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Borderlands

Borderlands

Titel: Borderlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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sie nur die Luft neben meiner
Wange küsste. Ich nahm den Duft von Kokosnuss wahr, und der würde mir beinahe
ebenso lang im Gedächtnis bleiben wie das Gefühl ihrer Wange an meiner, ihres
Atems, der meine Haut streifte.
    Ich sah ihr
nach, als sie zurück durchs Hauptbüro der Wache und an Burgess vorbei
hinausging, wobei mir auffiel, dass mehrere Kollegen im Raum das Gleiche taten.
    Caroline
Williams’ Gesicht erschien in meinem Blickfeld. »Ihre Frau ist am Telefon, Sir.
Soll ich ihr sagen, Sie sind beschäftigt?«, fragte sie und ging, ehe ich
antworten konnte.

4
    Montag,
23. Dezember
     
    Strabane und Lifford liegen einander im
Abstand von nur knapp einem Kilometer gegenüber, zwischen sich zwei Flüsse: den
Finn und den Mourne, die sich in der Mitte zwischen der nordirischen Stadt und
unserem Städtchen in der Republik Irland mit dem Foyle vereinigen. Der Foyle
fließt dann kilometerweit durch Derry und weiter bis zum Lough Foyle, wo er in
den Atlantik mündet. Eine Brücke führt über die Stelle, wo die drei Flüsse
aufeinander treffen; sie befindet sich auf traditionell unbeanspruchtem
Territorium, mehrere hundert Meter vom ehemaligen Kontrollpunkt der britischen
Armee während der Unruhen wie auch vom irischen Zollposten entfernt. Genau in
diesem Teil des Grenzgebiets hatte man Angela Cashell gefunden. Gleich neben
der Zollbaracke führt eine scharfe Kurve links zum Krankenhaus von Lifford;
dahinter versteckt, aber davon getrennt, liegt das Finnside-Pflegeheim.
    Ich saß im Auto und rauchte. Ich hatte einen
guten Blick auf den Fluss und sah weiter unten an der Flussbiegung das
Absperrband, das immer noch im Wind flatterte. Ich dachte über den Tod des
Cashell-Mädchens nach. Und ich fragte mich, warum ich gleich Zeit mit dem
Geschwafel eines senilen alten Mannes verschwenden würde, obwohl die
Mordermittlungen viel dringender waren. Ich sagte mir, ich täte es aus Respekt
vor dem, was Powell für den Donegal getan hatte; ich täte es, damit sein Sohn
sich nicht mehr öffentlich über das Desinteresse von An Garda beschwerte; ich
sagte mir, es hätte nichts damit zu tun,
dass es mich auf seltsame Weise wieder in den Dunstkreis von Miriam Powell
brachte.
    Das Pflegeheim
war recht hübsch – für eine solche Einrichtung. Die Wände waren in neutralen
Farben gehalten, vorwiegend weiß und hellrosa. Der Teppich war dunkelrot. An
verschiedenen Stellen im Empfangsbereich brannten Duftkerzen und Duftlampen,
die den unverkennbaren Geruch nach Desinfektionsmittel und Urin jedoch nicht
überdecken konnten. Die Inhaberin des Heims, Mrs MacGowan, winkte mir aus ihrem
Büro zu und deutete auf das Handy, mit dem sie gerade telefonierte. Ich ging
zur Tür und wartete, bis sie ihr Gespräch beendet hatte.
    »Ben, kommen
Sie herein«, sagte sie, als sie fertig war. »Tut mir leid – meine Tochter kocht
für ihre Schwiegereltern und wollte wissen, wie man Rindfleisch zubereitet. Was
habe ich bloß falsch gemacht?« Sie lachte, ein leises klimperndes Lachen, das
vermutlich den Kindern ihrer Patienten vorbehalten war, als wäre die
körperliche Beeinträchtigung ihrer Eltern eine Lappalie.
    »Ich möchte zu
Tommy Powell, Mrs MacGowan. Ich glaube, bei ihm war ein Eindringling.«
    »Das sagt er«,
erwiderte sie, und an ihrer Miene erkannte ich, dass Powell wohl nicht ihr
Lieblingspatient war. »Natürlich war jemand in seinem Zimmer. Das Personal
sieht alle zwei, drei Stunden nach ihm. Das gehört zu unserem Service. Sie
können gerne zu ihm gehen, aber es ist reine Zeitverschwendung, Ben. Nächste
Woche wird jemand versuchen, sein Abendessen zu vergiften. Warten Sie’s ab.«
     
    Die Tür zu seinem Zimmer stand offen, und ich
sah, dass Tommy Powell aufrecht im Bett saß und von einer jungen Pflegerin in
rosa Uniform mit Milchreis gefüttert wurde. Verwundert beobachtete ich sie
dabei – immer wieder schabte sie mit dem Löffel Reis von seinem Kinn und
plauderte dabei über ihren freien Abend, ihre Zukunftspläne, alles, was das
Schweigen füllte und sie davor bewahrte, seinen mühevollen keuchenden Atem oder
das leise Grunzen zu hören, das er beim Essen von sich gab. Die Haare hatte sie
unter ihre Haube gesteckt, aber ich konnte sehen, dass der Ansatz schwarz war.
Ihr Hals war schlank, die Haut weich und weiß wie Lilienblätter.
    Ich klopfte
sachte an die Tür, und als sie mich bemerkte, errötete sie sanft. Irgendetwas
an ihr kam mir bekannt vor, aber ich konnte sie nicht einordnen. Ich nahm an,
dass es ihr ebenso

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