Bodenlose Tiefe
Menschen das Leben retten, die Fischern bei der Arbeit helfen. Ja, ich glaube, dass es Freundschaften geben kann. Wir müssen sie einfach nehmen, wie sie sind, und dürfen nicht versuchen, menschliche Züge in ihnen zu entdecken.«
»Interessant.« Kelby warf Susie noch einen Fisch zu. »Sind die beiden Geschwister? Oder können wir damit rechnen, dass hier demnächst lauter kleine Delphine rumschwimmen?«
»Sie sind keine Geschwister. Ich habe eine DNA-Analyse von ihnen machen lassen, als ich sie mit auf die Insel gebracht habe.
Aber sie sind noch nicht geschlechtsreif.«
»Sie sind doch schon fast achteinhalb.«
»Delphine können sehr alt werden. Vierzig, fünfzig Jahre.
Manchmal werden sie erst mit zwölf, dreizehn geschlechtsreif, aber mit acht, neun Jahren kann es schon losgehen. Pete und Susie müssten also bald so weit sein.«
»Und wie finden Sie das?«
»Was?«
»Na ja, zur Zeit genießen sie eine glückliche Kindheit. Mit der Geschlechtsreife wird sich einiges ändern.«
»Und Sie meinen, das würde mir etwas ausmachen?«
Ihre Lippen spannten sich. »Ich bin nicht krank. Ich habe seit Jahren mit Delphinen und ihren sexuellen Bedürfnissen zu tun.
Delphine sind Tiere mit einem ausgeprägten Sexualtrieb. So wie Pete mit seinen Spielzeugen umgeht, könnte ich mir vorstellen, dass er einmal sexuell sehr aktiv sein wird. Sex in der Natur hat nichts Obszönes. Es würde mich freuen zu erleben, dass die beiden ein erfülltes Sexualleben haben.«
»Ich halte Sie nicht für krank«, sagte er ruhig. »Ich bin noch nie einer Frau begegnet, die so stark war wie Sie. Sie haben etwas überlebt, woran die meisten anderen zerbrochen wären.
Verdammt, Sie sorgen sogar dafür, dass niemand Ihre Narben sieht.«
»Weil niemand etwas davon hören will, dass Kindern etwas Schlimmes angetan wird. Es berührt die Leute unangenehm.«
Sie schaute ihn an. »Waren Sie nicht auch aufgebracht?«
»Aber nicht unangenehm berührt.« Er sah sie ernst an. »Es hat mich wütend gemacht. Ich war Ihretwegen wütend, aber auch auf Sie. Ich war drauf und dran, mich mit Ihnen in den Federn zu vergnügen und Sie haben mir den Wind aus den Segeln genommen.«
Sie befeuchtete ihre Lippen. »Es war nicht meine Absicht, Sie an der Nase herumzuführen. Ich war verzweifelt und habe instinktiv gehandelt. Es war ein Rückfall in die Zeit im Kafas.
Ich wusste, dass Männer ein solches Angebot zu schätzen wissen.«
»Das können Sie laut sagen. Pete ist nicht der Einzige, der einen ausgeprägten Sexualtrieb hat.« Kelby stand auf. »Aber ich wollte Sie wissen lassen, dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen. Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass ich Sie nicht mehr begehren werde, aber für gewöhnlich kann ich mich beherrschen.«
»Wirklich? Haben Sie deshalb dieses Gespräch mit mir gesucht?«
»Wir werden viel Zeit miteinander verbringen. Ich möchte nicht, dass Sie dauernd angespannt sind.«
»Ich bin nicht angespannt.« Als er sie skeptisch betrachtete, fügte sie hinzu: »Ich bin weder nervös noch habe ich Angst vor Ihnen. Sie irritieren mich nur manchmal.«
»Ich irritiere Sie?« Seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
»Inwiefern?«
»Ich weiß nicht.« Das stimmte nicht und das wusste sie nur zu gut. Seine Präsenz war ihr immer bewusst. Er dominierte jeden Raum, den er betrat. Sie sprang auf. »Ich muss die Polsterung in den Hängematten überprüfen. Wir sehen uns beim Abendessen.«
»In Ordnung.« Er stand auf. »Nicholas ist heute mit Kochen an der Reihe, also erwarten Sie nicht zu viel. Er meinte, Kochen gehört nicht zur Arbeitsplatzbeschreibung eines Schamanen.«
»Ich weiß noch gar nicht, ob ich Zeit habe zu –« Sie zuckte zusammen, als ihr Handy klingelte. Nicht jetzt.
Sie hatte zu viel zu tun und nach einem Gespräch mit Archer lagen ihre Nerven immer blank.
»Gehen Sie einfach nicht ran, verdammt.« Kelby war ebenso angespannt wie sie. »Sie haben mir gesagt, er würde den Delphinen etwas antun, wenn sie nicht rangingen, aber die sind doch jetzt in Sicherheit.«
»Sie werden nicht immer in der Absperrung bleiben.
Außerdem soll er glauben, er könnte mich in Angst und Schrecken versetzen.« Sie hörte Kelby leise vor sich hin fluchen, als sie das Gespräch entgegennahm. »Sie sind ziemlich früh dran, Archer.«
»Das liegt daran, dass ich in wenigen Stunden in einem Flugzeug sitzen werde, und ich könnte es nicht ertragen, heute Ihre Stimme nicht zu hören. Dafür genieße ich unsere
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