Bombenspiel
Linda zu lange gedauert. Sie würde Sarah zu Babs bringen, dann gleich losfahren und das Handy in Menzenschwand abholen, hatte sie vorgeschlagen.
Zu dem Zeitpunkt, als Linda im ›Hirschen‹ das Handy mit dem Netzkabel verband und Alans Nachrichten las, hob die Maschine der SAA von Frankfurt International Airport ab und nahm Kurs auf Südafrika. Alan Scott hatte einen Fensterplatz in der 19. Reihe und versuchte vergeblich, seine Gedanken an Linda zu verdrängen. Seine Gefühle schwankten zwischen Sehnsucht und Enttäuschung.
Linda hatte es wohl nicht für nötig befunden, sich bei ihm zu melden. Mehrmals hatte er versucht, sie per Handy zu erreichen, ohne dass sie den Anruf entgegengenommen hatte. Er hatte ihr sogar auf die Mailbox gesprochen und ein halbes Dutzend SMS versandt, ohne eine Antwort zu bekommen. Dann hatte er resigniert.
Er war bereit gewesen, für Linda seine Freiheit und die Savannen seiner Heimat aufzugeben, er hatte sich damit angefreundet, bei ihr in Deutschland zu leben und hatte sogar daran geglaubt, dabei glücklich zu werden. Doch die Unversöhnlichkeit, mit der sie ihn abgefertigt hatte und ihre Ablehnung, jetzt mit ihm zu telefonieren oder seine Mitteilungen zu beantworten, zwangen ihn schließlich zu diesem Schritt.
Sein Handy war ausgeschaltet. Linda Roloff blieb im kalten Deutschland zurück.
Jetzt wartete Afrika auf ihn.
Montag, 24. Mai 2010, Durban - Noch 17 Tage
Die Männer, die sich kurz nach Sonnenuntergang auf den Weg zu Container 43 machten, hatten diesmal keine Chance, ihr Treffen geheim zu halten. Und so arrangierten sie es dieses Mal auffällig so, dass es nach einem Zufall aussah, der sie dort zusammenführte. Dies allerdings bewusst zu einem Zeitpunkt, zu dem sich weder Henning Fries noch Leonard Merheim auf dem Stadiongelände aufhielten.
Paul Dhlomo kletterte von einem Kran, der die anderen noch um einige Meter überragte, lief aufgeregt auf uThembani Mthetwa zu, rief etwas von einem Problem bei der Codierung des Kranschlosses, das es zu beheben galt, und verschwand mit ihm in der Containerburg vor dem Stadion.
Zum selben Zeitpunkt hatte der Araber Mthetwas Büro aufgesucht, eine Rolle mit Plänen in der Hand, und von Mthetwas Kollegen die Auskunft erhalten, der Sicherheitsingenieur sei auf dem Weg zu Container 43, da etwas mit der Alarmanlage nicht stimme. Dann werde er ihn dort sicher finden, hatte Abdulrahman bin Hadid gesagt und sich verabschiedet.
Der Inder hatte unterdessen einen Anruf erhalten, dass es mit einem der PCs in Container 43 ein Softwareproblem gebe und machte sich, nachdem es nicht über die Fernfunktion zu lösen war, ebenso dorthin auf.
Innerhalb von wenigen Minuten trafen die vier Männer im Container 43 ein. Der Sicherheitsingenieur hatte die Tür schon geöffnet, und wie sie kamen, verschwanden die Verschwörer im Innern, jeder mit einem guten Grund, der bei einer eventuellen Befragung sein Erscheinen dort erklären würde. Mthetwa würdigte den Araber keines Blicks und Paul Dhlomo registrierte die Eiseskälte, die zwischen den beiden herrschte.
Er hatte Mthetwa nur einmal nach der Herkunft der A-förmigen Narbe an seinem Hals gefragt und als Antwort einen hasserfüllten Blick geerntet. Später hatte sich der Zulu einen Bart stehen lassen, der die Narbe tarnte, doch Paul ahnte, dass sie von Abdulrahman bin Hadid stammte und der Zulu eine fürchterliche Rache plante.
»Du kannst ihn haben«, hatte er ihm eines Abends zugeraunt, als sie allein die Baustelle verlassen hatten. »Aber erst, wenn er seine Arbeit getan hat.«
Der Zulu hatte stumm genickt und der Hass in seinem Blick war Dhlomo nicht verborgen geblieben.
Der Inder fuhr Fries’ PC hoch und erklärte den anderen, was er durch sein Einloggen in das Programm von Henning Fries entdeckt hatte.
»Nun«, Dhlomo zögerte, »wenn das so ist, sollten wir das Problem lösen, bevor es unlösbar wird.«
»Du meinst, man sollte sich um Fries kümmern«, vermutete Mthetwa.
Dhlomo nickte. »Wir können das Risiko nicht eingehen, dass er irgendwann unseren Plan durchschaut. Wahrscheinlich haben wir schon zu lange gewartet. Wir sind ihm auf die Spur gekommen, weil du ein Profi bist.« Raghu schmeichelte das Lob und er schwieg lächelnd.
»Darf man fragen, wovon ihr eigentlich sprecht?«, erkundigte sich der Araber ungeduldig.
»Fries hat in Hamburg moniert, dass nicht seine Pläne, sondern die von Abdul bei der Errichtung des Skywalk umgesetzt wurden. Er hatte zwar keinen
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