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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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gehorchte ohne nachzudenken. In der nächsten Sekunde donnerte ein Schuss ohrenbetäubend laut. Der Hund, der schon zum Sprung angesetzt hatte, schien in der Luft stehen zu bleiben, sein Körper prallte mit einem dumpfen Geräusch gegen den Kotflügel des roten Minis.
    *
    »Ich habe Hanna gestern Abend bei der After-Show-Party nach der Sendung zuletzt gesehen.« Der Geschäftsführer der Herzmann production GmbH, ein hoch aufgeschossener dünner Mann Ende vierzig mit rasierter Glatze und einem Ziegenbärtchen, für das er eigentlich ein paar Jahre zu alt war, blickte Pia durch die dicken Gläser einer schwarzen Hornbrille aus rotgeränderten Kaninchenaugen an. Kein Zweifel, er hatte eine sehr kurze Nacht hinter sich.
    »Wann war das?«
    »Gegen elf.« Jan Niemöller, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, zuckte die Achseln. »Vielleicht zehn nach. Ich selbst war nicht mehr auf der Party. Ich kann nicht sagen, wie lang sie geblieben ist.«
    »Bis kurz vor Mitternacht«, sagte Irina Zydek, die Assistentin von Hanna Herzmann. »Bevor das Gewitter losging.«
    »Hat sie Ihnen gesagt, ob sie noch irgendwohin wollte?«, fragte Pia.
    »Nein.« Niemöller schüttelte den Kopf. »Das tat sie nie. Sie machte sowieso immer ein Geheimnis um ihr Privatleben.«
    »Du sprichst von ihr, als wäre sie tot«, entrüstete sich Irina Zydek und schnäuzte sich lautstark. »Hanna macht überhaupt kein Geheimnis darum, nur weil sie dir nicht alles auf die Nase bindet.«
    Niemöller schwieg gekränkt. Offenbar herrschte zwischen den beiden keine sonderlich große Sympathie.
    »Frau Herzmann hatte keine Papiere bei sich, kein Handy und auch keine Handtasche, als man sie gefunden hat«, sagte Pia. »Wir sind über das Autokennzeichen auf die Firma gekommen. Wo wohnt sie?«
    »In Langenhain, einem Ortsteil von Hofheim«, erwiderte die Assistentin. »Rotkehlchenweg 14.«
    »Was können Sie uns über ihre private Situation sagen?«
    »Hanna hat sich vor ein paar Monaten … Ich meine, sie und ihr Mann haben sich getrennt«, antwortete Jan Niemöller.
    Pia bemerkte sein kurzes Zögern sofort.
    » Sie hat sich getrennt – oder sie haben sich getrennt?«, hakte sie nach.
    »Hanna hat sich von Vinzenz getrennt«, übernahm Irina bestimmt.
    »Sie sind ziemlich vertraut mit Ihrer Chefin«, stellte Pia fest.
    »Ja, das bin ich. Ich bin seit über fünfzehn Jahren Hannas Assistentin, und Hanna hat nur wenige Geheimnisse vor mir.« Irina Zydek lächelte tapfer, aber ihre Augen glänzten. Sie kämpfte mit den Tränen.
    »Haben Sie eine Adresse und Telefonnummer von Herrn Herzmann?«
    »Kornbichler«, verbesserte Irina. »Vinzenz Kornbichler. Hanna hat seinen Namen bei der Hochzeit nicht angenommen, sondern ihren behalten. Ich habe leider nur eine Handynummer. Warten Sie, ich suche sie raus.«
    Während sie in ihrem Tablet nach der Nummer suchte, ließ Pia ihren Blick durch den großen Konferenzraum schweifen. Hanna Herzmann war omnipräsent. Strahlend schön und selbstbewusst lächelte sie gleich dutzendfach von den schneeweißen Wänden. Was musste es für ein Gefühl sein, das eigene Gesicht permanent vor Augen zu haben? Viele bekannte und erfolgreiche Menschen hatten irgendeine Charakterschwäche. War die von Hanna Herzmann Eitelkeit?
    Pia betrachtete die zahlreichen gerahmten Plakate und Fotos und dachte an das grausam misshandelte Gesicht der Frau, die sie schon so häufig im Fernsehen gesehen hatte. Wer mochte ihr das angetan haben?
    Vor einer halben Stunde war die Information aus dem Krankenhaus gekommen, dass Hanna Herzmann schwerste innere Verletzungen erlitten hatte, die eine sofortige Notoperation erforderlich gemacht hatten. Details sollten später nach einer ausführlichen rechtsmedizinischen Untersuchung folgen.
    Die hemmungslose Brutalität, mit der der Täter vorgegangen war, ließ den Verdacht aufkommen, dass Emotionen im Spiel gewesen sein mussten: Hass, Zorn, Enttäuschung. Und zu solchen Gefühlen war wiederum nur jemand in der Lage, der das Opfer persönlich kannte, vielleicht sogar eine wie auch immer geartete Beziehung zu ihm gehabt haben mochte.
    »Gab es sonst irgendwelche Probleme oder Veränderungen in letzter Zeit? Ärger mit jemandem? Drohungen?«, forschte Bodenstein, der sich bis dahin aus dem Gespräch herausgehalten hatte.
    Die Assistentin und der Geschäftsführer der Firma hatten den ersten heftigen Schock und das Entsetzen über die schlimme Nachricht überwunden und mauerten. Eine Weile war es ganz still in dem

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