich. Aber die Freiheitskämpfer, Partisanen und Architekten der neuen Morgenröte, dieser ganze Kram ist zusammen mit den Schlaghosen im Orkus der Geschichte verschwunden. Terroristen sind heutzutage Geschäftsmänner.« Hinter ihm räusperte sich eine Frau. »Und Geschäftsfrauen. Und der Terror bietet einem modernen Jugendlichen vielversprechende Berufsaussichten. Wirklich. Gute Aussichten, weite Reisen, Spesenkonto, frühzeitige Pensionierung. Wenn ich einen Sohn hätte, würd’ ich ihm entweder Jura oder Terrorismus empfehlen. Und machen wir uns doch nichts vor, Terroristen richten vielleicht weniger Schaden an.«
    Das war ein Scherz.
    »Jetzt fragen Sie sich vermutlich, wo das ganze Geld herkommt?« Er zog die Augenbrauen hoch, und ich nickte wie ein Moderator im Schulfunk. »Nun, es gibt die Bösen, die Syrer, Libyer und Kubaner, die Terror immer noch als Staatsbetrieb ansehen. Sie stellen dann und wann große Schecks aus, und wenn daraufhin jemand bei einer amerikanischen Botschaft eine Scheibe einschmeißt, freuen sie sich wie die Schneekönige. Aber die haben sich in den letzten zehn Jahren eher rar gemacht. Heutzutage ist Profit das ein und alles, und wenn es um Profit geht, führen alle Wege nach Bulgarien.«
    Er lehnte sich zurück, was einer der Frauen das Stichwort gab, vorzutreten und von einem Klemmbrett abzulesen, obwohl sie ihr Referat offenkundig auswendig konnte und das Klemmbrett nur als moralische Unterstützung mitgebracht hatte.
    »Kintex«, begann sie, »ist vorgeblich eine staatliche Handelsagentur, die von Sofia aus tätig wird, wo 529 Angestellte Import-Export-Geschäfte abwickeln. Im verborgenen hat Kintex über achtzig Prozent Marktanteil im Rauschgifthandel zwischen dem Nahen Osten, Westeuropa und Nordamerika, wobei im Gegenzug des öfteren legale und illegale Waffenlieferungen an Guerillagruppen im Nahen Osten stattfinden. Auf dem gleichen Weg wird Heroin an ausgewählte mittelund westeuropäische Dealerringe verschoben. Das Personal besteht bei diesen Aktionen in den seltensten Fällen aus Bulgaren, obwohl man in Varna und Burgas am Schwarzen Meer auf Lagerraum und Unterkünfte zurückgreifen kann. Unter einem neuen Tarnnamen, Globus, sorgt Kintex neben anderen auch für die Geldwäsche der Rauschgiftgewinne aus ganz Europa, tauscht Bargeld gegen Gold und Edelsteine und verteilt über eine Unternehmenskette in der Türkei und Osteuropa Geldmittel an seine Kunden.«
    Sie sah Louis an und wollte wissen, ob sie fortfahren solle, aber Louis sah mich an, merkte, daß ich glasige Augen bekam, und schüttelte unmerklich den Kopf.
    »Nette Gesellschaft, was?«, sagte er. »Die Leute haben auch Mehmet Ali Agca die Knarre in die Hand gedrückt.« Das sagte mir nun rein gar nichts. »Hat ‘81 auf Papst Johannes Paul geschossen. Brachte es auf einige Schlagzeilen.«
    Ich machte »Ah ja« und wackelte ein wenig mit dem Kopf, um zu zeigen, daß ich schwer beeindruckt war.
    »Bei Kintex kriegt man alles unter einem Dach, Tom«, fuhr er fort. »Wenn man die Welt mal so richtig aufmischen, ein paar Staaten ruinieren und ein paar Millionen Menschen das Leben vergällen will, schnappt man sich einfach die Kreditkarte und schneit bei Kintex rein. Keiner macht’s billiger.«
    Louis lächelte, aber ich spürte, daß er vor rechtschaffenem Zorn glühte. Also sah ich mich im Raum um, und – ja, war es denn die Möglichkeit? – auch die anderen drei Köpfe umwaberte das Feuer heiligen Eifers.
    »Und Kintex«, fragte ich in der verzweifelten Hoffnung, ich möge ein Nein zu hören bekommen, »sind die Leute, mit denen sich Alexander Woolf verbündet hatte?«
    »Genau«, sagte Louis.
     
    Und in diesem schrecklichen Moment ging mir ein Licht auf: Keiner der Anwesenden, nicht einmal Louis, hatte auch nur den blassesten Schimmer, worum es sich beim Graduiertenkolleg in Wirklichkeit handelte – oder was Operation Ballast in letzter Instanz erreichen sollte. Diese Leute glaubten wirklich und wahrhaftig, daß sie einen heiligen Krieg gegen den Rauschgiftterrorismus führten, zum Wohl von Onkel Sam und Tantchen Rest der Welt. Für sie ging es um Feld-,

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