Böses Herz: Thriller (German Edition)
erzählt, was er wissen wollte, und danach konnte er einen Schlussstrich in Form eines tiefen Schnittes quer über die Kehle ziehen. Ein einziger Typ hatte bisher durchgehalten, bis beide Ohren und die Nase ab gewesen waren, aber der hatte Eier aus Stahl.
Diego hoffte, dass der Banker nicht so lange brauchen würde. Er war nicht gern in diesem Haus. Plötzlich kam ihm der Gedanke, dass Wallace einen lautlosen Alarm ausgelöst haben könnte, eine Art Panikknopf, mit dem er die Polizei benachrichtigen konnte, falls jemand ins Haus eingedrungen war. Eigentlich glaubte er das nicht, aber er hätte nicht so lange überlebt, wenn er nicht immer alle Möglichkeiten bedacht hätte.
Inzwischen führte er seit fünf Minuten dieses Tänzchen auf und wollte es zum Abschluss bringen, damit er dem Bookkeeper endgültig Adieu sagen konnte. »Ich gebe dir eine letzte Chance. Mehr kriegst du nicht, und auch die kriegst du nur, weil ich ein netter Mensch bin. Wo ist Tori?«
»Ich weiß es nicht, Ehrenwort«, wiederholte Wallace. »Ich habe heute Morgen nur eine SMS bekommen, dass sie kurzfristig die Stadt verlassen musste.«
»Und wohin ist sie gefahren?«
»Das stand nicht darin.«
»Wo ist das Handy?«
»Das liegt noch im Büro.«
»Versuch nicht, mich zu verarschen!« Sein Brüllen hallte von den Marmorwänden des Badezimmers wider. Er säbelte ein Stück von Wallaces anderem Ohr ab.
Wallace holte zischend Luft, aber diesmal schrie er nicht auf. »Ich habe das Handy auf den Stuhl geworfen, als ich pinkeln musste. Sie brauchen nur rüberzugehen. Dann sehen Sie es.«
»Ich sehe nur, dass du mich verarschen willst.«
»Nein, will ich nicht. Ehrenwort.«
»Du willst, dass ich nachschaue, ob dein Handy im Schlafzimmer liegt? Na schön. Nur dumm, dass ich dich davor töten muss, denn bevor ich dich loslasse, hast du mir entweder gesagt, was ich wissen will, oder du bist tot.« Er ließ seine Worte wirken. »Mir ist das egal, aber du könntest es dir ein bisschen erleichtern.«
»Ich werde doch so oder so sterben.«
»Sag mir, wo Tori ist.«
»Ich weiß es nicht.«
»Wo ist sie?«
»Wenn ich es wüsste, wäre ich bei ihr.«
»Wo ist sie?«
»Ich weiß es nicht. Und wenn ich es wüsste, würde ich es nicht sagen.«
»Sag es, oder du bist in fünf Sekunden tot.«
»Ich werde überhaupt nichts sagen. Ich liebe sie.«
Schnell wie eine Schlange schlug Diego zu, aber er schlitzte dem Mann nicht die Kehle auf. Stattdessen knallte er seinen Kopf gegen die Toilette. Der Koloss kippte langsam auf den Marmorboden. Seine Stirn hinterließ ein interessantes Blutmuster auf der weißen Porzellanschüssel.
Diego wischte mit einem bestickten Handtuch sein Rasiermesser sauber, klappte es zu und ging aus dem Bad. Das Handy lag genau dort, wo Wallace gesagt hatte. Von seinem Beobachtungsposten im Schrank aus hatte Diego nicht sehen können, wie er es auf dem Weg zum Klo abgelegt hatte.
Hastig schlich er nach unten, immer fern der Fenster zur Straße. Betreten hatte er das Haus durch die Küche. Dort brannte nur ein kleines Lämpchen über der Kochzeile. Er hielt Wallaces Handy darunter und rief die SMS-Nachrichten auf. Tori. Um acht Uhr siebenundvierzig morgens. In der SMS stand, dass sie kurzfristig wegmüsse, aber nicht wohin. Diego prüfte die Anrufliste. Eine Menge ausgehender Anrufe mit ihrer Nummer. Kein einziger war eingegangen. Der Fettsack hatte die Wahrheit gesagt.
Diego holte sein eigenes Handy heraus und rief an. »Ich habe Tori Shirahs Mobilnummer.«
»Ich wollte aber wissen, wo sie ist.«
Diego wiederholte die Nummer und las die Nachricht vor.
»Schön und gut«, kam die knappe Antwort. »Aber wo ist sie?«
»Das weiß Wallace nicht.«
»Du hast es nicht aus ihm rausbekommen?«
»Er weiß es nicht.«
»Er weiß es nicht? Präsens?«
»Was würde es bringen, ihn zu töten?«
»Was ist los mit dir, Diego? Ein Toter kann dich nicht identifizieren.«
»Das kann Wallace auch nicht. Er hat mich nicht gesehen.«
Nach längerem Schweigen kam die nächste Frage: »Wo bist du jetzt?«
»Immer noch in seinem Haus.«
»Also streng dich an. Er hat Finger, Zehen, einen Penis.«
»Das würde nichts bringen.« Diego traute seinem Instinkt, und so wie er Wallace einschätzte, würde der lieber sterben, als seine kleine Lady zu verraten.
»Er sagt, er weiß nicht, wo sie ist, und ich glaube ihm«, setzte er nach.
»Keine losen Enden, Diego.«
»Ich sage doch, er hat mich nicht gesehen, und ich habe ihm nichts
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