Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
selbst dumm vor, als sie sagte: »Du warst beim Staatsanwalt! Vorher war Gregor bei ihm!«
Ich lachte. Ihre Argumente und ihre Sorgen entsprachen ihren strapazierten Nerven. Ich strich ihr über das Haar. »Wir brauchen dringend diese Ferien«, sagte ich und küsste sie.
Die Fahrzeuge setzten sich in Bewegung. Im Schritttempo näherten wir uns dem offenen Bug, um den die hochgefahrene Klappe wie eine Schirmmütze lag. Einige LKWs genossen die Vorfahrt, dann folgten die sperrigen Campingwagen und Autos mit Wohnwagen. Der Ladeoffizier dirigierte uns auf den breiten Vorplatz. Zollbeamte lugten in unsere Pässe und winkten uns freie Fahrt zu.
Eine breite Asphaltpiste führte auf die Ausfahrtstraße durch die belebte Innenstadt. Straßenbahnen, dreispuriger Autoverkehr, ständig den Verkehrsfluss unterbrechende Ampeln und versteckt stehende Verkehrsschilder forderten von uns höchste Konzentration. Ich atmete auf und wischte mir den Schweiß ab, als ich den Golf auf die breite Autobahn lenkte, die in das Landesinnere führte.
Nach dreißig Kilometern verengte sich die Autobahn. Gut ausgebaut verlief sie zweispurig als Europastraße Nummer 4 weiter. Die Uhr zeigte uns an, dass es bereits halb zehn war, obwohl die Sonne noch hoch stand und nur wenig von ihrer Wärme verloren hatte. Seitlich lagen dichte Wälder, und nur ab und zu sahen wir die kleinen Dörfer mit ihren typischen roten, gelben und blauen Farbanstrichen.
Die Fahrt wurde nie eintönig, denn die Straße zog sich wie ein schwarzes Band durch die Mittelgebirgslandschaft. Elke konnte sich nicht sattsehen an den vielen romantischen Abwechslungen. Klare Seen wechselten mit weißstämmigen Birkenwäldern, über denen das Licht zu leuchten schien. Holzkirchen tauchten auf, die von grünen Hügeln über dunkle Tannenwälder blickten. Und immer wieder durchbrachen Seen mit schilfgrünen Rändern die Landschaft. Im Frieden des Abends zogen Fischerboote, die winzig wirkten und hinter den Buchten verschwanden oder auftauchten.
»Mäntsälä«, las Elke, als wir das blaue Schild vor der Abzweigung passierten. »Nach Lahti. E75«, fuhr sie fort.
Ich nickte. »Sollen wir in Lahti nach einem Hotel Ausschau halten«, fragte ich, »oder in Heinola oder gar erst in Mikkeli?«
Elke schaute auf die Uhr. »Ich meine schon, sonst wird es zu spät«, antwortete sie.
Ich hatte den Eindruck, dass die Sonne nicht nur ihrem Lauf um etliche Striche gefolgt war, sondern dabei auch noch an Höhe gewann. Sie blendete uns und erschwerte das Fahren.
Lahti tauchte auf mit Vorstadtkasernen. Breite Zu- und Umgehungsstraßen zogen sich um typische Großstadtsiedlungen. Die von mir so oft angeprangerte Amerikanisierung hatte auch gute Seiten. Ich las auf blauem Schild »City« und mir war bewusst, dass der Hinweis »Innenstadt« in finnischer Sprache unlesbar gewesen wäre.
Ich bog vom Ring in die breite Straße ein, die im leichten Winkel anstieg, und Elke zeigte begeistert auf die Skisprungschanze, die oberhalb der Holzhäuser in einer gewaltigen S-Form auslief.
Schaufenster und flackernde Lichtreklame deuteten an, dass wir uns bereits in der City von Lahti befanden. Elke hielt Ausschau nach einem Hotel, während ich mich von Taxis und Stadtbussen stark bedrängt fühlte.
»Dort, ein Hotel«, sagte sie und zeigte auf ein hohes Eckgebäude, in dessen Schaufenstern Damenkleider ausgestellt waren.
Ich blinkte mich durch den Verkehr auf die andere Seite und fand vor dem Kiosk einen Parkplatz.
Der Hoteldiener kassierte die Übernachtungsgebühr inklusive Frühstück und reichte uns den Schlüssel. Müde wies er auf den Fahrstuhl. Ich trug das Nachtgepäck und stellte keine Fragen. Das Zimmer zeigte keinen Hauch von Luxus. Es wirkte eher wie eine dürftige Studentenbude.
Elke riss die Vorhänge auf, und die noch voll scheinende Sonne traf zu unserer Freude die gesamte Fensterfront.
»Dusche und WC!«, hob Elke positiv hervor, und ich sagte: »Und Mitternachtssonne.«
»Ich dusche!«, sagte Elke entschlossen und durchwühlte das Gepäck.
»Und ich hole uns ein Bier«, sagte ich.
Der müde Hoteldiener wies wieder auf den Aufzug. Ich musste die 7 drücken. Ich fuhr hoch. In der Nähe einer geöffneten Tür war ein Tresen aufgebaut. Er lag seitlich, und ich blickte in einen nicht voll besetzten Tanzraum, in dem nur mattes Licht von Deckenstrahlern fiel. Aus dem Raum klang der Lärm, der immer dann entstand, wenn die Musik pausierte.
Ich kaufte einige Flaschen Bier, setzte sie auf das
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