Boeses Spiel in Oxford
und wo?«, erkundigte sich Malden.
»Keine Sorge, er wird Sie finden. Sie müssen lediglich sicherstellen, dass Sie von jetzt an und bis Sie zu Bett gehen unser Eigentum bei sich haben. Und machen Sie Ihren üblichen Abendspaziergang nach Port Meadow.«
Er brach die Verbindung ab und lächelte den Hörer an. Es hatte keiner schwierigen Detektivarbeit bedurft, um Maldens tägliche Routine herauszufinden. Der Mann war ein Gewohnheitstier.
Fabian läutete seinem Butler.
»Jetzt hätte ich gern meinen Brandy.«
14
Kate hielt sich gerade lange genug in ihrem eigenen Haus auf, um die hochhackigen Schuhe schnell gegen ein Paar bequemere zu tauschen, dann schnappte sie sich Jeremys Schlüssel und hastete nach nebenan. Sie sauste die Treppe ins Büro hinauf. Gott sei Dank! Der Ausdruck lag noch unberührt im Drucker.
Sie fuhr den Computer herunter, schaltete den Drucker aus und zog alle Stecker aus den Steckdosen. Gerade wollte sie mit dem Ausdruck in der Hand das Haus verlassen, als das Telefon klingelte.
Kate erschrak. Das Geräusch kam so völlig unerwartet, dass sie sekundenlang nur den Apparat anstarrte, ohne etwas zu unternehmen. Sei nicht albern , Kate! Das ist bestimmt keine Stimme aus dem Jenseits . Sie nahm den Hörer ab.
»Hallo?«
»Hallo Mrs Wells?« Die Stimme war weiblich und schien einer Sekretärin oder Angestellten zu gehören.
»Ich bin nicht …«
Die Stimme redete sanft weiter, ohne sich für Kates Identität oder ihre verwandtschaftliche Beziehung zu Jeremy zu interessieren. »Hier ist das Krankenhaus von Dayton. Wir haben hier noch einige persönliche Gegenstände von Mr Jeremy Wells und wüssten gern, ob Sie es einrichten könnten, die Sachen abzuholen.«
»Aber selbstverständlich«, antwortete Kate kurz entschlossen.
»Es wäre uns sehr recht, wenn Sie noch heute vorbeikämen. Die Sachen liegen nämlich schon seit über einer Woche hier zur Abholung bereit.«
»Wo finde ich Sie?«
»In Dayton.«
»Natürlich. Wie dumm von mir.«
»Von der A435 aus ist das Krankenhaus ausgeschildert«, erklärte die tüchtige Stimme. »Wir sind ganz leicht zu finden. Fragen Sie am Empfang bitte nach mir.«
»Wann machen Sie Feierabend?«, fragte Kate und sah auf die Uhr.
»Um fünf.«
»Und wie ist bitte Ihr Name?«
»Mrs Chess.«
»Ich werde sicher etwa zwei Stunden bis Dayton brauchen«, sagte Kate und blätterte flüchtig durch die Datei mit dem Namen Jester.
»Wichtig ist nur, dass Sie bis Viertel vor fünf hier sind. Wenn persönliche Habe nicht innerhalb einer bestimmten Zeit abgeholt wird, behalten wir uns vor, nach eigenem Gutdünken damit zu verfahren.« Die Frau hatte eine Stimme, die immer die am wenigsten geeigneten Worte betonte.
»Ich werde mein Bestes tun, Ihnen keine Unannehmlichkeiten zu bereiten«, sagte Kate. Sie legte auf, nahm den Ausdruck und ging hinüber nach Nummer 10. Die Kopie des Ausdrucks legte sie in die unterste Schublade, in der sie auch die Kopien der CD-ROMs mit ihren abgespeicherten Romanen aufbewahrte. Sie fühlte sich hin und her gerissen, ob sie zunächst den Ausdruck lesen oder doch lieber Jeremys Sachen holen sollte. Beides konnte durchaus Antworten auf ihre Fragen bieten.
Ein Blick in den Straßenatlas sagte ihr, dass sie noch Zeit für einen schnellen Kaffee hatte, ehe sie nach Dayton aufbrechen musste. Hoffentlich war nicht zu viel Verkehr.
Sie setzte sich auf ihr rosa Sofa. Der Kaffee stand zum Abkühlen auf dem Tisch, auf ihren Knien balancierte sie das Manuskript. Zehn Minuten konnte sie sich gerade noch gestatten. Sie wollte doch wenigstens wissen, ob der Ausdruck überhaupt etwas von Interesse enthielt. Jester , dachte sie. Worauf mochte sich die Bezeichnung beziehen? Notizen über meine Beziehung zu Jester und anderen , las sie ganz oben auf der ersten Seite. Also war Jester ein Mann. Oder eine Frau.
Zum ersten Mal begegnete ich Jester im Hotel Médon in Brüssel Anfang Februar 2000 . Red Pale , ein Mann , den ich im Flugzeug kennen gelernt hatte , stellte uns einander vor .
Das sind doch Pseudonyme, dachte Kate. Aber warum? Schriftsteller waren sie doch sicher nicht. Es gab nur eine einzige Antwort, die ihr einfiel – es musste sich um Kriminelle handeln, was auch Jeremys Perücke erklären würde. Aber ihr war auch bewusst, dass der gute Jeremy sich als Krimineller ziemlich unqualifiziert verhalten hatte – er selbst hätte sich vermutlich als zweitklassig bezeichnet.
Kate überflog die erste Seite und stellte fest, dass Jeremys Stil
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