Boeses Spiel in Oxford
sich ein paar Mal ziemlich merkwürdig verhalten«, fuhr Kate fort. Sie fand es unnötig, die Perücke zu erwähnen. »Er scheint der Überzeugung zu sein, dass jemand hinter ihm her ist. Nehmen Sie zum Beispiel diese CD.« Sie zog den kleinen, gepolsterten Umschlag aus der Tasche ihres Kleides. Joiner schien jeder ihrer Bewegungen aufmerksam zu folgen. »Sie ist seinen eigenen Angaben zufolge doch nichts weiter als das Ergebnis akademischer Forschung.«
»Möglicherweise die Frucht einer langwierigen, mehrjährigen Arbeit«, erklärte Joiner feierlich.
»Aber er hat sich benommen, als enthielte sie mindestens ein Staatsgeheimnis.«
»Davon gibt es heutzutage nicht mehr allzu viele«, kicherte Alec Malden.
»Und als ob der gesamte KGB – oder wie solche Organisationen heute heißen – hinter ihm her wäre.«
»Ich bin der Meinung, wir sollten Kate einweihen«, sagte Joiner.
»Im Ernst?«, fragte Malden sichtlich verblüfft.
»Ja. Es ist nur fair ihr gegenüber. Der arme Jeremy«, fuhr Joiner fort, ohne weiter auf Malden zu achten. »Wahrscheinlich hat er noch immer an seiner Scheidung zu knabbern. Wissen Sie, er hat es sehr schwergenommen, als Janice ihn verließ«, vertraute er Kate an.
»Aber was hat das mit dieser CD zu tun?«
»Ich will damit nur ausdrücken, dass Sie eine gute Beobachterin sind: In den vergangenen Monaten hat er sich tatsächlich ein wenig merkwürdig verhalten. Ob er sich allerdings nur überarbeitet hat oder ob wirklich eine Krankheit dahintersteckt, weiß ich nicht. Ist sein Vater nicht in irgendeiner Anstalt, Alec? Tut mir leid, dass er Sie in seine Angelegenheiten verwickelt hat, aber ich glaube, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Das Schlimmste dürfte vorüber sein. Versuchen Sie einfach, ihn freundlich zu behandeln.«
»Wahrscheinlich hoffen Sie, dass Sie ihn niemals wiedersehen müssen«, mischte sich nun Malden ein. »Ich nehme an, Sie haben genug von seinen Launen, nicht wahr?«
»Nun ja, es kann schon ein bisschen nerven«, gab Kate zu. »Vor allem, wenn sich vor der eigenen Haustür eine echte Tragödie abspielt.«
»Am besten, Sie gehen heim und kümmern sich nicht mehr um die Angelegenheit«, sagte Joiner. »Sie haben Ihr Teil zum Gelingen beigetragen – Sie haben uns den Datenträger gebracht – und können alles Weitere uns überlassen. Wir hier im Bartlemas kümmern uns schon um unsere Leute.«
»Möchten Sie noch einen Sherry?«, fragte Malden eifrig.
» Nein! Danke.«
»Na? Was ist jetzt mit der CD?«, drängte Joiner.
Kate hatte den Umschlag noch immer in der Hand.
»Jeremy hat mich gebeten, ihn nur Alec Malden und niemandem sonst zu geben«, entschuldigte sich Kate.
»Hier bin ich«, sagte Malden und trat näher. »Aber auch in dieser Hinsicht brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ob Harry oder ich, das spielt keine Rolle. Der eine ist so gut wie der andere, nicht wahr, Harry?«
»Aber sicher, Alec.«
Und so legte Kate das kleine Päckchen, um das Jeremy ein solches Theater gemacht hatte, in die Hände von Alec Malden, während Harry ihnen beiden jovial zulächelte.
»Wollen Sie den Inhalt nicht erst einmal überprüfen?«, fragte sie unwillkürlich, als Malden den Umschlag zu seinem Schreibtisch brachte, ihn in die Schublade legte und sorgfältig abschloss.
»Jetzt nicht. Ich sehe ihn mir später an, wenn ich mehr Zeit habe«, entgegnete Malden.
»Wir sind ganz sicher, dass es genau das ist, was Sie gesagt haben«, fügte Joiner hinzu.
»Jetzt möchten wir Sie auch wirklich nicht länger aufhalten«, sagte Malden.
»Es war ausgesprochen nett, mit Ihnen zu plaudern«, ergänzte Joiner. »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.«
Kate war aufgestanden und wandte sich zur Tür.
»Wollen Sie unseren Gast nicht bis zur Pforte begleiten, Alec?«
»Vielen Dank, aber ich finde schon allein zurück.« Die Überschwänglichkeit der beiden Herren erschien ihr jetzt doch übertrieben, vor allem nach dem eher kühlen Empfang.
Als Kate den Fuß der Treppe erreichte, glaubte sie, die beiden Stimmen wieder zu hören. Sie klangen, als würden sich die Männer triumphierend zuprosten. Nie würde sie die Akademiker verstehen! So viel Aufhebens um einen langweiligen Text über Ökonomie!
Als sie schließlich wieder im Sonnenschein der High Street stand, belohnte sie sich für die prompte Erledigung ihrer Aufgabe damit, dass sie sich eine ausnehmend hübsche, dunkelgrüne Seidenbluse leistete, ehe sie in die Agatha Street zurückkehrte.
Sie ging nicht
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