Bomann, Corinna - Clockwork Spiders
Schirm, der noch immer auf ihn gerichtet war, auf. Black sah sie nur finster an.
»Glauben Sie wirklich, ich will meine Waffe ziehen?«
»Warum denn nicht, wo wir Sie ertappt haben!«, entgegnete Violet wütend, woraufhin Black den Kopf schüttelte, dann zog er eine Kette hervor, an der ein messingfarbenes Medaillon baumelte.
»Hiermit werde ich Sie wohl kaum töten können.« Als Black den Deckel des Medaillons aufschnappen ließ, kam das Porträt einer jungen Frau zum Vorschein. Ihr kastanienbraunes Haar war im Nacken zu einem Chignon gebunden, einzelne Löckchen, die sich aus der Frisur gelöst hatten, umspielten das ebenmäßige Gesicht, in dem grüne Katzenaugen leuchteten.
»Das war meine Sarah. In der Blüte ihres Lebens dahingerafft von einem feigen Anschlag, der eigentlich der Königin galt. Seit ihrem Tod hat es für mich keinen Tag gegeben, an dem ich nicht auf Rache gesonnen habe. Und nun bin ich meinem Ziel nahe, vorausgesetzt, Sie verpassen mir nicht dummerweise einen Stromschlag mit dem Ding.«
»Der Schlag würde Sie wohl kaum töten«, entgegnete Violet.
»Das nicht, aber vielleicht Ihr sogenannter Butler. Für wen haben Sie gearbeitet? Für einen Opiumbaron oder die Triaden?«
Alfred blickte vorwurfsvoll zu seiner Herrin, woraufhin Black schief grinste. »Ah, offenbar weiß die Lady von Ihrer Vergangenheit. Aber keine Sorge, sie hat mir nichts verraten. Während eines Aufenthaltes in China hatte ich mit Männern Ihres Schlages zu tun. Allen gemein ist die Waffe, die Sie unter Ihrer Jacke verbergen.«
»Nicht Alfred ist derjenige, über den ich etwas wissen will, sondern Sie!«, fuhr Violet den General an. »Wer hat Ihre Verlobte getötet? Lady Sissleby kann das unmöglich getan haben, oder?«
Black betrachtete noch einmal versonnen das Medaillon, dann klappte er es wieder zu.
»Lady Sissleby nicht, aber vermutlich war sie darin verwickelt.« Er stockte kurz und lauschte. Dann setzte er hinzu: »Aber wäre es nicht besser, die Geschichte in der Droschke zu besprechen? Wenn wir hier herumstehen, verlieren wir vielleicht wichtige Zeit.«
»Zeit, wofür?«
»Nun, da der Schöpfer der Maschinen seinen Test erfolgreich durchgeführt hat, wird er die nächste Phase seines Unternehmens starten. Ich fürchte, dass nun die Königin selbst in Gefahr ist.«
Black legte seine Hand auf den Schirm und drückte ihn sanft herunter. Dann stiegen sie in die Droschke. »Die Wahrheit ist manchmal verwinkelt wie ein altes schottisches Landhaus, falls Sie dieses Sprichwort kennen.«
»Tue ich nicht, aber wo wir gerade von Häusern sprechen: Es wäre gut, wenn Sie Licht in den Gängen machen würden, damit wir nichts Missverständliches in den Schatten vermuten.«
Ein leichtes Lächeln spielte um Blacks Lippen. Verdammt, dachte Violet, während sie mit ihrer Beherrschung kämpfte. Muss er das tun?
»Und wohin soll ich fahren?«, fragte Alfred, nachdem Violet ihm zugenickt hatte.
»Zum Palast«, entgegnete Hieronymus, und die Motordroschke knatterte los.
»Das war vor zwei Jahren in Indien. Sarah war die Tochter eines Teeplantagenbesitzers. Sie gehörte neben einigen anderen jungen Frauen zu dem Begrüßungskomitee für die Königin«, begann Black, als sie den Zirkus hinter sich gelassen hatten. »Wie immer gab es ein hohes Aufkommen an Sicherheitskräften am Lufthafen, diesmal war auch ich zusammen mit meinen Männern dabei. Eigentlich hätte ich nicht zugegen sein müssen, doch ich wollte die Gelegenheit nutzen, um Sarah zu sehen. In den vergangenen Wochen hatten wir uns nur selten treffen können, die Vorbereitungen für den Besuch der Königin hatten sowohl mich als auch meine Verlobte sehr in Anspruch genommen. Bei unserem letzten Treffen hatte sie ganz aufgeregt von ihrem neuen Kleid berichtet und von der kleinen Ansprache, die sie vor der Königin halten sollte. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen und meldete mich freiwillig für den Wachdienst. Im Nachhinein musste ich einsehen, dass unsere Sicherheitsvorkehrungen ziemlich mangelhaft waren. Dem Attentäter gelang es, sehr nahe an die Königin heranzukommen, indem er nämlich seine in einem unscheinbaren Karton deponierte Bombe nahe dem Landeplatz des Luftschiffes platzierte. Allerdings verschätzte er sich, was den Zünder anging. Die Bombe ging in dem Augenblick hoch, als sich das Empfangskomitee gerade erst versammelt hatte und das Luftschiff zur Landung ansetzte.
Der Luftschiffkapitän konnte die Queen Victoria mit knapper Not
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