Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
du.«
Zeke wusste nicht, was er von der Sache halten sollte, während er der rüstigen Frau nach oben folgte. Bis auf das merkwürdige weiße Leuchten von Angelines Laterne war es dunkel hier, selbst ein, zwei Stockwerke weiter oben. Durch die Fenster in den leeren, unfertigen Gängen konnte er erkennen, wie schwarz die Nacht draußen war. Es war stockfinster und so spät, dass es schon wieder früh war.
»Ich hab ihr einen Zettel hingelegt, aber … meine Mutter wird mich umbringen.«
»Das hängt alles von der Wahl des richtigen Zeitpunkts ab. Der Kniff ist, du musst lange genug wegbleiben, dass sie aufhört, wütend zu sein, und stattdessen anfängt, sich Sorgen zu machen … aber gleichzeitig musst du vermeiden, dass sie sich zu viele Sorgen macht, weil sie dann auch wieder wütend wird.«
Zeke musste schmunzeln, während er hinter ihr nach oben stapfte. »Sie müssen selber Kinder haben.«
Angeline erwiderte sein Lächeln nicht. Ihre Stimme war todernst, als sie auf der nächsten schuttbedeckten Stufe stehen blieb und sagte: »Ich hatte mal eine Tochter. Vor langer Zeit.« Dann ging sie weiter.
Irgendetwas an ihrem Tonfall hielt Zeke davon ab, weiter nachzufragen.
Er schnaufte hinter ihr her und konnte über ihre Energie und Kraft nur staunen – auch über gewisse andere Eigenschaften, an denen Interesse zu äußern jedoch unangemessen gewesen wäre. Er hätte zu gern gewusst, wie alt sie war, aber er verkniff sich die Frage und wollte stattdessen wissen: »Warum ziehen Sie sich eigentlich wie ein Mann an?«
»Weil es mir so gefällt.«
»Wie seltsam.«
»Wenn du meinst.« Und dann fügte sie hinzu: »Du kannst deine andere Frage ruhig auch stellen, wenn du willst. Ich weiß, dass du darüber nachgrübelst. Du grübelst so laut, dass ich es fast hören kann. Als ob man den Krähen draußen zuhört.«
Zeke hatte keine Ahnung, was das nun wieder hieß; aber er hatte nicht vor, sie direkt zu fragen, seit wann sie schon auf Erden wandelte, darum näherte er sich dem Thema über einen Umweg. »Wie kommt es, dass es hier keine jungen Menschen gibt?«
»Junge Menschen?«
»Nun ja, Rudy ist alt genug, um mein Vater zu sein – mindestens. Und die Chinesen, die ich gesehen habe, die sahen auch fast alle so alt aus … oder sogar noch älter. Und dann Sie. Sind alle hier unten …?«
»Alt? Wenn man bedenkt, dass du wahrscheinlich eine andere Vorstellung von ›alt‹ hast als ich, dann liegst du wohl richtig. Und dafür gibt es natürlich einen Grund. Einen ganz einfachen Grund, der dir bestimmt einfällt, wenn du mal darüber nachdenkst.«
Zeke schob einen umgestürzten Balken aus dem Weg, um nicht darunter durchklettern zu müssen. »Zum Nachdenken bin ich gerade ein bisschen zu beschäftigt.«
»Na, das ist ja ein Ding. Zum Nachdenken zu beschäftigt . Gerade wenn man beschäftigt ist, sollte es mit dem Denken ganz besonders schnell gehen. Das heißt, wenn du hier unten länger überleben willst als ein Floh auf einem Hund.« Sie wartete auf dem Treppenabsatz, bis Zeke sie eingeholt hatte. Dann hielt sie die Laterne hoch, blickte nach oben und sagte: »Ich höre sie schon, die Männer vom Schiff. Sie sind nicht gerade die Nettesten, die ganze Bande nicht, aber ich glaube, du wirst schon klarkommen. Du lässt dir das mit dem Flug doch gerade durch den Kopf gehen, oder?«
»Ja, Ma’am.«
»Gut. Und jetzt erzähl mir mal, solange wir noch über diese Treppen steigen, warum es hier unten keine Kinder wie dich gibt.«
»Weil …« Ihm fiel wieder ein, was Rudy über die Chinesen gesagt hatte – warum sie keine Frauen hatten. »Es gibt hier unten keine Frauen. Und normalerweise kümmern sich Frauen um die Kinder.«
»Keine Frauen?«, entgegnete Angeline beleidigt. »Ich bin doch wohl eine. Und ob es hier unten Frauen gibt.«
»Aber ich meinte junge Frauen«, korrigierte sich Zeke und merkte erst dann, was er da gerade gesagt hatte. »Ich meinte jüngere Frauen als … Ich meinte Frauen, die Kinder kriegen können. Und dass es bei den Chinesen keine Frauen gibt, das weiß ich. Hat Rudy mir erzählt.«
»Na, das nenne ich eine Überraschung. Da hat Rudy tatsächlich mal die Wahrheit gesagt. Es stimmt, ja. Es gibt in der Stadt keine chinesischen Frauen, und wenn doch, dann habe ich sie nie gesehen. Aber ich sage dir etwas, ich kenne noch mindestens eine weitere Frau, die hier unten lebt. Eine einarmige Kneipenwirtin namens Lucy O’Gunning, und einarmig hin oder her, Männer fürchten sich vor ihr
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