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Bony und die weiße Wilde

Bony und die weiße Wilde

Titel: Bony und die weiße Wilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur W. Upfield
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ihr gegängelt zu werden. Ihr Mann war körperlich und geistig noch immer gesund, ließ sich aber zu sehr von seinen Gefühlen leiten und war darum offensichtlich froh, von einer festen Hand geführt zu werden.
    Bony lächelte. Es war ein deprimierendes Lächeln.
    »In Ihrer Vorstellung scheint Marvin noch immer der zu sein, der er einmal gewesen ist - der prahlerische, furchtlose Marvin, die intelligente Führernatur. Marvin, der so schöne Worte zu gebrauchen verstand und soviel Ehrgeiz besaß. Aber schon damals war dies alles nur Fassade, hinter der er sein wahres Gesicht verbarg. Lews Vater, Lew selbst und auch dessen Sohn Fred hatten das schon früh erkannt. Aber niemand kann besser darüber Bescheid wissen als Marvin selbst. Er ließ niemanden hinter seine Fassade schauen. Sie war für ihn wie ein schützender Mantel, in dem er sich völlig sicher vor seinen Mitmenschen fühlen konnte. Er hat alle an der Nase herumgeführt. Die Menschen, die ihm am nächsten standen, die Gefängnisbeamten und sogar die Psychiater.«
    Bony hob die Hand. »Marvin weiß natürlich, daß dieser in Südaustralien begangene Mord für ihn den Galgen bedeutet. Und er kann sich denken, daß die Polizei eingeborene Spurenleser auf seine Fährte setzen wird - sobald bekannt wird, daß er sich an der Lagune aufhält. Und diese Spurensucher, Lew und Fred, hat er wohl von jeher gefürchtet, weil er weiß, daß die ihn schon vor langer Zeit durchschaut hatten. Marvin befand sich in der Blockhütte, als er erfuhr, daß die Polizei hinter ihm her ist und der Galgen auf ihn wartet. Ihn muß eine solche Angst überfallen haben, daß es die Eingeborenen bis zum heutigen Tag riechen können.«
    Matt und Emma musterten den Mann, der mit einer fast ungeduldigen Bewegung seine Zigarette ausdrückte.
    »Und noch etwas«, fuhr er fort. »Marvin Rhudder ist unberechenbar. Ich halte ihn sogar für fähig, seine eigenen Eltern umzubringen. Und genausogut könnte er hier in dieses Haus eindringen und jeden töten, den er antrifft und von dem er glaubt, daß er sich seinen Wünschen nicht fügen wird. Ich bezweifle allerdings, daß er seinen Schlupfwinkel verlassen wird, aber man darf diese Möglichkeit nicht außer acht lassen. Er hat Angst - entsetzliche Angst. Und man weiß, wozu die Angst einen so unberechenbaren Menschen treiben kann. Ich sage Ihnen das, damit Sie die nötigen Vorkehrungen zu Ihrem eigenen Schutz treffen können.«
    Matt stand mit einem Ruck auf. Seine Augen blitzten zornig.
    »Wenn er sich hierher wagen sollte, schieße ich ihn ohne Anruf nieder«, rief er erregt. »Ich habe nicht vergessen, was er Rose angetan hat.«
    »Sie haben überhaupt nicht verstanden, was ich Ihnen klarzumachen versuchte, Matt«, sagte Bony ruhig. »Sie glauben, daß Marvin hierherkommen und um Essen bitten könnte. Sie sehen ihn anders als ich ihn sehe. Sie wollen ihn niederschießen, aber ich sage Ihnen, daß er Ihnen gar keine Gelegenheit dazu lassen wird.«
    Er seufzte gedankenverloren.
    »Für die Leute an der Lagune kann ich leider gar nichts tun. Sie aber bitte ich, vernünftige Vorkehrungen zu treffen. Schließen Sie die Türen gut ab und lassen Sie einen der Hunde im Wohnzimmer schlafen. Und Sie halten sich immer in Emmas Nähe, Matt. Ich kann nicht hierbleiben. Nachdem ich nun mit Bestimmtheit weiß, daß Marvin die Küste noch nicht verlassen hat, muß ich pausenlos nach ihm suchen.«
    Matt ließ sich wieder auf seinen Stuhl fallen, als wenn ihm die Beine den Dienst versagten.
    »Vielen Dank, Nat«, sagte Emma. »Ich glaube, wir waren wirklich ein wenig mit Blindheit geschlagen. Aber machen Sie sich jetzt keine Sorgen mehr. Möchten Sie noch eine Tasse Tee, bevor Sie zu Bett gehen?«
    Über Bonys ernstes Gesicht glitt ein strahlendes Lächeln. »Sie kennen genau meine schwache Stelle, Emma.«

14

    Die Nacht war kühl und still. Nur die Düfte von Emmas Blumen und die mannigfachen Gerüche des nahen Waldes drangen in Bonys Zimmer. Dann aber begann ein Hund zu knurren, und Bony wachte augenblicklich auf. Ein zweiter Hund bellte, und im nächsten Augenblick stimmten auch die übrigen in das Gekläffe ein. Die Hunde kündigten an, daß sich ein Wagen von der Lagune näherte.
    Im grüngestreiften Pyjama lief Bony aus dem Haus und rannte die kurze Strecke zur Straße nach Timbertown. Erst jetzt hörte er das Motorengeräusch des Wagens, der mit ungefähr vierzig Stundenkilometern über den unbefestigen Buschpfad rumpelte.
    Die Scheinwerferstrahlen brachen

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