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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Bomann
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tatsächlich nur eine arme Seele, die verloren durch London wankte.
    »Bitte verzeihen Sie, Sir, ich wollt Sie nich’ stören, Sir.« Ängstlich hob er seine Hände in die Höhe, denen die zerlöcherten Handschuhe gewiss keine Wärme spenden konnten. Ein widerlicher Geruch nach Schweiß, Dreck und billigem Gin stieg dem Einäugigen entgegen.
    »Verschwinde«, brummte er, während er die Waffe wieder herunternahm.
    Der Bettler starrte ihn noch einen Moment an, dann zog er sich dorthin zurück, von wo er gekommen war.
    Der Einäugige ließ seine Waffe wieder unter seiner Jacke verschwinden. Verdammt, meine Nerven liegen wirklich blank!, dachte er. Vielleicht sollte ich wieder für ein paar Tage untertauchen. Dieses Vorhaben verwarf er gleich wieder, denn er wusste, dass das große Spiel begonnen hatte. Er durfte keine Zeit verlieren, Zeit war ein wichtiger Faktor in seinem Plan.
    Nachdem er kurz mit der rechten Hand über das Medaillon gestrichen hatte, das er in der linken Brusttasche trug, überquerte er die Brücke und verschwand im dichten Themsenebel.
     

5. Kapitel
     
    Nachdem sie wie erwartet die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, schwang Violet noch vor dem Auftauchen des Dienstmädchens tatendurstig die Beine über die Bettkante und gönnte sich einen kurzen Blick auf den schmalen Streifen Tageslicht, den die schweren Vorhänge einließen.
    Da war ein seltsames Kribbeln in ihrer Magengrube, das mit jeder Stunde größer geworden war. Sie würde einen Kriminalfall lösen! Natürlich war das gefährlich, und ihre Eltern wären entsetzt, wenn sie es wüssten. Doch wobei wäre das nicht der Fall?
    Die ganze Nacht über hatte sie gerätselt, woher sie Bücher über Forensik bekommen konnte. Eigentlich hatte sie sich schon länger damit beschäftigen wollen. In Gang gesetzt hatte dieses Interesse ein Artikel von einem Arzt namens Joseph Bell, der in einem Wissenschaftsmagazin erschienen war, das Alfred ihr besorgt hatte. Darin referierte er über die Wichtigkeit der Leichenbeschau bei Kriminalfällen – und über die Spurensuche, die die englische Polizei trotz moderner Technik immer noch vernachlässigte.
    Violet war sofort Feuer und Flamme gewesen. Nur der Umstand, dass in Belgravia nahezu nie ein Mord geschah, hatte sie bisher davon abgehalten, Beils Theorien nachzugehen. Doch nun hatte sich das Blatt gewendet. Ein Mord mitten auf einem Ball! Ein Mord in ihrem Elternhaus! Und dazu noch irgendwas Rätselhaftes, das den Adel und auch andere Bewohner Englands gefährdete!
    Es ging hier nicht nur um ihre ganz persönliche Neugier, sie würde einen wichtigen Beitrag für die Nation leisten!
    Alfred! Er würde ihr die Bücher besorgen können. Und sie musste versuchen, an die Untersuchungsergebnisse des Coroners zu kommen. Vielleicht hatte Lady Sharpe Dr. Byrton doch benachrichtigt. Wie sie den Hausarzt dazu bringen sollte, ihr von dem, was er gehört hatte, zu berichten, wusste Violet nicht. Aber wenn sie nur lange genug nachdachte, würde ihr sicher etwas einfallen.
    Nachdem sie ihre Morgentoilette verrichtet und sich angezogen hatte, stürmte sie aus ihrem Zimmer. Dabei rannte sie beinahe Mary über den Haufen, die gerade auf dem Weg war, um sie zu wecken.
    »Guten Morgen, Lady Violet«, stammelte sie überrascht und drückte sich die frischen Handtücher gegen die Brust.
    »Guten Morgen, Mary, ist heute nicht ein wunderbarer Tag?«
    Das Dienstmädchen starrte sie entgeistert an. Offenbar hatte sie erwartet, dass nach dem katastrophalen Ball alle Trübsal blasen würden. Doch was sollte das bringen? Unheil konnte nur durch Tatendrang vertrieben werden. Violet lächelte ihr aufmunternd zu und eilte dann hinunter in die Küche.
    »Die arme Lady Emmeline«, tönte ihr die Stimme von Mrs Myrtlewait entgegen. »Der gestrige Abend war sicher ein Schock für sie. Vielleicht sollte ich heute einen Zitronenkuchen backen, sie hat mir mal verraten, dass sie den am liebsten mag.«
    Bei der Erwähnung von Zitronenkuchen lief Violet das Wasser im Mund zusammen. Auch sie liebte Zitronenkuchen über alles, besonders mit dem dicken Zuckerguss, der Mrs Myrtlewaits Geheimrezept war.
    »Ich halte das für eine gute Idee!«, pflichtete Alfred ihr bei, während er seine Teetasse anhob und einen Schluck trank. Um diese Uhrzeit hatten die Bediensteten noch Zeit für eine Tasse Tee und einen kleinen Plausch, bevor die Arbeit sie ganz in Beschlag nahm.
    »Guten Morgen allerseits, ich hoffe, ich störe nicht.«
    Die Köchin machte

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