Boeses Spiel in Oxford
eine Situation, wo auch er einmal Angst gehabt hatte. »Und? Ist das alles?«, fragte er ungeduldig.
»Nein. Ich weiß, dass er jemanden getroffen hat – den Namen hat er nicht mitgeteilt, dazu war er zu diskret –, und zwar in einem Café in Bordeaux. Der Mann war aus Chamalières gekommen und hat die CD mitgebracht.«
Joiners Blick wurde wachsam. Kate machte eine Pause. Brachte man auf diese Weise nicht Leute zum Reden?
»Aber mehr wissen Sie nicht?«, fragte Joiner sanft.
»Ich weiß, dass Jeremy aus dem Geschäft aussteigen wollte. Er war auf dem Weg nach Worcestershire, um diesen Jester zu besuchen und mit ihm darüber zu reden.« Zwar übertrieb Kate an dieser Stelle mit ihrem Wissen, doch sie war der Meinung, dass Joiner wahrscheinlich auch nichts Genaueres über Jeremys Pläne wusste als sie selbst.
»Und was ist mit Sooz Hailey?«, fuhr sie fort. »Ich habe sie in Griggs Druckerei und auf der Trauerfeier für Jeremy gesehen. Was hat sie damit zu tun?«
»Aber ohne Sooz wäre das ganze Geschäft unmöglich gewesen«, sagte Joiner. »Wussten Sie das nicht?«
»Ich weiß, dass sie das Papier geliefert hat.«
Papier. Jeder konnte schließlich Papier kaufen, wenn er welches brauchte. Ein Besuch im Schreibwarengeschäft, und man fand, was man wollte.
Joiner lachte schon wieder.
»Aber warum war sie so böse?«, fuhr Kate fort.
»Vielleicht hat Alec zu hoch gepokert«, antwortete Joiner. »Ich habe ihm geraten zehntausend zu verlangen, die wir ehrlich teilen wollten. Ich war noch nie habgierig, ganz im Gegensatz zu Alec. Er hat wahrscheinlich mehr verlangt.«
»Vielleicht wollte die Gang ihm eine Lektion erteilen. Man war der Meinung, dass einem der Datenträger ohnehin gehörte; warum also sollte man dafür bezahlen?« Laut Camilla konnte man mit zehntausend mindestens einen, wenn nicht gar zwei Morde in Auftrag geben.
»Sind Sie sich schon über die Bedeutung von Chamalières klar geworden?«, erkundigte sich Joiner, der jetzt mehr und mehr die Initiative übernahm.
»Eine kleine Stadt in der Auvergne«, sagte Kate, die sich daran erinnerte, was Camilla ihr vorgelesen hatte. »Kleiner Park, großes Wassersportzentrum …«
»Und eine Druckerei«, vervollständigte Joiner, ohne den Blick von ihr zu wenden.
»Wie die von Owen Grigg.« Wozu brauchten diese Leute gleich zwei Druckereien?
»Vielleicht ganz ähnlich. Aber dahinter steckt mehr.«
In diesem Augenblick klingelte das Telefon, und Harry Joiner nahm ab. Er sprach nur kurz und legte sofort wieder auf.
»Ich muss weg, genau wie Sie jetzt.«
»War das der Anführer Ihrer Verbrecherbande?«, fragte Kate.
»Seien Sie doch nicht so melodramatisch! Es war die Tutorin der weiblichen Studentenschaft. Ich treffe mich in fünf Minuten mit ihr, und unser Gespräch wird sicher nichts mit Chamalières zu tun haben.«
Er hielt Kate die Tür auf. »Sie werden noch ein wenig forschen müssen, ehe Sie verstehen, was da vor Ihren Augen passiert. Aber ehe Sie das tun, denken Sie lieber noch einmal darüber nach, was mit einer anderen neugierigen Frau geschehen ist. Ich meine Laura Foster.«
»Waren Sie es, der bei den Fosters angerufen und einen Bekannten imitiert hat? Ich weiß nicht, wen. Jeremy vielleicht? Jedenfalls kamen die beiden genau zu dem Zeitpunkt aus dem Haus, als der Killer vor dem Tor auftauchte.«
»Ich bin kein Mitglied Ihrer so genannten Bande, Kate. Ich habe nie für sie gearbeitet und habe auch nie Geld bekommen.« Es klang, als machte er eine Aussage bei der Polizei; trotzdem neigte Kate dazu, ihm zumindest in dieser Hinsicht zu glauben.
Sie verließen das Haus gemeinsam und passierten das Tor zum Pesant Quad . »Der Ausgang befindet sich in dieser Richtung«, sagte Joiner und zeigte nach links. Er selbst ging auf ein rechts liegendes Gebäude zu.
»Leben Sie wohl«, verabschiedete er sich. »Ich glaube kaum, dass wir uns wiedersehen.«
Kate sah ihm nach, bis er im Haus verschwunden war, dann wandte sie sich zum Ausgang. Sehr nachdenklich kehrte sie in Camillas Haus zurück. Was hatte sie von Joiner erfahren? Nicht sehr viel. Die Fosters hatten sterben müssen, weil sie neugierig waren und etwas gesehen oder gehört hatten, was der Bande nicht gefiel. Allerdings war Kate sich ziemlich sicher, dass Joiner nichts mit ihrem Tod zu tun hatte. Jeremy hatte versucht, sich aus Jesters Bande zu befreien, und musste dafür ebenfalls mit seinem Leben bezahlen. Joiner und Malden hatten versucht, die CD an Jester zurückzuverkaufen, und
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