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Bodenlose Tiefe

Bodenlose Tiefe

Titel: Bodenlose Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Rolle. Ich war schon lange kein Kind mehr. Ich war wie dieses kleine Mädchen in dem Film Interview mit einem Vampir, eine Erwachsene in einem Kinderkörper. Das hat Kemal immer verstanden.« Sie zuckte die Achseln. »Phil hatte seine Forschungen über die thermischen Kanäle vor der chilenischen Küste beendet und bereitete sich auf eine Forschungsreise zu den Azoren vor. Ich bin auf die Last Home gegangen und habe ihn gefragt, ob er mich mitnehmen könnte. Ich kannte ihn schon seit Jahren. Kemal und er haben sich sehr gut verstanden, seit Phil die Last Home für Delphinbeobachtungsfahrten an die Stiftung zur Rettung der Delphine vermietete. Phil und ich passten gut zusammen und er brauchte jemanden, der ihm die Buchführung macht, mit seinen Kreditgebern verhandelt und dafür sorgt, dass er auf dem Teppich bleibt.«
    »Und Kemal hat nicht versucht, Sie zurückzuholen?«
    »Ich habe ihn angerufen und mit ihm gesprochen. Er hat mir das Versprechen abgenommen, ihn anzurufen, wenn ich Probleme hätte.«
    »Was Sie wahrscheinlich nicht getan haben.«
    »Welchen Sinn hat es, jemanden loszulassen, wenn man sich dann bei jedem Wehwehchen wieder an ihn klammert? Er hat außerdem darauf bestanden, mir mein Studium und die Kosten für den Psychoanalytiker zu bezahlen. Ich wollte die Sitzungen eigentlich abbrechen, weil sie mir nicht viel brachten. Die Alpträume hörten einfach nicht auf.«
    »Und dann haben Sie Carolyn Mulan gefunden.«
    »Dann habe ich Carolyn Mulan gefunden. Kein Hokuspokus.
    Keine Gnade. Sie hat mich einfach erzählen lassen. Und dann sagte sie, ja, es war ekelhaft. Ja, ich kann mir vorstellen, dass du nachts schreiend aufwachst. Aber es ist vorbei und du lebst noch. Du darfst dich nicht unterkriegen lassen. Du musst damit umgehen. Das war ihr Lieblingssatz. Du musst damit umgehen.«
    »Sie hatten Glück, sie auf Ihrer Seite zu haben.«
    »Ja, aber für sie bedeutete es Unglück. Wenn sie mich nicht kennen gelernt hätte, wäre sie jetzt noch am Leben.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie wäre verärgert, wenn sie mitbekäme, dass ich mir die Schuld an ihrem Tod gebe. Das war eins meiner Probleme. Es ist leicht, Kindern Schuldgefühle einzutrichtern.
    Wenn ich nicht schlecht war, warum wurde ich dann bestraft?
    Irgendwo tief in meinem Innern habe ich mir selbst die Schuld dafür gegeben, dass ich im Kafas gelandet bin.«
    »Das ist doch vollkommen verrückt. Das ist ja genauso, als würde man jemandem, der an Eisenbahnschienen gefesselt ist, die Schuld dafür geben, dass der Zug ihn zermalmt.«
    »Carolyn war der gleichen Meinung. Es hat lange gedauert, bis ich diese Hürde genommen habe. Sie meinte, Schuldgefühle schadeten der Gesundheit, ich sollte mich stattdessen dem Leben stellen, mit meinem Leben umgehen. Also werde ich damit umgehen.« Sie schaute ihm in die Augen. »Aber ich werde mich auch Archer stellen. Er hat es nicht verdient, am Leben zu sein.
    Er ist noch viel schlimmer als die Männer, die ins Kafas kamen, um ein kleines Mädchen in einem weißen Organzakleidchen zu missbrauchen. Er erinnert mich an Irmak. Sein Geschäft ist sowohl der Tod als auch der Sex.«
    »Und Sie wollen es ganz allein mit ihm aufnehmen. Sie lassen es zu, dass dieser Perverse Ihnen ins Ohr flüstert. Ist das nicht rührend?«
    Er war äußerlich so ruhig gewesen, dass sie die Wut nicht bemerkt hatte, die unter der Oberfläche kochte.
    Doch jetzt spürte sie sie. Jede Faser seines Körpers war angespannt. »Ich brauche es nicht allein mit ihm aufzunehmen.
    Sie werden mir helfen.«
    »Wie nett von Ihnen, mir eine kleine Rolle zuzugestehen.« Er trat einen Schritt auf sie zu. »Haben Sie eine Ahnung, was ich im Moment empfinde? Erst erzählen Sie mir eine Geschichte, die mich so wütend macht, dass ich am liebsten sofort losrennen und jedem Scheißkerl, der das kleine Mädchen in dem Harem gevögelt hat, die Gurgel durchschneiden würde. Und dann sagen Sie mir, ich soll tatenlos zusehen, wie Archer Sie quält.«
    Er war tatsächlich wütend, sie konnte es fast körperlich spüren. »Ich hasse es auch, hilflos zu sein. Aber dieses kleine Mädchen gibt es nicht mehr.«
    »Ich glaube doch. Und was haben Sie sich dabei gedacht, mir anzubieten, mit Ihnen ins Bett zu gehen? Was glauben Sie wohl, wie ich mich gefühlt hätte, wenn ich anschließend erfahren hätte, dass ich das Opfer von diesen Kinderschändern gevögelt habe?«
    »Ich bin kein Opfer. Ich habe sogar seit damals schon Sex gehabt. Zweimal. Carolyn meinte, es

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