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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Bomann
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öffnete die Tür und betätigte einen Schalter. Fahles Licht fiel auf ausgetretene steinerne Stufen. Lautes Schnaufen und Rattern verschluckte die Worte des Wächters, während er sich an den Abstieg machte. »1s vielleicht ’n Schock für Sie, Miss, weiß sowieso nich’, warum Sie sich den ansehn wolln.«
    Obwohl sie sich vorgenommen hatte, keine weibliche Schwäche zu zeigen, zückte Violet jetzt doch für alle Fälle ihr parfümiertes Taschentuch.
    »Keine Sorge, ich halte das schon aus. Das Taschentuch ist nur eine Vorsichtmaßnahme, denn niemand weiß, welche Krankheitserreger bei Ihnen herumschwirren.«
    Pattinson ging kopfschüttelnd voran, enthielt sich aber einer weiteren Bemerkung. Ohnehin konnte man schon bald unter dem Lärm der Dampfmaschinen, die den Kühlventilator antrieben, keinen klaren Gedanken mehr fassen. Unter Violets Füßen vibrierte es so stark, dass sie sich automatisch fragte, ob es keine andere Lösung gab. Konnten nicht Dampfmaschinen erfunden werden, die ruhiger liefen? Kein Wunder, dass Joe hier während der Untersuchung unbemerkt hereingekommen war.
    Die Mauern, die die Treppe einfassten, waren grob und sehr schlecht verfugt. Spinnweben hingen in den Ecken, teilweise waren sie schon so alt, dass sich der Staub in ihnen gesammelt hatte. Nachdem sie die Tür passiert hatten, hinter der sich die Dampfmaschine befand, betraten sie den Kühlraum. Eine dicke Polsterung an Tür und Wänden machte den Lärm etwas erträglicher, doch angenehm war es in dem Raum deswegen noch lange nicht. Ein kalter Hauch ließ Violets und Alfreds Atem zu kleinen Wölkchen gefrieren.
    Die Morgue bewahrte neben Lord Stanton noch zwei andere Leichen auf. Unter weißen Tüchern zeichneten sich ein sehr beleibter und ein sehr knochiger Körper ab.
    »Das warn Nachbarn«, kommentierte Pattinson, als er Violets Blick bemerkte. »Habn sich gegenseitig wegen paar Ratten umgebracht.«
    Dass sie sich wegen Ratten umgebracht haben sollten, kam Violet zunächst merkwürdig vor, doch dann fiel ihr ein, dass Rattenfängerei ein einträgliches Geschäft in den Elendsvierteln Londons war. Wahrscheinlich hatte einer dem anderen die Jagdgründe streitig gemacht.
    Pattinson trat neben den dritten Tisch und zog das Tuch herunter. »Hier ist er, Miss. Kein besonders schöner Anblick nach der Zeit, aber in paar Tagen kommt er eh unter die Erde.«
    Violet schnappte erschrocken nach Luft und hielt sich das Taschentuch vors Gesicht. Hier unten mochte es vielleicht kühl sein, doch offenbar nicht kühl genug, um den Verfall zu stoppen. Stantons Wangen waren eingesunken, der Mund stand ein wenig offen. Durch seine wächserne Haut waren die Adern zu erkennen, in der Mitte des Körpers prangte eine große, grob zugenähte Wunde, aus der eine gelblich rote Flüssigkeit troff.
    »Hat der Coroner irgendwas gefunden?«, fragte Violet, während sie das Tuch sinken ließ. Der Geruch war immer noch schlimm, aber allmählich gewöhnte sie sich daran. Außerdem würde sie für eine Untersuchung ihre beiden Hände brauchen.
    »Na, sicher hat er das! Irgendwelche Metallreste, von denen er meinte, dass sie zu ’ner Patrone gehörn.«
    »Patrone?«
    Violet blickte zu Alfred, der unwissend die Schultern hob.
    »Ja, ’ne Patrone. Oder so was Ähnliches. War wohl nicht mehr in einem Stück.«
    »Darf ich das mal sehen?«
    »Tut mir leid, Lady Sharpe hat es mitgenommen.«
    »Lady Sharpe war also auch zugegen.« Violet wusste das zwar, doch sie hielt es für richtig, sich unwissend zu stellen.
    »Und noch ’ne ganze Reihe anderer Leute. Wahrscheinlich hat sie alle Londoner Ärzte und Polizeibeamten zusammengetrommelt.«
    Ob Dr. Byrton auch darunter war? Vielleicht wusste ihr Vater etwas davon.
    »Verzeihen Sie, aber kann ich Sie ’ne Weile allein lassen? Ich muss noch den Sektionraum sauber machn. Wenn bis morgen früh nicht alles in Ordnung ist, zieht mir der Coroner die Ohren lang.«
    »Kein Problem, gehen Sie ruhig«, entgegnete Violet betont gleichgültig, obwohl sie in Wirklichkeit schon darauf gewartet hatte, dass der Gehilfe aus dem Kühlraum verschwand.
    Nachdem der Mann die Tür hinter sich zugezogen hatte, trat sie an einen der Instrumententische und nahm sich herunter, was sie brauchte. Dass die Instrumente nicht besonders sauber aussahen, würde Lord Stanton wahrscheinlich egal sein.
    Wie es Dr. Bell verlangte, begann sie mit einer gründlichen Untersuchung des Kopfes und des Mundes. Sie hob mit einer Pinzette die blassen Lider hoch,

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