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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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...«
    »Hagenau.«
    ». .. hat er an unserem Projekt teilgenommen?«
    »Ja«, sagte ich, ohne zu wissen, um welches Projekt es sich handelte.
    Sie bat mich zu warten. Es knackte in der Leitung. Eine schwache Männerstimme meldete sich.
    »Sie wissen, wo Monsieur Hagenau ist?«
    »Wer ist da?«
    »Aaron Dubois. Was ist mit ihm, ist er tot?«
    »Wir wissen es noch nicht. Worum geht es eigentlich in Ihrem Projekt?«
    Das pfeifende Geräusch, das der Arzt in Lüttich ausstieß, war auf der ganzen Welt gleich: Fachleute signalisieren damit Laien,
     dass es keinen Sinn hat, ihnen etwas zu erklären.
    »Hagenau war vielleicht in einen Mordfall verwickelt«, sagte ich.
    Aaron Dubois lachte auf. »Mord? Das wundert mich. Obwohl – |199| dass Jean nicht sauber war, das wussten wir hier alle. Es sind Sachen weggekommen. Ein Inkubator. Haben Sie eine Ahnung, was
     so ein Penner mit einem Inkubator anstellt? Wir brauchen sie, um Säuglinge am Leben zu erhalten. Sicher hat er ihn an die
     Polen verscherbelt. Die kaufen doch alles auf.«
    »Bei uns sind in letzter Zeit Autositze gestohlen worden.«
    »Autositze? Sagen Sie, wo liegt eigentlich dieses Schauren?«
    Ich erklärte es ihm.
    »Ich kann mich erinnern, dass Jean Hagenau mir etwas erzählte von einem Grenzkaff, in dem er geboren wurde. War schon ein
     komischer Kauz, dieser Hagenau. Aber Mord? Ehrlich gesagt, ich hielt ihn für zu blöd für Kapitalverbrechen.«
    »Man muss nicht intelligent sein, um ermordet zu werden.«
    Dubois atmete unendlich lange aus. »Verstehe. Irgendjemand, dem er die neuen Radkappen von seinem BMW oder den Inkubator gestohlen
     hat, hat ihm den Hals umgedreht. Schlimm ist nur ...«
    »Was?«
    »Ohne Hagenau können wir wieder von vorne anfangen ...«
    Er sprach von seinem ominösen Projekt.
    »Wir bekommen EU-Mittel dafür. Haben Sie eine Ahnung, wie pingelig die in Brüssel sind, wenn nur ein Cent zu viel ausgegeben
     wird? Und wir haben dem alten Zausel sogar eine Weile seine Miete gezahlt ...«
    Dubois gehörte zu denen, die man reden lassen musste. Dann erfuhr man mühelos alles, was man durch psychologischen Druck niemals
     herausbekam. Ich wusste, was ich zu tun hatte: einfach schweigen und zuhören.
    »So eine Scheiße. Ausgerechnet Hagenau ist über ’n Jordan.«
    Das war die Phase, kurz bevor der Knoten aufging, da quälten sie sich alle.
    »Ja, das ist sicher schlimm für Sie«, sagte ich leise.
    »Sie haben ja keine Ahnung«, entgegnete Aaron Dubois – und legte auf.
    Ich kam nicht dazu, die Lütticher Nummer erneut zu wählen. |200| Die Tür wurde aufgerissen – und die drei Hagenaus stürmten ins Revier. Diesmal war der sanfte Charles ganz vorne.
    »Wo ist meine Agneta?«, schrie er mich an.
    Der Alte schob ihn beiseite. »Ich habe eine Anzeige zu machen. Seit Tagen versuchen wir, Sie zu erreichen. Aber Sie sind ja
     nie da.«
    »Hast du deine Finger da mit drin, Bollinger?«, wollte Luc wissen.
    »Quatsch!«, mischte sich Charles ein. Diesmal waren die Rollen unter den Brüdern anders verteilt: Charles, der Gatte von Agneta,
     hatte den lauten Part, Luc den bedächtigen. »Der doch nicht. Das ist doch ’n Schlappschwanz. Schau ihn dir bloß an ...«
    »Ihr haltet jetzt mal die Schnauze!«, wies der Alte sie zurecht. »Also: eine Anzeige. Es geht um Agneta, wie Sie ja schon
     gehört haben.«
    »Um meine Agneta!«, wiederholte Charles. Er schien jeden Moment in Tränen auszubrechen.
    Ich versuchte, sachlich zu bleiben – trotz der unbedachten Äußerungen von Agnetas Mann.
    »Sie wollen also eine Vermisstenanzeige aufgeben?«
    »Keine Vermisstenanzeige. Wir wollen eine Entführung anzeigen.«
    »Eine Entführung?«
    »Genau. Unsere Agneta ist entführt worden.«
    »Von wem?«
    »Das herauszufinden, sind Sie ja da, Bollinger, oder?«
    Ich kramte ein Formular hervor. Nur um sie zu beruhigen.
    »Dann wollen wir die Sache mal aufnehmen.«
    Ich schrieb eine Nummer in die rechte obere Ecke des Blattes. Die drei beobachteten mich genau.
    »Seit wann ist sie weg?«
    »Seit wir aus dem Knast raus sind.«
    »Das ist aber schon ein paar Tage her ...«
    Die Söhne schwiegen betreten. Der Alte räusperte sich umständlich.
    »Als wir nach Hause kamen, lag ein Zettel auf dem Tisch, dass |201| sie für ein paar Tage zu ihrer Mutter will. Nach Katowice. Deshalb dachten wir uns nix dabei. Aber heute Morgen hat Charles
     dort angerufen. Die Mutter weiß von nix. Agneta ist da nie angekommen ... Jemand muss sie entführt haben. Bollinger, Sie

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