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Borderlands

Borderlands

Titel: Borderlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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ansehen?«
    »Keine Chance.
Einen Tag nach seinem Tod ist die Stadtverwaltung ausgerückt und hat die Bude
ausgeräuchert. Letzten Montag haben sie eine rumänische Familie da
untergebracht. Haben ihnen die Geschichte nicht erzählt. Haben einfach gehofft,
die sehen die Blutflecken überall auf dem Boden nicht. Alles, was er besessen
hat und nicht versteigert worden ist, ist da in dem Karton.«
    Während
Williams das Gespräch fortführte, öffnete ich den Karton und sah ihn durch: ein
Päckchen Zigaretten, ein Schlüsselbund, ein Bündel Briefe und Fotos.
Geistesabwesend blätterte ich die Fotos durch und fand eines, das ich
wiedererkannte. Ich benötigte einen Augenblick, bis ich es einordnen konnte
oder vielmehr bis ich mich erinnerte, wo ich es schon einmal gesehen hatte.
Eine Frau saß an einem Strand auf einer Treppe. Es war das gleiche Foto, das
ich hinter einer Efeuranke an dem Baum entdeckt hatte, neben dem man Angela
Cashell gefunden hatte.
    »Wer ist
das?«, fragte ich Daly und hielt das Foto hoch.
    »Seine
Mutter?«, riet Daly. »Falls er eine hatte.«
    »Das behalte
ich, wenn Sie nichts dagegen haben«, sagte ich und wollte plötzlich so schnell
wie möglich zurück nach Lifford zum Fundort von Angela Cashells Leiche, um zu
überprüfen, ob die Fotos identisch waren.
    »Gibt es
nichts, was Ihnen sonderbar vorkam? Nichts, das diesen Mord von den üblichen
Drogenmorden unterscheidet?«, fragte Williams, die wohl fürchtete, unser
Ausflug sei reine Zeitverschwendung gewesen.
    »Nichts. Bis
auf die Sache mit den Zigarettenbrandmalen. Ich hoffe, der Täter hat Ratsy
dabei gefilmt. Für den Film würde ich sogar Eintritt zahlen.«
    Wir hielten
zum Mittagessen an einer Imbissbude, und ich erklärte Williams die Sache mit
dem Foto. Sie bot an, Holmes anzurufen und ihn zu bitten, das Foto für uns zu
sichern. Dann fuhren wir zurück nach Donegal in die Stadt zum Juwelier.
Unterwegs hielten wir an, damit ich einen Schokoladenkuchen für Debbie kaufen
konnte. Ich hoffte, der Ring würde einige Fragen beantworten. Doch stattdessen
warf er neue Fragen auf.
    Wir kamen gegen fünfzehn Uhr dreißig wieder
im Juweliergeschäft an und wurden Charles Hendershot vorgestellt, einem alten
Mann mit weißem Haar und einem dicken geschwungenen Schnauzbart. Er war klein
und gebeugt, seine Bewegungen bedächtig und vorsichtig. Seine Finger verjüngten
sich zu den Spitzen hin und waren eher feminin, seine Haut so zart wie
gealtertes Papier. Er saß hinter dem Hauptverkaufstisch auf einem antiken, mit
rotem Samt gepolsterten Stuhl, die Füße in Knöchelhöhe überkreuzt. Vor ihm
lagen der Ring und ein ramponiertes ledergebundenes Geschäftsbuch. Sein Kopf
zitterte ganz leicht beim Reden.
    »Ich erinnere mich an diesen Ring«, sagte er
sanft, nachdem wir uns mit ihm in den hinteren Teil des Geschäfts gesetzt
hatten. »Ich erinnere mich an jedes Stück, das ich mache. Jedes ist
einzigartig. Jedes ist ein Kunstwerk.« Er hob einen langen Finger und richtete seine
Worte hauptsächlich an Williams, die ihm zugewandt saß. Ihre Hand ruhte auf der
Armlehne seines Stuhls. »Wissen Sie, 1979 hat man mich sogar gebeten, ein Stück
für den Papst zu machen, als er nach Drogheda kam. Der Präsident selbst hat
mich gebeten, ein Kreuz für ihn anzufertigen.«
    »Wirklich?«,
fragte Williams, und er lächelte sie beinahe jungenhaft an.
    »Diesen Ring
habe ich 1978 gemacht. Im Juni 1978. Ich habe ihn hier im Geschäftsbuch
gefunden. Ich habe jedes Jahr den Stil gewechselt. In jenem Jahr habe ich
Rosenschliffe gemacht. Das ist ein altmodischer Schliff, aber damals habe ich
ihn verwendet, und ’85 wieder und 1991 noch einmal, aber nie mehr mit
Mondsteinen.«
    »Woher wussten
Sie noch, dass es Juni war?«, fragte Williams, und ich glaube, sie klimperte
mit den Wimpern.
    »Ganz einfach,
meine Liebe«, sagte er und tätschelte ihr ganz sachte die Hand. »Der Mondstein.
Das ist der Monatsstein für Juni, genau wie Perlen. Also Juni 1978. So hatte
ich es in Erinnerung, und ich hatte recht«, sagte er, beugte sich langsam vor
und klopfte auf das Buch. »Da drin steht’s.«
    »Was ist mit
dem › AC ‹, Mr
Hendershot?«, fragte ich. »Haben Sie das eingraviert?«
    »Ja. Es sollte
eigentlich heißen: ›Von AC .‹ Aber das war für so einen Ring zu lang. Also haben sie sich für › AC ‹
entschieden.«
    »› Von AC ‹, nicht › Für AC ?‹«, fragte
Williams nach.
    »Ja. Das ist
merkwürdig. Eigentlich gehören auf ein Schmuckstück die

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