Boeses mit Boesem
zeigten große Fotos ihn Seite an Seite mit Persönlichkeiten der Erweckungsbewegung. Der Einzige, den ich vom Sehen kannte, war F. Lincoln Howe, der Außenminister.
»Stimmt irgendwas nicht?«, fragte Aftergood, der von meinem Ausweis aufblickte.
»Ich hätte mit einem eindrucksvolleren Büro gerechnet, angesichts der Größe des Gebäudes«, sagte ich.
»Ich habe ein anderes Büro für den Empfang von Gästen«, antwortete Aftergood, was mir einen Hinweis darauf gab, wie dieses Gespräch verlaufen würde. »Warum sind Sie hier? Hat das Regionalbüro Sie geschickt? War es das Inspektorat?«
Beide Bezeichnungen hatte ich bisher noch nie gehört. Was für Stellen auch immer das waren, Aftergood hatte Angst vor ihnen, danach zu urteilen, wie sein Körper sich verspannte, als die Worte seinen Mund verließen. Ich hatte geglaubt, jede existierende Organisation der Erweckungsbewegung zu kennen, aber in dem bürokratischen Chaos in Washington entstanden so schnell neue, dass es schwierig war, den Überblick zu behalten. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
Aftergood lehnte sich in seinem Sessel zurück und starrte mich an. »Ich glaube Ihnen nicht.«
»Ich suche nach einem Freund von mir. Man hat mir gesagt, er sei hier Stammgast.«
»Das hier ist keine Kneipe, Mr Strange.«
»Fragen Sie Ihre Kirchenmitglieder, worüber ich mit ihnen geredet habe, hören Sie selbst, was die sagen.«
|119| »Ich werde sie nicht noch mehr belästigen, als Sie es bereits getan haben.«
»Das Inspektorat würde keinen Privatdetektiv schicken«, stocherte ich im Nebel. Das Argument bohrte ein winziges Loch in Aftergoods Panzer des Misstrauens. »Schon gar nicht jemanden wie mich.«
Er wusste, was ich meinte. Ich wurde oft fälschlich für jüdisch gehalten: Die Abstammung meiner Mutter machte mich formal gesehen zu einem Juden. Ich erkannte nichts in meinen Gesichtszügen, was mich als Juden gekennzeichnet hätte, aber die falsche Zuordnung passierte so oft, dass es dort etwas geben musste. Ausnahmsweise sah es einmal so aus, als würde der falsche Eindruck zu meinen Gunsten arbeiten.
»Wen suchen Sie?«, fragte Aftergood.
»Isaac Taylor.«
Ich erwartete nicht gerade Tränen oder ein Schuldeingeständnis, aber das Fehlen jeder Emotion überraschte mich. Aftergood sah mich weiter an und zuckte mit keiner Wimper. Nach allem, was ich Isaacs Tagebuch entnommen hatte, verehrte Isaac diesen Kerl; Aftergood dagegen konnte sich nicht zu der geringsten Reaktion aufraffen.
»Woher soll ich wissen, dass Sie ein Freund von Isaac Taylor sind?« Aftergood sah meinen Ausweis noch einen Moment lang an, ohne dass sich seine Stimmung besserte, bevor er ihn mir zurückreichte. »Sie könnten so ein Typ sein, der nur hinter einer Belohnung her ist.«
»Es gibt keine Belohnung«, sagte ich. »Ich suche nach Isaac, weil ich mit ihm in Teheran gedient habe.«
»Sie sind ein Veteran?«
»Zweiundachtzigste Luftlandedivision«, sagte ich. »Wenn Sie mir nicht glauben, bitten Sie Ihre Sekretärin, das nachzuprüfen.«
Er griff nicht zum Hörer, um meine Geschichte zu überprüfen |120| oder mich hinauswerfen zu lassen. »Ich glaube gerne das Beste von den Menschen, Mr Strange«, sagte er, »und so nehme ich an, dass Sie die Wahrheit sagen.« Aftergood schaute an mir vorbei aus dem Fenster und ging die Daten in seinem Kopf durch. »Ich habe Isaac seit sechs Wochen nicht mehr in der Kirche gesehen.«
»Sie haben eine große Kirche«, sagte ich. »Wäre es denkbar, dass Ihnen seine Anwesenheit entgangen ist?«
»Es ist eine große Kirche«, sagte Aftergood, »aber ich kenne den Namen jedes einzelnen Gemeindemitglieds, das über meine Schwelle kommt. Ich mische mich gerne nach der Messe unter meine Gemeinde, rede mit den Leuten und schaue, was sie brauchen. Ich freue mich darauf. Ich wäre jetzt da unten, wenn Sie nicht hier wären. Außerdem, wenn ich ihn nicht bemerkt hätte, hätte einer der Ordner ihn gesehen, und in der ganzen Kirche sind Kameras angebracht.« Er warf einen Blick auf den Computer, der rechts von ihm auf dem Schreibtisch stand. »Er ist nicht aufgetaucht.«
»Isaac ist ein frommer Mann«, sagte ich. »Ist Ihnen das nicht sonderbar vorgekommen?«
»Sicherlich war es sonderbar. Es ist mir selbst aufgefallen, deshalb bin ich mit den Einzelheiten so vertraut. Wir tun unser Bestes, um sicherzustellen, dass die Leute, die hierherkommen, auf dem rechten Weg bleiben, und dazu gehört auch, dass sie regelmäßig zur Kirche gehen.
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