Bodenlose Tiefe
bezweifelst, dass ich mir Sorgen um dich mache.«
»Aber nicht genug«, sagte Melis. »Deine Besorgnis hat dich nicht davon abgehalten, den Inhalt der Truhe zu entfernen und damit meinen Hals zu riskieren.«
»Ist das der Grund, warum du verletzt bist? Ich hatte gehofft, Archer würde nicht versuchen, die Unterlagen von dir zu bekommen.« Er wirkte bedrückt. »Ich wollte das nicht tun, Melis, aber ich hatte keine andere Wahl. Du wolltest mir ja nicht helfen.«
»Die ganze Sache stinkt doch zum Himmel«, knurrte Kelby.
»Was haben Sie getan, Lontana?«
»Er hat seinen eigenen Tod vorgetäuscht«, sagte Melis. »Er hat die Last Home selbst in die Luft gejagt.«
»Kannst du dir vorstellen, wie schwer mir das gefallen ist?«, fragte Phil.
»Wie bist du denn davongekommen? Ein Taucheranzug und jemand in einem Boot in der Nähe, der dich aufgelesen hat?«
Phil nickte. »Es hat mir das Herz gebrochen, als ich sie habe untergehen sehen. Ich habe dieses Schiff geliebt.«
»Aber das Opfer hat sich gelohnt«, bemerkte Melis. »Du hast bekommen, was du wolltest.«
»Was hat er bekommen?«, fragte Kelby. »Dass er Archer vom Hals hatte?«
»Auf dem Weg hierher habe ich gehofft, dass es so gelaufen war.« Sie schaute Phil in die Augen. »Aber ich kenne dich, Phil.
Du hättest die Last Home niemals geopfert, wenn du dir nicht sicher gewesen wärst, dafür etwas Besseres zu bekommen. Und das Einzige, was dir wichtiger war als die Last Home, war Marinth. Du hast dich auf einen Deal mit Archer eingelassen, stimmt’s?«
»Wie kommst du auf die –«
»Ja oder nein?«
Er nickte langsam. »Ich hatte keine andere Wahl. Du wolltest mir ja nicht helfen. Marinth lag da auf dem Meeresboden und wartete auf mich und ich kam nicht ran. Es war deine Schuld.«
»Sie verdammter Mistkerl«, murmelte Kelby. »Sie haben Archer also auf Melis angesetzt.«
»Ich habe doch schon gesagt, ich wollte das nicht. Es sollte ihr doch nichts zustoßen. Wir wollten sie nur so einschüchtern, dass sie sich an Sie wendet und Sie um Hilfe bittet. Ich wusste, dass Sie auf Marinth setzen würden. Sie wissen, was wichtig ist.«
»Ach ja?«
»Ich habe sechs Jahre lang versucht, sie dazu zu überreden, dass sie die Delphine für die Suche zur Verfügung stellt. Sie können das verstehen. Ich musste Marinth haben.«
»Aber du hast es nicht bekommen«, sagte Melis. »Kelby hat es.«
Lontana wandte sich ab. »Ich werde womöglich nicht den Ruhm dafür einheimsen, aber ich werde immer wissen, dass ich es war, der die Entdeckung von Marinth möglich gemacht hat.«
Er zuckte die Achseln. »Und was den Profit angeht, ich werde älter. Ich brauche nicht mehr so viel Geld. Ich habe nur noch den Wunsch, hier zu bleiben und mitzuerleben, wie Marinth wieder zum Leben erweckt wird.«
»Du bist die ganze Zeit hier in dem Haus gewesen?«
»Außer wenn ich mit meinem Boot draußen war und dich mit dem Fernglas beobachtet habe.« Er lächelte. »Gib’s zu, Melis.
War es nicht aufregend? Ich wünschte, ich wäre mit euch da unten gewesen. Als ich sah, wie ihr die Netze aus dem Wasser gezogen habt, sind mir vor Glück fast die Tränen gekommen.«
»Sie waren also in dem zweiten Boot, das ich gesehen habe«, sagte Nicholas.
Phil nickte. »Sie haben mich an dem Tag überrascht. Und Sie sind …«
»Nicholas Lyons.«
»Ah, ja, ich habe von Ihnen gehört.«
»Du scheinst ja über eine ganze Menge Bescheid zu wissen«, sagte Melis. »Glaubst du im Ernst, ich bin blöd genug, um zu glauben, dass du tatenlos zusehen wirst, wie jemand anders die Lorbeeren für die Entdeckung Marinths erntet?«
»Glaub, was du willst.«
»Das tue ich. Aber es gefällt mir nicht.« Sie holte tief Luft.
»Soll ich dir sagen, was ich glaube? Ich glaube allmählich, dass du genauso schuldig bist wie Archer. Ich fange an, die Puzzleteile zusammenzusetzen. Wie lautete der Deal? Archer sollte mich quälen, bis ich verzweifelt genug war, um zu tun, was er wollte. Was solltest du als Gegenleistung kriegen? Und sag mir nicht, es war die Chance, hier zu bleiben und Marinth aus zweiter Hand zu erleben.«
»Ich wollte dir nie wehtun, Melis. Ich wusste, dass Archer dich nicht zerbrechen konnte. Aber du musstest einfach zum Handeln gedrängt werden.«
»Gedrängt werden?« Sie musste an die nächtlichen Telefongespräche denken. An den schrecklichen Augenblick, als sie vor Carolyns Leiche gestanden hatte. »O ja, er war sehr überzeugend. Aber was sollte dabei für dich rausspringen,
Weitere Kostenlose Bücher