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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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– wenn man sich gegen die Bürokratie durchsetzen will, braucht man gute Nerven.
    » Monsieur le procureur – es handelt sich bei dem Toten um einen Landstreicher. Das ist etwas anderes als im Falle Yves Montand.«
    Der Staatsanwalt wurde leise, so leise, dass ich ihn kaum noch verstand. Er wollte, dass ich sehr aufmerksam zuhörte.
    »Monsieur Bollinger, wir sind hier in Frankreich. Und in diesem Land sind vor dem Gesetz alle Bürger gleich. Au revoir .«
     
    |188| I ch nahm die Autobahn. Nach vierzig Minuten passierte ich die Goldene Bremm. Früher war hier der größte saarländisch-lothringische
     Grenzübergang gewesen. Trotz schleppendem Feierabendverkehr schaffte ich es in zehn Minuten über die Saaruferstraße durch
     die Stadt hindurch zum Eschberg, dem Prominentenviertel der Landeshauptstadt.
    Das Haus von Dr. Backes lag neben der Villa, die einmal der langjährige saarländische Ministerpräsident Franz-Josef Röder
     bewohnt hatte. Ursprünglich hatte es zu dem Anwesen der Röders gehört und die Familie des Gärtners beherbergt. Es war ein
     von hohen, dunklen Tannen und Trauerweiden umgebenes Häuschen, grau, geduckt, aber großzügig angelegt und sehr praktisch.
     Für einen eingefleischten Junggesellen wie Dr. Backes genau das Richtige.
    Ich klingelte am Tor. Erst dachte ich, er wäre nicht da, doch dann öffnete sich die Haustür einen Spalt, Dr. Backes streckte
     seinen Kopf heraus und winkte mir zu.
    Ich betrat das Grundstück. Ich wusste, dass im Gebüsch ein Rottweiler lauerte. Dr. Backes war ein hochrangiger Polizist, und
     es gab eine Menge Menschen, die ihm ihren Aufenthalt im Gefängnis Lerchesflur zu verdanken hatten.
    Er war wie immer in seinem Hausmantel, den er gerne über Hemd und Hose zog.
    »Ich war wohl ein bisschen harsch heute Morgen am Telefon«, empfing er mich.
    Im Flur roch es modrig. Dr. Backes verbrachte viel Zeit im Garten, und er pflegte Stiefel und Gummikleidung hier auszuziehen,
     um die mit wertvollen Teppichen ausgelegte Wohnung zu schonen.
    »Sie hatten ja recht. Dieser Sharan meines Kollegen ist wirklich nicht so wichtig.«
    Dr. Backes musterte mich misstrauisch. Dann sagte er: »Schön, dass Sie das einsehen.«
    Er führte mich ins Wohnzimmer, einen niedrigen, dunklen Raum voller Antiquitäten.
    |189| »Kann ich Ihnen was anbieten?«
    »Ich will Sie nicht lange stören. Ich bin gekommen, um Sie um Ihre Hilfe zu bitten.«
    Seine Gesichtszüge wurden eisig. »Schon wieder?«
    »Diesmal ist es nichts Privates. Es geht um einen Mordfall.«
    Dr. Backes musste sich setzen. Mich ließ er stehen. Also erstattete ich steif Bericht.
    Als ich geendet hatte, schwieg er lange und schaute dabei versonnen auf den Saum seines Hausmantels. Dann hob er langsam den
     Kopf und schaute mich traurig an.
    »Bollinger, Sie wissen, dass ich mich für Sie eingesetzt habe. Man hätte Sie damals auch in die Verbannung schicken können.«
    Mir tat es weh, dass er ausgerechnet jetzt davon anfing. Ja, es stimmte. Ich hatte bei einem Zivilstreifen-Einsatz einen Juwelier
     erschossen, den ich für einen Autoknacker gehalten hatte. Der Mann hatte seinerseits geglaubt, überfallen zu werden, und seine
     Pistole gezogen. Eine tragische Verstrickung. Ohne Dr. Backes’ Fürsprache hätten sie mich vom Dienst suspendiert. Trotz meiner
     hervorragenden Zeugnisse. Trotz meiner beachtlichen Leistungen im höheren Polizeidienst. Aber hätte das nicht jedem passieren
     können? Musste man mich immer wieder damit konfrontieren?
    »Ich werde Ihnen ewig dankbar dafür sein, Herr Doktor.«
    »Ich will keine Dankbarkeit.« Er erhob sich und ging zu einem Schrank, auf dem ein Zigarettenspender aus Messing stand. Er
     zündete sich mit dem riesigen Tischfeuerzeug eine Zigarette an und inhalierte tief. »Ich möchte bloß, dass Sie mich nicht
     blamieren.«
    »Das werde ich ganz sicher nicht.«
    »Gut.« Er kam zu mir und legte mir die Hand mit der Zigarette auf die Schulter. Der Rauch stach mir in die Augen. »Und nun
     sagen Sie mir, wie ich als deutscher Polizeimann einen französischen Staatsanwalt dazu bringen soll, seine Meinung zu ändern.«
    Ich antwortete stockend und leise. »Vielleicht indem Sie mit dem Präfekten reden. Der könnte Santini anweisen ...«
    |190| Ich roch sein süßliches Parfüm und spürte seine Aura – Dr. Backes war ein respektabler Mann.
    »Bollinger, bitte, hören Sie endlich auf, an solche Kindereien zu glauben! Natürlich kann ich mit dem Präfekten reden. Aber
     der wird den

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