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Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)

Titel: Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tee Morris , Pip Ballantine
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Kolonien, von denen Devane so geringschätzig gesprochen hatte, war den Frauen bereits vor zwei Jahren das Stimmrecht zuerkannt worden. Darum liebte Eliza die Kolonien – dort existierten keine altertümlichen Konventionen, auf die sich die Leute hätten berufen können. Dank der Stummheit, die Wellington ihr nach eigenem Gutdünken aufgezwungen hatte, war sie nicht einmal in der Lage, der Frau ein paar freundliche Worte weiblicher Anteilnahme zu schenken.
    An diesem Wochenende würde Eliza die Unterwürfige spielen müssen – und dafür konnte es wohl keine bessere Vorlage geben als Lady Olivia Devane.
    Doch Wellingtons Demonstration aristokratischer Geisteshaltung machte sie momentan ohnehin sprachlos. »Hyacinth hat noch nichts dergleichen geleistet«, sagte er in einem Ton, der dem von Devane unheimlich nahe kam, »aber der Ring an ihrem Finger ist gerade erst warm geworden. Ich kann mich noch eine Weile mit ihr vergnügen, bevor ich sie zum Gnadenbrot auf die Weide schicke.«
    »Fürwahr, fürwahr.« Der widerliche Aristokrat blies eine Rauchwolke aus, und durch den Dunst hindurch bedachte er sie mit einem wissenden Grinsen.
    Eliza antwortete darauf mit einem unterwürfig züchtigen Lächeln, während sie ihm im Geiste die Nase in den Schädel rammte. Ihre Fantasie beschwor auch Wellington herauf: auf den Knien, gleich neben Devane an Händen und Füßen gefesselt, damit er das Gemetzel beobachten konnte – und wusste, dass er der Nächste war.
    »Hyacinth!«, blaffte Wellington, und Eliza fuhr erschrocken zusammen. »Hör mit deiner ewigen Tagträumerei auf und komm!«
    Sobald sich die Gelegenheit dazu ergab, würde Eliza mit Wellington ein ernstes Wort über die Rollenverteilung reden müssen.
    Im Flur des Hauses schaute Eliza sich verstohlen um. Er war mit dunklem Holz vertäfelt, und an den Wänden hingen zahlreiche Jagdtrophäen. Eliza konnte solche Räume nicht ausstehen; von traurigen, anklagenden Augen angestarrt zu werden, war beklemmend. Tiere lediglich zum Vergnügen zu töten, fand sie schlichtweg abscheulich.
    Devane sah die vermeintlichen St. Johns mit scheelen Blicken an, während seine Frau – ganz wie ein kleines Tier, das sich vor der Bestie verstecken muss – schnell in eine dunkle Ecke huschte, wo sie aus der Schusslinie war. »Also gut, ich überlasse Sie nun sich selbst. Sie dürften noch genug Zeit haben, sich mit Ihrem Wochenendquartier vertraut zu machen. Unsere Gastgeber werden erst zum« – sein Blick wanderte zu Eliza – »Dinner zurückerwartet.« Bei seiner seltsamen Betonung des Wortes »Dinner« verkrampfte sich Elizas Magen. Dann verzog er den Mund zu einem Lächeln, und seine Zähne blitzten auf. »Ich bin gespannt, was Sie zu Havelocks Dessert sagen werden. Er ist weithin bekannt für seine Nachspeisen.«
    Devane hielt seiner Gattin die offene Hand hin, und sie legte ihre Fingerspitzen hinein. Gemeinsam verschwanden sie in einem Raum, bei dem es sich vermutlich um das Arbeitszimmer handelte.
    Eliza biss die Zähne so fest zusammen, dass ihr der Kiefer wehtat, aber auf diesen Schmerz konnte sie sich nun konzentrieren, während Wellington und sie von einem Diener nach oben zu ihrem Zimmer geführt wurden, dicht gefolgt von zwei Kofferträgern mit dem Gepäck. Der Diener öffnete eine blank polierte Eichentür, und sie traten ein. Eliza stand neben Wellington – so stumm, wie sein zweifelhafter Geistesblitz sie gemacht hatte – und beäugte ihre ländlich luxuriöse Unterkunft: ein geräumiges Schlafzimmer mit einem schönen Blick auf den Garten, einem Himmelbett, an dessen Fußende ein großer Waschtisch stand, einer Sammlung alter Meister an den Wänden und einem neu glänzenden Phonographen am Fenster.
    »Dinner wird in einer Stunde serviert«, eröffnete ihnen der Dienstbote in bedächtig moderatem Ton. Mit einem Kopfnicken deutete der hochgewachsene Mann eine Verbeugung an, dann zog er sich wortlos zurück.
    Wellington wollte etwas sagen, doch Eliza hob warnend den Zeigefinger. Doch sobald die Schritte des Dieners nicht mehr zu hören waren, fuhr sie herum, packte Wellington am Revers und warf ihn – mit einem lustvollen Seufzer – aufs Bett.
    Dem Archivar wich alle Luft aus den Lungen, seine Augen weiteten sich, und er riss vor Schreck den Mund auf. Aber bevor ihm auch nur ein Wort über die Lippen kommen konnte, stürzte Eliza sich auf den völlig verwirrten und buchstäblich überwältigten Wellington und machte ihn mit vollem Körpereinsatz bewegungsunfähig.

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