Bone 01 - Die Kuppel
nicht angreifen sollten! Und jetzt würden sie für diesen Fehler büßen. Er sah, wie die jungen Männer aufsprangen und davonliefen, verfolgt von einer ungefähr gleichen Anzahl Skelette. Der Plan war gescheitert. Der Feind würde Yamas Bande jagen und abschlachten. Aber viel schlimmer war, dass sich etwa zehn Skelette, die sich noch vor der Mauer aufhielten, zu einer Verteidigungskette gruppierten. Nun brauchten Stolperzunges Leute sehr viel Glück, wenn sie diese Nachhut überwältigen wollten. Selbst wenn es ihnen gelang, war die Hoffnung auf einen Überraschungsangriff vertan.
Stolperzunges Jäger hielten sich die Augen zu und murmelten Worte, die vielleicht Gebete oder Flüche waren. Die Skelette trugen nun den Baumstamm durch das Loch in der Mauer. Leichen von Menschen und Bestien wurden in die entgegengesetzte Richtung geschafft, außer Reichweite der Menschen.
Stolperzunge musste genau nachdenken. Wohin würde Yama seine Bande aus verzweifelten Jungen führen? Wohin könnte er sie in Sicherheit bringen?
Hierher , dachte er. Er wird glauben, dass ich weiß, was zu tun ist. Oder er könnte darauf vertrauen, dass unsere beiden Gruppen den Verfolgern zahlenmäßig überlegen sind. Er wird glauben, dass wir sie dann schlagen können. Falsch. Völlig falsch. Aber Stolperzunge musste es versuchen.
Er führte seine Gruppe schnell den Weg zurück, den sie gekommen waren. Sie mussten sich weit genug vom Schauplatz der Belagerung entfernen, damit man sie nicht hörte, aber nicht so weit weg, dass die beiden Jägergruppen sich begegneten.
Sie hatten eine Stelle erreicht, die hinter der nächsten Ecke des Hauptquartiers lag, als die ersten flüchtenden Menschen in Sicht kamen. Stolperzunge drängte seine Männer in Hauseingänge auf beiden Seiten der breiten Straße und gab das Zeichen für »Still!«. Dann signalisierte er »Schleuder!« und lächelte verbissen, als sie vorsichtig Steine in Schleudern aus Schleimerhaut legten. Nur Kubar gehorchte nicht. Er griff sich den ersten der flüchtenden Jäger und zischte ihm Anweisungen zu, die Stolperzunge nicht verstehen konnte. Obwohl er völlig erschöpft war, nickte der Junge und rannte weiter. Stolperzunge warf Kubar einen bösen Blick zu. Der Priester hätte dem Mann sagen sollen, hier zu warten, damit er mit ihnen kämpfen konnte.
Weitere Menschen liefen heftig schwitzend vorbei. Die meisten hatten ihre Speere zurückgelassen. Kubar versuchte nicht, diese Leute aufzuhalten, aber Stolperzunge vermutete inzwischen, der erste Mann hatte den Befehl erhalten, dass sie sich ein Stück weiter sammeln sollten.
In der Ferne wurde ein lautes Hämmern hörbar. Die zweite Barrikade , dachte Stolperzunge. In diesem Moment sollten er und seine Männer die Falle in der Gasse zuschnappen lassen. Stattdessen waren sie jetzt hier, viel zu weit entfernt, um noch etwas ausrichten zu können. Ihm lief ein kalter Schauder über den Rücken.
Mindestens zehn weitere Menschen waren vorbeigekommen, bevor Stolperzunge die ersten Skelette sah. Sie liefen im dichten Pulk, wie es eine gute Jagdgruppe tun sollte. Mit erhobenen Köpfen und gleichmäßigen Schritten trieben sie die verängstigten Menschen vor sich her. Yama bildete die Nachhut und brüllte einen rundgesichtigen Jungen an, der den Eindruck machte, als würde er jeden Augenblick zusammenbrechen.
Weiter! , dachte Stolperzunge. Weiter! Er gab den Männern, die ihn sehen konnten, hektische Zeichen, dass sie mit dem Angriff noch warten sollten. Er hoffte, dass der Befehl weitergegeben wurde und seine Jäger aus dem früheren Verhängnis gelernt hatten.
Der letzte der menschlichen Flüchtlinge kam an Stolperzunges Versteck vorbei. Jetzt blieben nur noch Yama und sein Freund.
Kommt schon!
Der Freund, ein Angeber, der bei den Mädchen sehr beliebt war, stolperte.
Yama blickte sich um, und als er sah, dass das nächste Skelett fast nur noch eine Speerlänge entfernt war, schrie er einmal auf und rannte noch schneller. Der Junge starb schreiend hinter ihm.
Die Skelette legten an Tempo zu, und ihre nach hinten gebogenen Beine schienen jedem Schritt zusätzliche Sprungkraft zu verleihen. Vielen lief der Geifer am Kinn hinunter, während die schmalen Münder arbeiteten und vier farblose Augen starrten. Stolperzunge wartete, bis der größte Teil der Gruppe vorbei war. Dann schrie er »Angriff! « in der einzigen Sprache, die er kannte, und schoss mit der Steinschleuder in die dichte Ballung der Bestien. Einen Herzschlag lang war er
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