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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Bomann
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gelernt«, entgegnete sie ungerührt, während ihre Absätze über das Parkett klapperten. »Zum einen geschieht nichts ohne Grund, und zum anderen schlägt ein Mörder, wenn er denn keinen persönlichen Groll gegen sein Opfer hegt, erneut zu. Wir werden sicher noch von diesem Mann oder dieser Frau hören, schon bald. Aber mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, Lord Adair. Befolgen Sie meinen Rat und Sie werden ein langes Leben genießen.«
    Und wenn er das nicht tat, war er womöglich das nächste Opfer, ging es Violet durch den Kopf.
    Offenbar war jetzt die Unterredung beendet.
    Da sie weder Lady Sharpe noch ihrem Vater begegnen wollte, huschte Violet auf Zehenspitzen den langen düsteren Gang entlang.
    Was sie hören wollte, hatte sie gehört. Genug, um die ganze Nacht nicht in den Schlaf zu kommen.
    Sie hatte kaum die Treppe erreicht, als die Stimme ihres Vaters durch die Halle tönte.
    »Alfred, wenn Sie Lady Sharpe freundlicherweise ihren Mantel bringen könnten?«
    »Sehr wohl, Mylord«, antwortete der Butler, und wenig später verließ die Spy Mistress das Haus. Violet fand trotzdem nicht den Mut, nach unten zu gehen. Kurz nachdem sie ihr Zimmer betreten und darin ein paarmal auf und ab gegangen war, schnappte sie sich eine unbenutzte Kladde und schrieb mit Bleistift hinein:
    Der Fall Lord Stanton
    Was sie damit anfangen wollte, wusste sie nicht, aber diese Worte und die Drohung, dass auch ihre Familie in Gefahr sein könnte, ließen in Violet den Entschluss reifen, dass sie diesen Fall lösen musste. Allein schon um Unheil von ihrer Familie abzuwenden.
    *
    Der Mann mit der Augenklappe stand am Geländer der London Bridge und blickte hinaus auf die Themse, die im Mondschein lag wie ein schwarzes Seidenband. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, und Schweiß sickerte in seinen Kragen, weil er sich schneller als geplant von Adair House hatte entfernen müssen.
    Ich hätte vorsichtiger sein müssen, ging es ihm durch den Kopf. Um ein Haar hätte mich Annabelle Sharpe erwischt.
    Er wusste, dass sie allein seinetwegen bei dem Ball aufgetaucht war. Seine Rückkehr nach England war schon lange kein Geheimnis mehr – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen. Eigentlich war es ihm auch egal. Sollten sie doch wissen, dass er hier war. Sollten sie doch ahnen, dass er Rache nehmen würde. Er hatte schließlich allen Grund dazu.
    Während sich seine Augen mit Tränen füllten, zog er unter seiner schwarzen Uniformjacke ein messingfarbenes Medaillon hervor. Es ruhte ständig an seinem Herzen, ebenso wie seine Waffe, der er den Namen Maverick gegeben hatte – nach seinem Ausbilder, der für ihn mehr ein Vater gewesen war, als sein Erzeuger das je vermocht hätte.
    Versonnen strich er über den Deckel des Schmuckstücks, in das kleine Blüten eingraviert waren. Es hatte keinen besonderen Wert; Messing war nicht umsonst das Gold der kleinen Leute. Doch für ihn war es das Kostbarste, was er besaß, denn es war ihm von dem Menschen geschenkt worden, der ihm am liebsten gewesen und dann so grausam von seiner Seite gerissen worden war.
    Hätte er das Unglück verhindern können? Wie oft schon hatte er sich diese Frage gestellt!
    Vorsichtig klappte er den Deckel des Medaillons auf. Im nächsten Augenblick ließ ihn eine Bewegung, die er aus dem Augenwinkel heraus bemerkte, innehalten.
    Seine Sinne schärften sich, seine Ohren nahmen auf einmal wesentlich mehr wahr – und das, obwohl sie nicht künstlich verändert waren. Es war ein Erbe des Krieges, eine Fähigkeit, die ihm geholfen hatte zu überleben.
    Schritte. Jemand kam auf ihn zu.
    Er versagte sich den Anblick des Bildes und drückte stattdessen den Deckel des Medaillons wieder zu. Nachdem er es in seine Brusttasche zurückgeschoben hatte, legte er die Hand auf den Griff des Maverick und entsicherte das Gasventil, das dafür sorgen würde, dass die Kugel mit enormer Geschwindigkeit aus dem Lauf gepresst wurde. Währenddessen lauschte er weiter auf die Schritte. Wenn jene, die er vermutete, hinter ihm auftauchten, würde ihm nicht viel Zeit bleiben. Ziehen und töten oder zögern und getötet werden, lautete hier die Devise.
    Als der Mann hinter ihm nahe genug war, wirbelte er blitzschnell herum, hielt dem Störenfried die Kanone zwischen die Augen, stellte jedoch fest, dass es sich nur um einen Bettler handelte. Natürlich konnte sich hinter der Fassade des Elends auch etwas anderes verbergen, aber so, wie der Mann Augen und Mund aufriss und ihn entsetzt ansah, war es

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