Boeses Spiel in Oxford
grinste. »Sehen Sie, Alec? Da möchte jemand mit Ihnen allein sein.« Er lachte, und sein Gesicht wurde noch röter.
»Das ist schon in Ordnung«, meinte Kate ein wenig hölzern, obwohl sie sich wirklich wünschte, er würde gehen. Doch immerhin war es Joiners College, auch wenn sie sich hier in Alec Maldens Büro aufhielten.
»Dann setzen wir uns doch erst einmal, und Sie erklären uns, wer Sie sind und wer Sie geschickt hat«, schlug Joiner vor, ohne große Umstände zu machen.
Sie ließen sich auf Maldens bequemen Sesseln nieder. Nur Kate kauerte auf der Kante, als hätte sie das Bedürfnis, jederzeit fliehen zu können.
»Wie ist es – sollen wir Alec dazu bringen, diese Flasche trockenen Sherry zu öffnen und uns ein Glas anzubieten? Oder ist es dazu noch zu früh?«
»Ich denke schon. Ich muss nämlich heute noch arbeiten«, entgegnete Kate steif.
»Eine durchaus verständliche Haltung«, lobte Joiner. »Alec, daran sehen Sie, dass die junge Dame nicht am Bartlemas arbeitet.« Und hastig, als wäre ihm eben erst der Gedanke gekommen, hakte er nach: »Sie arbeiten doch nicht für uns, oder?«
Kate weidete sich ein paar Sekunden an seinem Zweifel, ehe sie ihn erlöste. »Aber nein!«
»Also wer hat Sie geschickt, und was haben Sie mir mitgebracht?«, drängte Alec Malden.
»Ich komme von Jeremy Wells – Sie kennen ihn doch, nicht wahr? –, und ich soll hier lediglich einen Datenträger abgeben.«
Einen Moment lang hatte Kate den Eindruck, als hätte sie ihre beiden Zuhörer völlig verblüfft. Doch dann entspannte sich Harry Joiner. »Sprechen Sie etwa von unserem Lektor Jeremy Wells?«
Kate sah keinen Grund zu einer Lüge. »Ja, natürlich.«
»Eine CD sagen Sie?«, fragte Alec Malden. »Wissen Sie, was darauf ist?«
»Jeremy hat mir erklärt, es ginge um ein Buch, an dem er gerade schreibt«, sagte Kate und hoffte, dass sie Jeremys Vertrauen nicht missbrauchte. Seit sie in diesem eleganten Zimmer in einem respektablen Oxforder College saß, kam ihr seine Geheimniskrämerei ohnehin ein wenig lächerlich vor.
»Ich bin der Ansicht, Sie sollten jetzt doch Ihren Sherry kredenzen, Alec«, sagte Harry Joiner. »Schenken Sie uns allen ein Glas ein.«
Kate überlegte kurz, ob sie ihn um einen Whisky bitten dürfte – falls er überhaupt einen hätte –, besann sich aber eines Besseren. Zwar hatte sich die Atmosphäre inzwischen deutlich entspannt, aber so weit dann vielleicht doch noch nicht.
Während Alec Malden mit Flasche und Gläsern hantierte, lehnte sich Harry Joiner jovial zu Kate hinüber. »Und? Wie geht es unserem Jeremy? Dieser Doppelmord hat ihm sicher ganz schön zu schaffen gemacht, nicht wahr? Ist es nicht ganz in seiner Nähe passiert?«
»Nur zwei Türen weiter. Die Sache hat uns alle ziemlich mitgenommen«, erwiderte Kate kurz angebunden. Sie hatte keine Lust, mit Joiner über den Fall zu sprechen.
»Aber sonst ist er so wie immer?«
»Ich weiß nicht, wie er sich normalerweise verhält«, sagte Kate, die sich noch sehr deutlich an eine gewisse kastanienbraune Perücke erinnerte. »Wir haben uns erst vor zwei Tagen kennen gelernt.« Sie hielt es für nicht der Rede wert zu erwähnen, dass es bei den Fosters gewesen war.
»Dann finde ich es aber ganz besonders nett von Ihnen, dass Sie diesen Auftrag für ihn übernommen haben«, sagte Joiner. »Nach einer so kurzen Zeit!«
»Er hat mich geradezu gedrängt. Ehrlich gesagt war es mir so gut wie unmöglich, mich davor zu drücken, ohne dass ich sehr unhöflich erschienen wäre.« Sie warf einen Blick in Joiners freundliches Gesicht und beschloss, einen Versuch zu wagen. Alec Malden machte sich hinter Joiners Sessel zu schaffen und schien das Gespräch nicht unterbrechen zu wollen. »Ehrlich gesagt bereitet Jeremy mir Sorgen.«
»Warum das denn?«
»Nun, es ist tatsächlich so, dass ich ihn erst sehr kurz kenne und nicht weiß, wie er sich normalerweise verhält«, begann sie vorsichtig. »Wenn in der unmittelbaren Nachbarschaft ein Mord geschieht, kann man sicher schon einmal ein wenig merkwürdig reagieren. Aber …«
»Ja?«
»Könnten Sie sich vorstellen, dass er vielleicht unter Paranoia leidet? Oder unter Wahnvorstellungen und Halluzinationen?«, spulte sie hastig hinunter.
Alec Malden trat zu ihnen und reichte jedem ein kleines Glas mit einer strohfarbenen Flüssigkeit. (Du liebe Zeit! Das war tatsächlich trockener Sherry. Kate bemühte sich redlich, nicht das Gesicht zu verziehen.)
»In den letzten Tagen hat er
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