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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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gerade die zweite Tasse café au lait getrunken, als er sich endlich meldete. Er klang aufgeregt.
    »Hat sich was ergeben, Chef?«
    »Sobald wir die Gendaten haben, können wir loslegen. Am besten ist, Sie fahren damit nach Saarbrücken ins Labor. Da dauert
     die Auswertung nicht so lange.«
    »Ich meinte doch die andere Sache! Sie wissen schon: mein Sharan. Ohne Sitze ist er praktisch wertlos. Ich kann ihn nicht
     mal in die Garage fahren.«
    »Das sieht nicht schlecht aus, Miller. Mein Mann in Saarbrücken sagt, er braucht höchstens 24 Stunden. Es läuft über Europol.«
    »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll, patron .«
    »Kein Problem. Was ist mit den Hagenaus?«
    Miller ächzte. »Eigentlich ... am besten ...«
    »Ja?«
    »Gar nichts.«
    »Was?«
    »Sie wollen nichts.«
    »Aber warum denn nicht?« Ich sprang auf. Die Gäste am Tresen schauten schon herüber. Ich wandte mich ab und sprach leise weiter.
     »Es geht doch um die Gerechtigkeit. Um den Bruder des Alten. Um den Humpel-Jean.«
    Miller räusperte sich umständlich. »Sie sagen, sie lassen sich |181| kein Blut abnehmen. Dabei passieren immer wieder Kunstfehler.«
    »Es genügt ein Haar. Oder ein ...« Ich schaute zum Tresen hinüber und wurde noch leiser. »Sie wissen schon: ein Popel.«
    »Das habe ich Ihnen auch gesagt. Aber der Alte ... Sie kennen ihn ... Er hat gesagt, Sie sollen ihn in Ruhe lassen mit dem
     alten Scheiß. Ich habe übrigens mit ihm über mein Problem gesprochen. Sie wissen schon, die Autositze. Ich glaube, Sie haben
     recht: Die Hagenaus haben nichts damit zu tun. Aber sie sagen, sie können sie mir vielleicht wiederbeschaffen. Sie haben ganz
     gute Verbindungen nach Polen. Sagen sie.«
     
    D r. Emile Santini war nicht gerade erfreut darüber, mich nach einer guten Stunde schon wieder in seinem Büro zu sehen. Dennoch
     hörte er sich meine Schilderung der Hagenaus geduldig an. Dann sagte er: »Verstehe. Die Familie steht außerhalb der Gesellschaft.«
    »So kann man es sagen – obwohl ... sie haben auch viel Unrecht erfahren.«
    »Hm. Aber wenn sie nicht wollen, kann man nichts machen, Bollinger.«
    »Wie gesagt, es geht um einen Mordfall. Ich bin sicher, dass der Mann, den wir auf dem Wackesberg gefunden haben, eines gewaltsamen
     Todes gestorben ist.«
    »Ihre Kollegen hier in Metz sehen das anders. Ich habe mir den Bericht der Gerichtsmedizin angesehen: Der Schusskanal im Kopf
     ist wahrscheinlich schon Jahre alt. Die Kripoleute hier sagen, es sei ein Landstreicher, der sich aufgeknüpft hat – und dummerweise
     hat jemand in der gleichen Nacht einen Brand gelegt.«
    »Ohne den Toten zu bemerken? Im Übrigen konnten wir gestern drei Männer dingfest machen, die einen weiteren Brandanschlag
     auf den Tatort verübt haben.«
    »Das ist allerdings eine Neuigkeit. Wer sind diese Leute?«
    |182| »Die Hagenaus.«
    »Die Hagenaus?
    »Ja, da staunen Sie, was?«
    Er schwieg und tippte wieder mit seinem Kugelschreiber auf die Tischplatte. Dann atmete er tief durch.
    »Kann es sein, dass diese Hagenaus bei Ihnen in Schauren für alles zuständig sind?«
    Der Mann war eine Zumutung. Ein Staatsanwalt vom alten Zuschnitt. Einer, der selbstherrlich entschied, wann der Staat eine
     Gewalttat ahndete und wann nicht.
    »Wenn Sie es nicht entscheiden wollen, wende ich mich an den Untersuchungsrichter. Ich werde die Hagenaus zwingen, eine genetische
     Probe abzugeben.«
    Das machte Eindruck auf ihn. Sogar das Tippen auf den Schreibtisch hörte auf.
    »Man merkt, dass Sie aus Deutschland kommen, Bollinger.«
    »Was wollen Sie damit sagen, monsieur le procureur ?«
    »Dass ein französischer Ermittler niemals auf eine solche Idee kommen würde.«
    Dazu hätte ich viel zu sagen gehabt. Aber ich hielt es für besser zu schweigen.
    »Sie wissen doch, dass Sie dafür nicht zuständig sind, Bollinger. Man verliert hier langsam die Geduld mit Ihnen. Wenn ich
     Ihnen einen guten Rat geben darf: Kümmern Sie sich um Ihre Pflichten in Schauren! Sie verrennen sich da. Dieser Tote auf dem
     Wackesberg – der bringt Ihnen kein Glück.«
    Das hatte ich schon zu oft gehört, um es noch ernst zu nehmen. »Es mag sein, dass ich bisweilen falsch liege«, erklärte ich
     ruhig, »das passiert jedem einmal. Aber wenn ich das Gefühl habe, dass ein Unrecht geschehen ist und dass man mich davon abhalten
     will, dieses Unrecht aufzuklären – dann kann ich sehr, sehr stur sein, Doktor Santini.«
    Er seufzte wie jemand, der eingesehen hat, dass wir so

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