Bombe im Bikini
wechselte er das Thema. »Es interessiert
mich, wie der Koffer mit dem Geld gestohlen und der Koffer mit der Leiche an
seine Stelle geschafft wurde. Auf dem Weg dorthin bringe ich Sie in Ihr Hotel,
Señorita Seidlitz .«
»Vielen Dank«, sagte ich. »Und
warum nennen Sie mich nicht Mavis? Unsere Wege scheinen sich ohnehin ständig zu
kreuzen — und so, wie Sie mich nun schon den ganzen Morgen gesehen haben, was
soll unter diesen Umständen noch die Förmlichkeit ?«
»Da die Ausübung meiner
dienstlichen Pflichten mich immer wieder in engen Kontakt mit Ihnen bringt,
Señorita«, erklärte er recht offiziell, »scheint es mir ratsam, zwischen uns
beiden eine gewisse Förmlichkeit beizubehalten. Andernfalls könnte es zu
Komplikationen kommen .«
»Komplikationen ?« sagte ich. »Was denn für welche?«
»Für einen Mexikaner«, erklärte
da dieser eingebildete Mensch, »gibt es keinen anziehenderen Frauentyp als eine
Blondine. Und wir zählen zu einer sehr leidenschaftlichen Rasse, Señorita !«
5
Sobald der Wagen vor dem Hotel
hielt, raffte ich die Decke um mich und sprintete über den Bürgersteig, durch
die Halle und in den Lift. Der Liftboy starrte mich während der Fahrt
unverwandt an, und als ich in meinem Stockwerk ausstieg, hatte ich das Gefühl,
die Decke müsse jetzt voller Löcher sein.
Ich eilte in mein Zimmer,
verschloß die Tür hinter mir, stolperte zum Bett und sank darauf nieder. So lag
ich etwa eine halbe Stunde, dann rappelte ich mich wieder auf und zog einen
Bademantel an. Ich griff zum Telefon und bat die Vermittlung, ein dringendes
Telegramm aufzugeben.
»Gern, Señorita«, sagte der
Mann. »An wen?«
Ich gab ihm Johnnys Namen sowie
die Anschrift unseres Büros in L. A.
»Verstanden, Señorita«, sagte
er. »Und wie lautet der Text ?«
»Hilfe !« sagte ich und legte auf.
Nachdem ich ein wunderbar
heißes Bad und anschließend eine wunderbar kalte Dusche genossen hatte und
wieder angezogen war, kam ich mir fast wieder wie ein Mensch vor. Ich
genehmigte mir ein Gläschen aus der Flasche auf der Frisierkommode und
registrierte, daß es vier Uhr nachmittags war und ich Hunger hatte. Ich rief
den Zimmerkellner an und bestellte ein paar Sandwiches.
Fünf Minuten später klopfte es
an der Tür, ich öffnete in Erwartung der belegten Brote — aber statt dessen bekam ich James Hagen geliefert.
Er schritt an mir vorbei ins
Zimmer, wonach ich die Tür wieder schloß. Es ging mir ernsthaft auf die Nerven,
daß alle möglichen Leute mein Zimmer für eine Hotelhalle zu halten schienen.
Aber im Moment konnte ich wohl nicht viel dagegen unternehmen.
»Sie haben mir noch keinerlei
Bericht erstattet, Mavis«, sagte er vorwurfsvoll. »Was ist denn los ?«
»Ich ziehe meinen Teilhaber
hinzu«, erklärte ich rasch. »Dieser Fall ist für einen allein zu schwierig.
Streng im Vertrauen darf ich Ihnen sagen, Mr. Hagen, daß es um Millionen geht.
Millionen!«
»Tatsächlich ?« sagte er. »Das klingt ja atemberaubend. Wie sind Sie denn dahintergekommen ?«
»Einzelheiten kann ich jetzt
noch nicht erläutern«, sagte ich. »Ich verfolge eine heiße Spur, aber solange
ich noch keine handfesten Beweise habe...« Ich hoffte, daß es sich gut anhörte.
Hagen sah mich einigermaßen
verwundert an. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie dem Mörder Juan Gonzales’ auf
der Spur sind ?«
»Sicher.« Ich nickte. »Aber das
Ganze ist ein Pulverfaß , verstehen Sie?«
»Ich verstehe«, sagte er. »Ich
glaube es jedenfalls. Und weiter können Sie mir noch nichts verraten ?«
»Noch nicht«, sagte ich. »Aber
ich werde Sie über die weitere Entwicklung auf dem laufenden halten .«
Er wirkte leicht benommen.
»Geht es Ihnen wirklich gut, meine Liebe ?«
»Mir geht’s ausgezeichnet«,
sagte ich. »Es ist mir noch nie besser gegangen .«
»Das ist recht«, sagte er matt.
»Sagen Sie, da fällt mir ein — jemand hat mir erzählt, hier im Hotel müsse eine
verrückte Amerikanerin wohnen .«
»Wirklich?«
»Doch«, sagte er und kicherte.
»Offenbar sieht sie aber sehr gut aus. Etwa vor einer Stunde kam sie in die
Hotelhalle gerannt, nur in Unterwäsche und mit einer Decke um die Schultern.
Sie war wohl der Ansicht, diese Decke bedecke sie zur Genüge — aber sie rannte
ja derart schnell, daß sie nur waagerecht hinter ihr her flatterte. Können Sie
sich das vorstellen? Sie wissen doch, was für ein Betrieb in dieser Hotelhalle
herrscht — und da läuft das Mädchen in Unterhöschen herum! Und
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