Bokeh
Lisa, von der Agentur sprechen.“ Himmel, ich klinge total abweisend, dabei würde ich am liebsten sofort in den Flieger steigen. Ein ganzes Wochenende mit Dirk. Wunderbar, was Besseres hätte gerade nicht passieren können. Meine Laune ist in Euphorie umgeschlagen.
„Habe ich schon. Die meinte, ich solle dich besser direkt anrufen“, erklärt Dirk unter Rauschen. Brave Lisa, dafür kriegst du mindestens einen dicken Kuss. „I ch hatte da letzte Nacht so eine Idee, dafür wärst du perfekt geeignet. Ich wollte ...“ Seine weiteren Worte gehen in Knacken und Rauschen unter. Bitte, bitte lass die Verbindung jetzt nicht abbrechen. „… schlecht. Schicke dir eine Mail mit den Tickets, okay?“, vernehme ich schließlich deutlicher.
„Ja, prima, ja. Ich … freue mich.“ Peinlich, wie wild mein Herzschlag gerade durch den Körper donnert. Ich bin echt froh, dass er mich nicht sehen kann. Ein Wochenende mit Dirk. Arbeit, klar, aber ihn sehen, mit ihm zusammen sein … Das Leben ist schön.
Mein Laptop ist schnell hochgefahren, und während ich ungeduldig auf die Mail warte, zocke ich irgendein Ballerspiel mehr schlecht als recht. Jede neue Mail versetzt mich in Aufregung, doch die meisten sind bedeutungslos. Fanpost, irgendwelche Mädchen, die mich anschmachten. Seriöse und viele unseriöse Angebote.
Dieser Idiot, der regelmäßig nachfragt, ob er von mir eine Unterhose bekommen kann, hat schon wieder geschrieben. Eigentlich sollte ich die Mail endlich als Spam markieren, allerdings überlege ich jedes Mal, ob ich ihm nicht aus Spaß den Gefallen tun sollte. Ob er daran riechen und sich selbst befriedigen wird? Lustige Vorstellung. Vermutlich so ein armes Schwein, der sich nicht traut, sein Schwulsein auszuleben. Und da ich gerade in Geberlaune bin, notiere ich mir seine Adresse.
Es dauert ewig, bis endlich Dirks Mail ankommt. Flugtickets und nur eine kurze Notiz: „Bis Freitag. Ich hoffe, das Wetter bleibt so. Hier scheint die Sonne.“
Ja, hier auch. In meinem Herzen.
13 An der Peripherie
Kühler Wind empfängt mich. Und der erhoffte Sonnenschein. Ich blinzle, als ich aus dem Flieger steige, und setze meine Sonnenbrille auf. Es ist wenig los am Flughafen und mein Koffer ist einer der Ersten auf dem Band.
Zufrieden und mit einem unruhigen Gefühl im Bauch mache ich mich auf den Weg. Dirk kommt selbst mich abholen, hat er mir in einer SMS angekündigt. Das ist ungewöhnlich. Normalerweise wird jemand beauftragt und ich war schon gespannt, wer sein neuer Assistent sein würde. Nach Caleb.
Mein Handy brummt und eine weitere SMS erreicht mich: „Komme später. Verdammter Verkehr. DL.“ Sie entlockt mir ein Lächeln und ich stelle ihn mir vor, wie er ungeduldig mit den langen Fingern auf dem Lenkrad trommelt und den Fahrer vor sich anschimpft. Dirk ist kein geduldiger Mann.
Warum er wohl selbst kommt? Mein Herz findet Gründe, die vielmehr Wünsche sind, mein Verstand sucht eher die Logik, die ich ungern, aber notwendigerweise akzeptiere. Ich weiß nicht genau, was Dirk für einen Job hier hat, aber gut möglich, dass er dieses Mal mit keinem großen Stab unterwegs ist. Oder vielleicht sogar alleine? Er hat mir mal erzählt, dass er gerne nur mit Rucksack und Kamera die Landschaften erkundet.
Natur- und Landschaftsaufnahmen sind ein Teil seiner Leidenschaft. Daneben erotische Aufnahmen und Bilder von Sportlern. Ich kenne jeden Kalender, für den er Fotos gemacht hat, besitze jeden Bildband, der auch nur einen Beitrag von ihm enthält.
Bezeichne mich als verrückt aber es stimmt nicht. Nicht annähernd. Ich bin besessen von ihm, total süchtig und abhängig und mir dessen vollkommen bewusst. Ich will und kann es nicht ändern.
Um jeden Mann, der ihm ähnlich ist, mache ich einen Bogen, meide seine Nähe. Für mich gibt es keine Alternative und das ist dämlich und selbstzerstörerisch. Das weiß ich auch, Lisa muss es mir nicht mit schöner Regelmäßigkeit in einer ihrer Standpauken vorhalten. Oder versuchen, mich ständig zu verkuppeln. Es gibt schlicht keinen wie ihn. Lieb von ihr gemeint, allerdings nervt es mich langsam. Ich hätte ihr nichts sagen, ich hätte meine Klappe halten sollen. Das ist meine Sache und geht niemanden etwas an.
Ich setze mich vor dem Flughafengebäude auf eine Bank in die Sonne. Einige neugierige Blicke treffen mich, ich bin es gewöhnt. Ich bin groß und schlank und mein Gesicht umrahmt von den blonden Haaren lässt viele sich nach mir umdrehen. Schönheit fällt nun
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