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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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springt auf und schaut mich von oben an. Mir gelingt es nicht, selbstbewusst den Rücken zu straffen, also lehne ich mich zurück. Das weiche Leder in meinem Rücken fühlt sich gut an, gibt Halt. „Du bist noch nie mit ihm in der Kiste gewesen?“ Ich schüttle den Kopf. „Kein Blowjob zwischendrin? Auf dem Klo oder, ach was weiß ich, wo ihr Kerle es gerne treibt?“ Erneut verneine ich.
    „Himmel.“ Lisa setzt sich auf ihren Schreibtisch. „Das klingt nach Katastrophe.“
    „Katastrophe?“
    „Völlig irreparabel verliebt. Und das dir. Mensch, Joschi, das ist doch ...“
    „Dumm? Hoffnungslos? Unprofessionell?“ Ich nicke grimmig. Ist es. Aber es lässt sich verflucht noch einmal nicht abschalten, obwohl ich es haargenau weiß.
    Lisa wippt mit der Fußspitze auf und ab. „Was hast du schon probiert? Das Übliche? Ausgehen, ihn anbaggern?“
    Ich verdrehe die Augen. „Natürlich.“ Obwohl das nicht so ganz stimmt. Bei Dirk habe ich nie offensiv versucht, mit ihm zu flirten. Wie auch? Er schaut ja nie lange genug hin. Ich glaube, in dem Pub, das war der längste Moment, den er mir in die Augen gesehen hat. Und ausgehen? Ich habe mich nie getraut. Das verrate ich Lisa todsicher nicht.
    „Was ist mit eifersüchtig machen?“
    Nun muss ich lächeln. Wehmütig. „Klappt nicht. Letzten Winter ist er in die Pampa gefahren, in den Osten einen Freund besuchen, den ich auch kannte, so einen verrückten Triathleten.“ Lisa hört interessiert zu. „Mit dem war ich schon mal nach einem Shooting in der Kiste gelandet und ich hielt es für eine gute Gelegenheit und habe spontan gefragt, ob ich mitkommen könnte.“ Sie nickt beifällig.
    „Das war die bescheuertste Idee ever. Die ganze Fahrt über haben wir nur über Fotografie und Jobs geredet, über Länder und Musik. Aber er ist nicht mal drauf angesprungen, als ich erwogen habe bei diesem Kai zu übernachten.“
    „Fies“, nuschelt Lisa mitfühlend und plötzlich wird es leichter zu reden.
    „Gut, hätte ja wenigstens ein lohnender Fick werden können, nur dieser Kai hatte sich gerade einen schnuckeligen Bauernjungen von dort angelacht. Der Naivling hatte aber wohl noch keinen blassen Schimmer, was lief und als ich in der Nacht wenigstens ein bisschen Spaß haben wollte, hat Kai total abgeblockt.“ Lisa zieht die Augenbrauen hoch und hebt das Kinn. Mir ist plötzlich kalt, wenn ich an diese ewig lange Stunde in der Kälte an diesem vorprovinziellen Bahnhof denke. Ich Idiot hatte mein Handy bei Dirk im Auto vergessen und konnte nicht mal ein Taxi rufen, weil es an dieser Bruchbude von Bahnhof kein funktionierendes Telefon gab.
    „Kai hat mich doch glatt am nächsten Morgen am Bahnhof ausgesetzt. Es war arschkalt und ich habe mir meine neuen Armanischuhe total versaut in dem verdammten Schneematsch.“
    Lisa lacht plötzlich auf. Ich verziehe das Gesicht. Mir ist nicht nach Lachen zumute „Sehr komisch.“ Sie kichert dennoch weiter.
    „Nichts zu wollen. Kein Interesse.“ Resigniert zucke ich die Schultern und vernichte das letzte Stückchen Melone. Und ich Idiot hoffe trotzdem jedes Mal auf irgendetwas. Ich muss echt durchgeknallt sein. Aber wenn ich an den Kuss denke, den einzigen bisher, der mich jetzt noch schmelzen lässt … Ja, Dirk ist es wert.
    „Also wirklich ziemlich aussichtslos“, resümiert Lisa und erhebt sich von ihrem Schreibtisch.
    „Absolut“, seufzte ich und lächle sie an.
    „Ach Joschi.“ Sie zieht mich hoch und umarmt mich. „Du hättest ohnehin was Besseres verdient. Renn ihm nicht hinterher, wenn er nur dein Gesicht, nicht dich zu würdigen weiß.“
    Lisa schiebt mich zurück und schaut mich an. „Du bist speziell und das weißt du. Auch wenn er der Beste von allen ist, er ist nicht gut genug, wenn er nur dein äußeres Ich ablichten kann und nicht ins Innere blickt. Er hat dich nicht verdient. Vergiss ihn.“
    „Sagt sich so leicht.“ Mein dummes Herz sieht die Sache anders und will sich nicht bekehren lassen. Und groß Alternativen sind mir nicht untergekommen.
    „Heute Abend kommst du mit zu der großen Party. Dort finden wir schon Ablenkung und dann habe ich da noch diesen tollen Auftrag ...“ Sie greift nach einer Mappe auf ihrem Schreibtisch und die nächste halbe Stunde sind rotbraune Haare und sein Gesicht tatsächlich ganz aus meinen Gedanken verschwunden.
    Miami, Paris, München, Lissabon, Hamburg. Das Leben geht weiter. Eine fantastische Show in Milano. Glitter, Glamour und Blitzlichtgewitter. Ein Auftrag

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