Böser Mann - Provinzkrimi
der Wimper zu zucken. Und die fehlenden 6000 Euro im Auto von Strauss lassen sich auch damit erklären, dass der kleine Schlaumeier sich bei beiden bedient hat.«
Luginger spürte, wie ihn blanke Wut ergriff. »6000 Euro!«, schrie er. »Schaun Sie mal auf Sammys Konto. Da ist Ebbe, da war schon immer Ebbe, und da wird auf ewig Ebbe sein.«
»Beruhigen Sie sich. Das Geld hätte er sich leihen können. Er hat Freunde. Sammys Alibi für Montagabend ist aber ganz ordentlich. Fürs Erste jedenfalls. Er war von 18.30 bis 21.00 Uhr in einem Münchner Café. Das haben sein Freund, der Wirt und ein Stammgast bestätigt. Nur ausgerechnet die Bedienung kann sich an sein Gesicht nicht erinnern. Bei drei Cola und vier Weißbier, die sie an den Tisch gebracht hat, schon sehr merkwürdig. Für sie sehen alle Afrikaner gleich aus. Und Afrikaner verkehren da regelmäßig. Ebenso weiße Frauen von 40 an aufwärts.«
Es war schon halb zwölf, als Luginger die Tür zum Haus seiner Mutter aufschloss. Da sie vor zwei in der Früh niemals schlafen ging, waren seine späten Besuche keine Seltenheit. Im Flur war es dunkel, nur durch die Glastür zum Wohnzimmer schimmerte Licht. Er ging aufs Gästeklo und machte das Fenster zu, das wahrscheinlich seit Stunden sperrangelweit offen stand. Dann
schlich er in die Küche und prüfe, ob seine Mutter auch alle Geräte ausgeschaltet hatte.
»Der Herd ist aus, Bub«, hörte er ihre Stimme.
»Guten Abend, Mama. Wollt nur noch mal vorbeischaun.«
»Ich wart ja auch schon den ganzen Tag. Heute Mittag hast keine Zeit gehabt? Wolltest nicht was kochen?«
»Nein, Mama, wollt ich nicht. Ich musst einkaufen, und weil mein Auto kaputt ist, war das aufwendiger als sonst.«
Die alte Frau saß in ihrem Sessel und kratzte ihr Handgelenk. Um ihren Hals trug sie einen zerfransten Wollschal, und auf ihren Beinen lag eine dicke Decke.
»Wenn dir kalt ist, kann ich die Heizung anmachen, Mama.«
Mit einer knappen Handbewegung wischte sie seinen Vorschlag beiseite. »Im September heiz ich nicht. Das weißt doch. Erst wenn die Wiesn rum ist, kannst anstellen.«
»Aber wennst doch frierst. Ist auch kühl nachts. Dass es tagsüber noch über 20 Grad hat, heißt ja nicht, dass der Herbst nicht kommt.«
»Ich frier nicht.«
»Hast den Fernseher ja gar nicht an. Geht die Fernbedienung wieder nicht?«
»Doch, ich mag aber nicht. Holst uns ein Bier aus dem Kühlschrank? «
Luginger ging in die Küche und kam mit einer Flasche und zwei Gläsern zurück. Dann machte er das Deckenlicht an, um die matte Stehlampenfunzel neben ihrem Stuhl zu unterstützen.
»Siehst nix, Bub.«
»Sparst Strom, ich weiß schon, Mama. Aber ich mag dich sehen, wenn ich mit dir red.«
Nachdem er die Flasche geöffnet und eingeschenkt hatte,
prostete er seiner Mutter zu. Die alte Frau setzte zum Trinken an, stellte dann aber ihr Glas auf den Beistelltisch zurück. Luginger hörte lautes Stöhnen.
»Geht’s dir nicht gut? Hast was?«
»Die Frau, mit der du vorhin geredt hast, ist die von der Gendarmerie? «
Luginger trank in einem Zug sein Glas leer. Dann zog er einen Stuhl heran und antwortete ruhiger als ruhig: »Bist noch ganz bei Trost? Spionierst mir nach? Kann ich noch nicht mal vor meiner Kneipe reden, mit wem ich will, ohne dass du die Resi oder sonst wen hinschickst?«
»Hat die Frau Sammy mitgenommen?«
»Nein, hat sie nicht, Mama. Der Sammy hat mit dem Tod an dem Fischer nix zu tun. Die Polizei hat ganz andere Sorgen.«
Luginger hörte, wie seine Mutter erleichtert durchatmete.
»Weiß schon«, sagte sie dann. »Am Gerolsee ist der Strauss-Bub ermordet worden. Mit dem Messer. Hat schlimm ausgeschaut. «
»Ja, und deshalb war die Polizei bei mir. Weil der Mike Menzinger die Leiche gefunden hat. Und weil der sein Bier bei uns trinkt und meinen Pick-up reparieren soll. Die Kommissarin wollt nur wissen, ob er als Zeuge vertrauenswürdig ist.«
»Deshalb kommt die abends zu dir?«, fragte seine Mutter.
»Warum denn nicht? Schließlich kenn ich Mike seit Jahren.«
Die alte Frau nickte, und Luginger ahnte, dass sie mit seiner Antwort nicht zufrieden war. Sie griff nach ihrem Glas. Ihre Hand zitterte mehr als sonst.
»Pass mir auf Sammy auf, Bub. Versprich’s mir. Ich möcht nicht erleben, dass er wegmuss.«
»Mama, jetzt mach dir mal nicht zu viele Sorgen. Sammy hat
ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau, deren Mann ums Leben gekommen ist. Mehr ist da nicht.«
Als seine Mutter schwieg, wechselte Luginger das
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