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Böser Engel

Böser Engel

Titel: Böser Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Carter
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bleiben.«
    Ein weiterer Polizist, auf dessen Namensschild Clemments zu lesen war, führte mich aus dem Büro und in eine Zelle. Mit einem einzigen Blick erkannte ich, dass er von der eher frommen Sorte war. Zugegeben, das Holzkreuz, das er sich ans Hemd gesteckt hatte, war dabei ein nicht ganz unwesentlicher Hinweis. Auf dem Weg zur Zelle sagte Officer Clemments etwas höchst Ungewöhnliches und Beunruhigendes zu mir.
    »Ich hoffe, du bist kein dreckiger Jude.«
    »Nein«, erwiderte ich geschockt und war wie vor den Kopf gestoßen. »Meine Familie ist …«
    »Gut«, gab er zurück.
    Ich starrte ihn einen Augenblick lang an, ehe ich begriff.
    »Lassen Sie mich raten«, sagte ich. »Sie mögen keine Juden in Ihrer Gemeinde.«
    »Dreckige, geldgeile Lackaffen«, schimpfte der Officer. »Einer wie der andere.«
    »Ach«, antwortete ich.
    Ein weiterer gefallener Engel, der seinen Hass unter das Volk brachte. Wo hörte das auf?
    Hörte es überhaupt je auf?
     
    Meine Zelle hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Krankenhauszimmer, wenngleich sie nicht ganz so blitzsauber war. Ich hatte ein dunkles, feuchtes und heruntergekommenes Loch erwartet. Jeder, euch eingeschlossen, hätte mit etwas ähnlich Schrecklichem gerechnet.
    Stattdessen waren die Wände weiß gestrichen und der Boden gefegt. Keine Spur von Feuchtigkeit. An den Wänden befanden sich zwei Etagenbetten, von denen zwei Pritschen belegt waren, Chester saß auf einem der oberen Betten und winkte mir zu, als er mich erblickte.
    Der andere Zellenbewohner sah alt aus und roch (selbst von der Tür aus) wie eine Kneipe. Er schlief auf der unteren Liege an der gegenüberliegenden Wand.
    »Mach dir seinetwegen keine Sorgen«, sagte Officer Clemments. »Das ist Hammond. Vollkommen harmlos. Ein Säufer und Loser, aber harmlos. Und kein bisschen jüdisch.«
    »Gut zu wissen«, entgegnete ich und betrat die Zelle. »Hey, Chester.«
    »Die obere Pritsche gehört aber mir«, erwiderte er.
    »Wie du willst«, antwortete ich. Hinter mir fiel die Zellentür mit einem satten Geräusch zu, so als würde sie sich nie wieder öffnen.
    »Ich bin mir sicher, dass eure Eltern bald kommen werden«, sagte Clemments durch das Loch in der Tür. Vermutlich wollte er uns damit ein wenig Mut machen. Woher sollte er wissen, dass wir uns das Gegenteil wünschten? Unsere Eltern würden uns auf direktem Wege zurück zu Mr. Brightly bringen. Und dann würde ich doch noch das kochende Wasser abbekommen und dürfte mich von einigen wichtigen Körperteilen für immer verabschieden.
    Bei der Aufnahme meiner Personalien hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt, eine falsche Telefonnummer anzugeben. Mir war jedoch klargeworden, dass ich mir nicht noch mehr Ärger einhandeln wollte. Da Officer Blooms in meinem Beisein bei mir zu Hause angerufen hatte, hätte er sofort mitbekommen, wenn etwas faul gewesen wäre. Und davon abgesehen, hätte Chester nie und nimmer eine falsche Nummer angegeben.
    Ich legte mich auf die untere Pritsche und versuchte, die jüngsten Ereignisse zu verarbeiten. Immer wieder sah ich vor meinem geistigen Auge, wie die Kugel Fon Pyre traf. Sein schauerlicher Schrei hallte mir noch in den Ohren. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als in Ruhe einen Weg zu finden, um mit dem Tod des Dämons zurechtzukommen; aber wie sollte es anders sein? Es war mir einfach nicht vergönnt.
    »Was machen wir denn jetzt?«, wollte Chester wissen.
    »Wir warten«, erwiderte ich, »bis uns jemand hier rausholt, der uns noch rechtzeitig zum Jugendtreffen bringt.«
    »Damit die Dämonen befreit werden und sich auf uns stürzen?«
    »Wenn es passieren soll, dann passiert es eben«, sagte ich. »Brightly meint zwar, dass es nicht so weit kommt, weil er ja angeblich alles unter Kontrolle hat, aber ich glaube ihm nicht. Die Dämonen stecken noch zwischen den Welten. Aber inmitten von zwei Gruppen, die gelernt haben, wie man mit Leib und Seele hasst, finden sie mit Sicherheit einen Weg in unsere Welt.«
    »Also«, meinte Chester, sprang von der Pritsche und sah mich an. »Was wollen wir dagegen tun?«
    Ich schaute ihn an und legte die Stirn in Falten. »Was faselst du da?«, entgegnete ich. »Wir sitzen in einer Gefängniszelle fest! Und wenn wir sie verlassen, werden wir zu einem Mann gebracht, der die Kontrolle über unseren Verstand übernimmt.«
    »Dann sollten wir schleunigst von hier verschwinden«, sagte Chester.
    »Wie denn?«, fragte ich.
    »Gott wird uns einen Weg zeigen.«
    Ich starrte Chester

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