Böser Mann - Provinzkrimi
als für seinen ungebremsten Redefuss interessiert hatte. Sammy und Mike entlocken dir mehr sprachliche Anteilnahme, als ich es je vermocht habe, Franz. Wirklich erstaunlich, mein Lieber.
So was gibt Frauen zu denken. Dann hatte sie ihn umarmt und auf die Nase geküsst. Wegen Sammy machst du dir viel zu viele Sorgen, hatte sie noch gesagt. Du denkst, er lügt. Wenn nicht, wird sich alles in Luft auflösen. Dann hat er weder was mit dem Fischer-Unfall noch mit dem Strauss-Mord zu tun.
Kurz darauf, auf der Strecke vom S-Bahnhof zu ihrer Wohnung, hatte sie, bei ihm untergehakt, eine Geschichte beigetragen, die er nur schwer glauben konnte. Die fünfzehnjährige Tochter ihrer Freundin Gabi hatte ihrer Mutter von einer Party erzählt, während der drei völlig betrunkene Mädchen alle Jungs in dem Partykeller mit dem Mund befriedigt hatten. Für jeden Abgang hätten die Kerle grölend 20 Euro auf den Tisch geklatscht. Wie bitte, hatte er verständnislos gefragt und sie näher an sich herangezogen. Das ist das Problem, hatte sie nachdenklich geantwortet. Die Mädchen heute benehmen sich rabaukenhaft wie früher nur Jungs. Sie betrinken sich und wollen obszön sein. Obszön ist Abgrenzung, verstehst du. Abgrenzung und Ablenkung und Unsicherheit. Sie wollen und provozieren Kontrollverlust. Warum auch immer, Scham steht ihnen im Weg. Heute geht’s schneller Richtung Schmutz. Schmutz und Geld. Wenn sich Oberstufenschülerinnen von wildfremden Männern für Geld vögeln lassen, obwohl sie alles haben, dann ist Porno wie Wellness. Zeitvertreib, sonst nichts.
Jetzt musste er pinkeln. Die Coronas drückten auf die Blase. Vorsichtig zog er seinen Arm unter ihrem Kopf weg. Dann drehte er sich zur Seite und stand auf.
»Dein Bäuchlein, Franz. Sieht niedlich aus«, hörte er sie sagen.
»Muss aufs Klo«, flüsterte er.
Als er etwas später auf den Balkon kam, saß sie schon mit
Sporthose und dickem Pullover auf ihrem klapprigen Regiestuhl und füllte Wasser in Gläser.
»Schöne Nacht«, sagte er.
»Frisch«, bemerkte sie.
»Wird halt Herbst«, sagte er.
»Fast Vollmond«, ergänzte sie.
Er rauchte, und sie schaute in den Himmel.
»Die Kommissarin, diese Frau Weibel, scheint ja in Ordnung zu sein«, bemerkte sie schließlich.
»Wieso?«, fragte Luginger und schnippte Asche in eine Muschelhälfte.
»Na ja, sie hackt nicht auf der Fischer rum, und mit Sammy könnte sie auch anders umspringen.«
»Die macht einen auf clever, Barbara. Sammy ist längst angezählt. Für Freitagnacht hat er nur mein verlogenes Alibi, das die Weibel nie und nimmer glaubt, und wenn sich herausstellen sollte, dass er am Montagabend nicht für jede Sekunde einen nennen kann, der ihm auf dem Schoß gesessen hat, ist er fällig. Die Fotos auf dem Strauss-Handy und die 4000 Piepen von der Fischer sind ein Hammer.«
»Trotzdem, Franz. Es geht um Respekt. Sammy und seine Geliebte haben sich nicht so verhalten, wie sie sich hätten verhalten sollen. Und sie urteilt nicht vorschnell. Das gefällt mir.«
»Mike fährt jedenfalls wieder ein«, sagte Luginger leise und enttäuscht. »Aus dieser Drogenscheiße kommt er nicht raus. Wenn die Weibel erst mal weiß, dass er bei Strauss Stoff gekauft hat, ist Feierabend.«
Barbara strich mit ihren Fingern über seinen Arm und küsste ihn mit spitzen Lippen sanft auf den Mund. »Stimmt, dein Autoschrauber hat die schlechtesten Karten, vorausgesetzt Sammy
hat mit der Fischer-Strauss-Sache wirklich nichts zu tun. Vielleicht war Mike ja auch gar nicht so zufällig am Tatort. Vielleicht hatte er sich mit Strauss verabredet, weil er was kaufen wollte, um seiner jungen Freundin zu imponieren.«
Luginger atmete tief. Dann schob er den Aschenbecher beiseite, trank einen Schluck Wasser und sagte knapp: »Warten wir ab, wie sich die Dinge entwickeln.«
Mittwoch
A lle hatten Durst. Viel Durst. Moni füllte Gläser ohne Ende. Selbst Joe stand am Tresen und trank ganz gegen seine Gewohnheit Weißbier. Trotz der Champions-League-Eröffnung der Bayern gegen Rom war der Mord an Axel Strauss Thema Nummer eins. Seit durchgesickert war, dass ein Zapfhahn in seinem Hintern gesteckt hatte, glaubte jeder, irgendeine Schmuddelgeschichte erzählen zu müssen. Carsten Fischers Tod spielte plötzlich keine Rolle mehr. Ein überfahrener Lehrer war schließlich nichts gegen einen jungen Möchtegernmafioso aus der eigenen Gemeinde, hingerichtet und mit einem Symbol versehen, das phantasieanregender nicht sein konnte.
Luginger war
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