Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
parkte auf den Steinplatten vor der Garage. Gregor blieb im Wagen, als ich ausstieg, zur Tür hastete und den Klingelknopf drückte.
Der Pastor öffnete die Tür. Sein mächtiger Körper füllte fast den Rahmen aus. Er hielt mir seine Hand entgegen, und ich erkannte in seinem groben Gesicht die Freude über meinen Besuch.
»Willkommen, Herr Beruto, haben Sie die Hefte gelesen?«, fragte er zur Begrüßung, und ich bemerkte, dass er seine Neugierde auf mein Urteil kaum unterdrücken konnte.
Ich nickte und zeigte auf meinen Wagen. »Ich bin nicht allein gekommen«, sagte ich. »Mein Freund, Rechtsanwalt Groeneling, begleitet mich und möchte mit Ihnen reden.«
Van Aaken fuhr mit seiner großen Hand durch sein angegrautes Kraushaar. »So?«, fragte er überrascht. Er blickte mich an, dann sagte er: »Gut, Herr Beruto, bitten Sie ihn herein. Er ist mir ein willkommener Gast.«
Ich winkte Gregor zu. Er stieg aus und schützte die Hefte vor dem Regen.
Van Aaken begrüßte Gregor freundlich. Sie waren fast gleich groß. Ich kam mir zwischen ihnen klein vor. Der Pastor führte uns in das Wohnzimmer. Wir ließen uns in die Sessel nieder. Van Aaken hielt ein Schnapsglas in der Hand.
»Wetter und Schicksal sprechen für einen Stärkungsschluck. Wie sehen Sie das, meine Herren?«
Gregor nickte. »Ich könnte einen Lütten vertragen«, sagte er und legte die Hefte auf den Tisch.
»Einen kann ich mir wohl auch erlauben«, sagte ich und spielte auf meine Eigenschaft als Fahrer an.
Der Pastor goss die Gläser randvoll.
Gregor wartete nicht lange auf einleitende Förmlichkeiten. Schmus war ihm zuwider. Er trank den eiskalten Schnaps, und wir folgten seinem Beispiel ohne das übliche Prost.
»Herr Pastor, mein Freund machte mich ohne Ihr Wissen zum Mitleser Ihrer Aufzeichnungen. Ich hoffe, dass Sie Herrn Beruto deshalb nicht böse sind. Wenn Sie mein juristisches Urteil interessiert, dann sage ich Ihnen hier ohne Schminke, dass die Hefte eine Menge Sprengstoff beinhalten. Da Sie sich als Verfasser sehr mutig weit vorwagen, gehört meines Erachtens, falls Sie ernsthaft Ihren Zweifeln weiter nachgehen wollen, ein Jurist dazu. Das ist der Grund meiner Anwesenheit in Ihrem Hause.«
Ich bewunderte Gregor, wie er den Zusammenhang gefunden hatte und ohne aufdringlich zu wirken dem Pastor Handlungsspielraum einräumte. Ich vernahm den erleichterten Seufzer des Pastors.
»Sie teilen also mein Misstrauen?«, fragte er.
Gregor nickte.
Van Aaken wandte sich an mich. »Herr Beruto, der Tod Ihres Schülers hinterließ doch bei Ihnen ähnliche Zweifel?«
Ich nickte. »In Ihren Aufzeichnungen fand ich nur Bestätigungen und Parallelen, Herr van Aaken«, antwortete ich.
»So ist das«, sagte er und fuhr fort: »Da ich als der hiesige Pfarrer, der vom Vertrauen der Kirchenmitglieder lebt, mein tiefes Misstrauen nicht öffentlich von der Kanzel bekunden kann, suchte ich nach einem Gleichgesinnten, der mir in Ihrer Person, Herr Oberstudienrat, zufällig begegnete. Es freut mich aber umso mehr, dass Sie, Herr Groeneling, als Jurist meine Sorgen aufgegriffen haben.«
Gregor ließ sich vom Pfarrer noch einen Schnaps einschenken. Er trank ihn und sagte: »Ich bin ein alter Mann. Aber da sehe ich eine Aufgabe vor mir, die mich reizt. Herr van Aaken, wir wollen nicht zögern, die Staatsanwaltschaft auf diese seltsame Selbstmordserie aufmerksam zu machen. Da Sie als Gottesmann der Gemeinde das nicht in die Wege leiten können, autorisieren Sie bitte mich damit und überlassen Sie die Hefte mir, die ich als Aufzeichnungen irgendeines anonymen Bürgers von Upplewarf kennzeichnen werde.«
Van Aaken sah mich verzeihend an. Er hielt die Flasche hoch, und Gregor genehmigte sich noch einen kühlen Schnaps. Ich lehnte ab, da ich fahren musste.
Als wir den Pastor verließen, hatten wir ein Konzept. Gregor hatte sich vorgenommen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, und van Aaken und ich blieben im Hintergrund, denn – das muss ich hier hervorheben – wir hegten einen Verdacht und vermuteten einen Zusammenhang, waren aber ohne schlüssige Beweise.
Ich fuhr Gregor nach Hause und dachte an Elke, die sicherlich auf meinen Besuch gewartet hatte und jetzt nicht wusste, dass Ennos Selbstmord neue Kreise zog.
6
Unzufrieden verließ ich die Schule. Der Unterricht war mir mühsam und schwer erschienen. Vielleicht waren die Ereignisse am Vortage mit Schuld daran, dass es mir an der notwendigen Konzentration gefehlt hatte und mir ungewohnte Fehler
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