Books & Braun: Das Zeichen des Phönix (German Edition)
Phönix hat überaus tiefe Wurzeln, die weit über die kulturellen Grenzen Britanniens hinausreichen. Diese Bewegung könnte durchaus bis in römische Zeiten zurückreichen, als die halbe Welt Teil des Römischen Reiches war oder vielmehr aus Ländern bestand, die zu Provinzen Roms geworden waren. Eine Besonderheit ist mir bei meinen Nachforschungen jedoch aufgefallen: auf Relikten der römischen Antike finden sich keine Darstellungen des Phönix, weder auf den öffentlich dokumentierten noch auf denen in unserem Archiv.«
»Also ein Kavaliersclub, der die alten Römer offenbar ausschloss. Nicht sehr kavaliergemäß.«
»Es sei denn«, erwiderte er und blätterte in den Seiten des nächsten Wälzers, »das war Absicht. Vielleicht entstand der Geheimbund aus einer Gruppe von Dissidenten. Einer Untergrundbewegung, die sich einem einzigen Ziel verschrieben hatte.«
»Dem Sturz des Römischen Reiches?«
»Ein gemeinsames Ziel für eine Vielzahl von Menschen aus aller Herren Länder, die Rom erobert hatte.«
Eliza nickte und zog einen Mundwinkel hoch. »Und der große Phönix erhebt sich aus der Asche. Wirklich, eine interessante Theorie, Welly.«
»Ja, ich bedaure nur, dass ich keine eindeutigen Beweise habe, um sie zu untermauern. Aber es ist immerhin eine Theorie. Na, jedenfalls handelt es sich bei Ihrer Vermutung tatsächlich um die Maxime der Gesellschaft des Phönix, wie man der Inschrift des Wappens hier entnehmen kann.« Er zog das Buch mit der detaillierteren Abbildung unter dem anderen hervor und legte es obenauf. »So. Bitte schön, Miss Braun«, sagte er. »Eine grobe Übersetzung des Lateinischen könnte folgendermaßen lauten …«
»Aus Asche und Chaos erheben sich Ordnung und Gleichgewicht.« Ihre Fingerspitzen zeichneten das Wappen nach, während sie es in allen Einzelheiten studierte. »Ich kann Latein lesen und auch verstehen, was aber nicht heißen soll, dass mir der Unterricht Spaß gemacht hätte.« Dann hellte sich ihre Miene auf, und sie atmete tief ein. »Mit meinem Latein lehrer war es allerdings etwas anderes. Der konnte einem kleinen Schulmädchen gehörig den Kopf verdrehen.«
Wellington spürte ein Prickeln im Nacken und zupfte ein wenig an seinem Hemdkragen herum. »Ja, nun …«, stammelte er. Nach einem schnellen Räuspern fuhr er fort, wobei er Elizas schalkhaftes Lächeln zu ignorieren versuchte. »Die Geschichte der Gesellschaft des Phönix – zumindest ihre öffentliche Geschichte – ist recht dubios, wenn nicht gänzlich der Fantasie entsprungen. Königin Elisabeth, so verzeichnete der Hofhistoriker, machte sie zum Gegenstand ihres persönlichen Interesses.« Er rückte seine Brille zurecht und warf einen Blick in das offene Buch auf seinem Schreibtisch. »Ihrer Obession, könnte man sogar behaupten. Jedenfalls war sie fest überzeugt, dass die Gesellschaft des Phönix ihre Herrschaft unterminieren wollte, und hatte daher ein Gesetz erlassen, das jeden zum Tode verurteilte, der mit diesem Geheimbund in irgendeiner Form verbunden war.«
»Also blieben die Mitglieder der Gesellschaft weiterhin im Untergrund und Königin Liz regierte bis ans Ende ihrer Tage?«
»Höchstwahrscheinlich.«
»Gut, und wie ging es weiter mit der Gesellschaft des Phönix?«
Wellington nickte und lachte in sich hinein, als er das nächste Buch aufschlug.
»Mein lieber Mann! Wie viele Bücher haben Sie denn durchgearbeitet, während ich mich draußen umgehört habe.«
»Alles eine Frage der Methode, Miss Braun«, erwiderte er und legte ihr ein Pergament vor. »Dieses Schriftstück ist ein weiterer Beleg für die Existenz dieser Geheimgesellschaft in England. Womöglich der einzige handfeste Beweis, abgesehen vom wiederholten Auftauchen des Emblems.«
Ganz am unteren Rand sah sie ein prächtiges Siegel. Bei eingehender Betrachtung erwies es sich als ein Goldblattdruck des mittlerweile wohlvertrauten Emblems. Im Laufe der Zeit war das Gold zwar angelaufen, und einige Details fehlten bereits, aber es handelte sich zweifellos um dasselbe Emblem – nur diesmal in direktem Zusammenhang mit sieben Unterschriften.
Sie musterte das Pergament von oben bis unten. »Was ist das?«
»Eine feierliche Erklärung«, antwortete Wellington breit grinsend, »mit der sich die Unterzeichner verpflichten, Maria, der Tochter von König Jakob dem Zweiten, und ihrem Gatten, Wilhelm von Oranien, eine helfende Hand zu reichen, um ein Zeitalter der Reformen einzuläuten.«
Eliza sah verblüfft auf. »Die Unsterblichen
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