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Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker

Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker

Titel: Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherie Priest
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die Richtung wechselte, presste Briar den Rücken gegen die Wandung, schob vorsichtig einen Fuß von der Kante und tastete mit ihrem Stiefel in der Dunkelheit umher. Nichts.
    Sie ließ sich noch ein Stückchen weiter hinunter, bis ihr anderes Bein unter ihrem Körpergewicht ächzte, selbst dann noch, als von unten wieder das Ausatmen kam.
    Nichts.
    Briar ließ sich so weit hinunter, dass sie sich mit den Händen auf der Rippe abstützen konnte, auf der sie stand. Ihre Schuhspitzen hingen im Nichts und fanden nichts.
    Noch ein Stück runter.
    Da.
    Ihre Sohlen berührten etwas Weiches, schoben es durch die Tastbewegung unabsichtlich beiseite, nur um auf etwas anderes Weiches, Kleines zu treten. Was immer sie dort mit ihren Stiefeln befühlte, es ruhte auf etwas Festem, und das genügte ihr, um den Griff ihrer müden Hände zu lösen.
    Briar fiel, nur ein Stück, und landete auf allen vieren.
    Etwas zerbrach unter ihren Händen und Knien mit hundert leisen Knacklauten, und als der Schacht wieder ausatmete, stoben ihr Dutzende flatternder Federn in die Haare. Es waren Vögel, tote Vögel – manche wohl schon lange tot, denn in der Brise raschelten brüchige Federkiele und halb verweste, abgelöste Flügel. Nur gut, dachte Briar, dass sie nichts sehen konnte.
    Sie fragte sich, warum die Vogelkadaver nicht jedes Mal, wenn der Luftstrom wechselte, durch den Schacht geschleudert wurden, aber noch während Briar mit den Händen umhertastete, überlegte sie, dass die Tierleichen sich wahrscheinlich genau hier, an einer ruhigen Stelle, die geschützt war vor den gewaltigen Atemstößen, gesammelt hatten.
    Briars Überlegung bestätigte sich, als sie aufstand und mit dem Kopf gegen eine Kante stieß: Die Stelle, an der sie gelandet war, war ein verwinkelter Bereich, an dem sich Unrat sammeln konnte. Geduckt, um sich nicht noch einmal den Kopf zu stoßen, streckte sie die Hände aus und tastete ihre Umgebung ab.
    Ihre Fingerspitzen stießen gegen eine Wand. Als sie dagegendrückte, gab die Wand ein wenig nach, und ihr wurde klar, dass sie nicht gemauert war. Aber wie Segeltuch fühlte sie sich auch nicht an, eher wie Leder. Vielleicht handelte es sich um mehrere, miteinander verleimte Schichten – Briar konnte es nicht sagen. Sie lehnte sich dagegen und setzte ihre Suche mit den Händen fort, nach oben, nach unten, tastete nach einer Naht oder einer Falte.
    Als sie nichts dergleichen fand, presste sie ein Ohr gegen die Barriere und war fast sicher, Stimmen zu hören. Die Wandung war zu dick oder die Geräuschquelle zu weit weg, um ein paar Wörter oder auch nur die Sprache zu verstehen, aber dennoch, es waren eindeutig Stimmen.
    Briar sagte sich, dass das ein gutes Zeichen war. Jawohl, es gab Menschen hier in der Stadt, und es ging ihnen gut – warum also nicht auch Zeke?
    Aber sie konnte sich nicht dazu durchringen, zu klopfen oder zu rufen; noch nicht. Also kauerte sie sich zwischen die vertrockneten Tierkadaver und lauschte angestrengt auf alles, was auf der anderen Seite vor sich ging. Briar konnte nicht ewig in diesem Federfriedhof verharren, konnte nicht so tun, als wäre sie hier sicher. Sie musste etwas unternehmen.
    Und wenigstens säße sie dann nicht mehr im Dunkeln.
    Briar ballte die Hände zu Fäusten und schlug gegen die dicke, sanft nachgebende Wandung. »Hallo!«, rief sie. »Hallo, kann mich jemand hören? Ist da draußen jemand? Hallo? Hallo – ich stecke hier in diesem … Ding. Kommt man hier irgendwie heraus?«
    Es dauerte nicht lange, da verlangsamte sich die mahlende Mechanik der ein- und ausatmenden Maschine und kam schließ lich ganz zum Stillstand. Jemand hatte sie bemerkt. Auf der anderen Seite der Wandung waren aufgeregte Stimmen zu hören, aber Briar konnte nicht sagen, ob die Leute verärgert waren oder erfreut, verdutzt oder verängstigt.
    Wieder und wieder hieb sie mit den Fäusten auf ihr Gefäng nis ein, wiederholte ihre lauten, beharrlichen Rufe, bis hinter ihr ein Lichtstreifen aufgleißte. Sie fuhr herum – wieder knirschte ein kleiner Kadaver unter ihren Füßen – und hielt sich eine Hand vors Gesicht. So schmal das weiße Band auch war, es stach in ihren Augen, als wäre es die Sonne.
    Der Umriss eines kahl geschorenen Kopfes hob sich darin ab, und eine Männerstimme rasselte etwas ebenso Hastiges wie Unverständliches. Der Mann winkte: rauskommen, rauskommen. Raus aus dem Loch, in dem sich die toten Vögel sammelten.
    Briar stolperte vorwärts, auf ihn zu, die Arme ausgestreckt.

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