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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myla Goldberg
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vom Kopf hing wie die Ohren eines Cockerspaniels.
    «Meine Güte, es kommt einem gar nicht so lange vor, oder?», sagte Josie. «Deine Eltern sind noch in Jensenville?»
    Celia betrachtete den Nähtisch ihrer Mutter. Nach dem verstaubten Stapel von Schnittmustern zu schließen, war dort zuletzt ein Han-Solo-Kostüm entstanden. «Ja. Ich glaube, die ziehen hier nie weg.»
    «O Gott, meine auch nicht. Wir sollten unsere Eltern zusammenbringen. Die hätten den größten Spaß miteinander.» Josie seufzte. «Weißt du, ich fand’s immer schade, dass wir uns aus den Augen verloren haben. Alle paar Jahre hab ich mir gedacht: ‹Was wohl aus Celie Durst geworden ist?›, aber mit meiner Schusseligkeit bin ich nie in die Gänge gekommen. Das habe ich an dir immer bewundert, wie organisiert du warst. Ich wette, du bist eine Staranwältin geworden oder Geschäftsführerin von irgendeinem Großunternehmen.»
    Da hatte Josie wohl eher Becky im Sinn, vermutete Celia. «Nicht ganz so grandios», sagte sie. «Ich wohne in Chicago, und ich arbeite für die Stadt.»
    «In Chicago?», echote Josie. «Vielleicht mache ich da bei einer Gruppenausstellung mit! Wenn es klappt, schicke ich dir eine Einladung zur Eröffnung!»
    Celia spürte einen Kloß im Hals. «Ich habe im Internet ein paar von deinen Skulpturen gesehen», sagte sie und wartete, was wohl als Nächstes käme.
    «Also, ich finde ja, dass sie online immer beknackt aussehen», sagte Josie. «Zum einen ist der Maßstab ein Riesenproblem und dann noch die Mixed-Media-Elemente.»
    Die Figuren, an die Celia sich erinnerte, hatten einsam mitten in großen leeren Räumen gestanden oder waren in eine Ecke verbannt gewesen. «Sind die aus Wachs?», fragte sie, was ungefähr so wesentlich war, als würde man sich erkundigen, welche Farbe das Hemd eines Menschen hatte, der soeben von einer Brücke gesprungen war.
    «Mehr so eine Art Kunstharz. Ich habe mir die Technik auf dem Umweg über Ron Mueck von Louise Bourgeois abgeguckt. Sagen die beiden dir etwas?»
    «Ich bin mir nicht ganz sicher.» Celia fand sich nur zu den ganz großen Ausstellungen im Art Institute ein. Sie fragte sich, ob sie Josies Werke würde betrachten können, ohne das Gefühl zu haben, in aller Öffentlichkeit ihr Innerstes nach außen gekehrt zu sehen.
    «Also, im Art Institute gibt es mindestens ein Objekt von Bourgeois, und Mueck war vor ein paar Jahren bei einer Gruppenausstellung im MCA vertreten … nicht, dass ich das auf Schritt und Tritt verfolge.» Josie lachte. «Aber wie du siehst, habe ich schon ein Auge auf die Konkurrenz.»
    Schweigen in der Leitung.
    «Geht es in deinen Werken immer um Mädchen?», fragte Celia schließlich.
    «Ja, und das fand ich lange ziemlich blöd», sagte Josie, «aber dann habe ich ein Zitat von Judy Chicago gelesen, dass eine Künstlerin immer auf ihre innere Stimme vertrauen soll. Außerdem hat mich jemand mal als die feministische Mixed-Media-Version von Henry Darger bezeichnet, was mir runtergegangen ist wie Butter, und deswegen mache ich mir darum keine Gedanken mehr.»
    «Und ist das alles aus der Erinnerung entstanden?», bohrte Celia nach. «Weil die drei Stücke, die ich gesehen habe –»
    «Die Feminettes», sagte Josie. «Da habe ich zum ersten Mal etwas ganz Privates in meine Arbeit einfließen lassen. War schon komisch, weil ich es eigentlich hasse, Autobiographisches als Kunst zu verbrämen, aber wenn ein Werk wirklich schwingen soll, muss man innerlich daran beteiligt sein. Der Trick ist, einen guten Mittelweg zu finden. Und als ich dann beschloss, aus dem zu schöpfen, was damals passiert ist –»
    «Es war alles da», sagte Celia. «Wie Djuna und ich uns gestritten haben und wir fünf auf der Ripley Road. Aber was mich echt umgehauen hat, das war das im Wald. Ich weiß nicht, wie … Du hast doch eigentlich mit Becky und Leanne hinten an der Straße gewartet. Ich hab dich im Wald nicht gesehen, aber wenn du tatsächlich mitbekommen hast, was passiert ist –»
    «Äh, Celie?», unterbrach Josie sie. Celia sah, dass die Decke, in die sie bis eben ihre freie Hand gekrallt hatte, fünf fingerspitzengroße Löcher im Gewebe aufwies.
    «Ich möchte mich entschuldigen», sagte Josie. «Ich will mir gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn man aus heiterem Himmel auf so etwas stößt. Als ich damals mit den Figuren angefangen habe, wollte ich mich eigentlich bei dir melden und dich fragen, ob es für dich okay ist, aber dann hab ich’s gelassen, weil …

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