Borderlands
konnten ihr
nicht weiter folgen.
»Pech«, sagte
ich zu dem Mann aus Raphoe und deutete ein Lächeln an.
»Zeit, nach
Hause zu gehen, Partner«, sagte er, schulterte sein Gewehr und suchte sich
vorsichtig einen Weg zurück das Feld hinab, während die übrigen Männer
herbeirannten, um zu sehen, was geschehen war.
Etwa eine halbe Stunde später ging ich die
Straße entlang zurück und schlüpfte hinters Haus, um nachzusehen, ob die Hütte
immer noch verschlossen war. Ich rüttelte am Vorhängeschloss und wollte gerade
ins Haus gehen, da vernahm ich in der Hütte ein leises Wimmern. Ich schloss auf
und ging hinein.
Frank lag zusammengerollt in einer Ecke, und
unter ihm auf dem Boden der Hütte war gerinnendes Blut. Er hob ein wenig den
Kopf und sah mich an, doch seine normalerweise blutunterlaufenen Augen waren
bleich und stumpf. Er leckte erfolglos über den Bereich auf seiner Flanke, wo
der Schuss ihm das Fell abgeschürft hatte, und mir fiel auf, dass sein rechtes
Ohr, das ihm normalerweise bis auf den Boden hing, zerfetzt und zerrissen war,
die Oberfläche blutig und dunkel. Seine schneeweiße Brust war rosarot vom Blut;
allerdings wusste ich nicht, ob er dort auch blutete oder das Blut von seinem
Ohr stammte.
Er jaulte
leise, als ich ihn hochhob und zum Auto trug. Ich legte eine Picknickdecke auf
den Rücksitz und Frank darauf, wobei ich mich beeilte – wehe, wenn die Bauern,
die, enttäuscht über die Ausbeute der nächtlichen Jagd, übers Feld kamen, ihn
entdeckten und begriffen, was geschehen war. Dann rannte ich rasch die Treppe
hinauf zu Debbie, die im Bett saß und eine Zeitschrift las. Sie hatte die
Schüsse gehört und fragte neugierig, was passiert sei. Ich bat sie, den
Nottierarzt in Strabane anzurufen, denn ich befürchtete, wenn wir Frank zu
einem Tierarzt in Donegal brächten, würde Anderson irgendwann davon hören.
Ich musste
zwanzig Minuten vor der Praxis warten, bis die Tierärztin kam und mir half,
Frank auf den Stahltisch im Behandlungsraum zu legen. Dann gab sie ihm eine
Spritze, die ihn nach wenigen Sekunden außer Gefecht setzte, und wusch sich die
Hände. Ich erzählte ihr die halbe Wahrheit: Ich hätte auf einen Fuchs
geschossen, und der Hund sei mir in die Schusslinie gelaufen.
»Und ich
dachte schon, das hätte mit der Jagd auf die Wildkatze bei euch zu tun.« Sie
strich sich mit einer blutigen, behandschuhten Hand eine Haarsträhne aus dem
Gesicht und lächelte mich an, bevor sie sich wieder dem Säubern der Wunden
widmete.
Der Schuss
hatte Frank am Bein ein Stück Haut abgeschürft, doch schwerere Verletzungen
hatte er nicht. Sein eines Ohr war übel zerrissen und nur noch halb so lang wie
zuvor, was bedeutete, dass ein Teil davon, ein samtiger blutbefleckter Fetzen,
nun auf Andersons Feld lag. Die Ärztin bandagierte Franks Ohr und band es ihm
hinter dem Kopf hoch, dann trug sie auf seinem Bein dick Salbe auf und legte ihm
einen Verband an. Schließlich ging sie in eine Kammer und holte eine Flasche
mit Pillen: Antibiotika gegen die Infektionsgefahr.
»Ich hoffe,
Sie wurden nicht auch versehentlich angeschossen«, bemerkte sie und nickte in
Richtung des Verbands an meiner Hand, während ich Frank wieder auf den Rücksitz
verfrachtete.
»Nein, ich bin
gebissen worden.«
»Von ihm?«,
fragte sie besorgt.
»O nein«,
erwiderte ich. »Von einem Menschen.« Ich schloss die hintere Autotür. Sie sah
mich immer noch an, nun stärker um mein geistiges Wohlergehen denn um meine
körperliche Gesundheit besorgt.
»Mich wundert
gar nichts mehr«, sagte sie schließlich achselzuckend und nahm das Geld
entgegen, das ich ihr gab.
10
Freitag, 27. Dezember
Am nächsten Morgen ging ich um halb acht aus
dem Haus und fuhr zu Williams, die in Ballindrait in einem eingeschossigen Haus
mit zwei Schlafzimmern wohnte. Als ich beinahe dort war, kam mir ein blauer
Ford Sierra entgegen. Die Scheiben waren beschlagen und vereist, doch ich war
mir fast sicher, dass der Mann, der sich übers Lenkrad beugte und aussah, als
hätte man ihn aus dem Bett geworfen, Jason Holmes war.
Ich fragte Williams erst zwanzig Minuten
später danach, als wir gerade durch Ballybofey fuhren. »Habe ich heute Morgen
Holmes
bei Ihnen aus dem Haus kommen sehen?«, fragte ich so unschuldig ich konnte.
»Ja, Herr
Pfarrer, haben Sie«, erwiderte sie und sah auf ihrer Seite aus dem Fenster. »Er
hat auf dem Sofa geschlafen«, fügte sie hinzu und wandte sich mir zu.
»Hey, danach
habe ich nicht gefragt. Geht mich
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