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Borderlands

Borderlands

Titel: Borderlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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glaube,
ich muss zur Beichte gehen«, erklärte ich.
    Unser Pfarrer war ein älterer Herr namens
Terry Brennan. Er war vier Jahre zuvor nach Lifford gezogen, nachdem er
vierzehn Jahre lang in einer der rauesten Gegenden von Derry gearbeitet hatte.
Viele hielten ihn für ein tollpatschiges Relikt aus der Blütezeit des
Katholizismus; nur wenige wussten, dass er Ende der 1970er, Anfang der 1980er
mehrere Jahre lang zwischen der IRA und Ministern
der britischen Regierung vermittelt hatte. Er fühlte sich keiner der Gruppen
zugehörig, doch es war ihm gelungen, sich des Respekts beider Seiten zu
versichern und, wichtiger noch, bei beiden Gehör zu finden.
    Die Messe um zehn Uhr dreißig war noch nicht
vorbei, deshalb blieben wir im Auto sitzen, bis die wenigen weiblichen
Gemeindemitglieder heraus in die Morgensonne kamen, Mäntel anzogen oder der
Kälte wegen ein Kopftuch umbanden. Dann betrat ich die Kirche.
    Die Sonne
schien durch die Buntglasfenster, sodass sich über den weißen Marmor des Altars
sämtliche Farben ergossen. Father Brennan war im Beichtstuhl; zwei ältere
Beichtwillige knieten in der Bankreihe direkt davor. Die Tür des Beichtstuhls
öffnete sich mit einem Klicken, ein Kind kam heraus und hielt einer Frau die
Tür auf, die vermutlich seine Großmutter war. Kaum eine Minute später kam auch
sie heraus, und der Mann vor mir trat ein. Ich konnte sein leises Murmeln
hören, dazwischen die tiefere, kehlige Stimme von Father Brennan. Dann kam der
Mann wieder heraus und ließ die Tür offen. Die Luft war von Weihrauch erfüllt.
    Ich betrat den
Beichtstuhl und zog die Tür hinter mir zu. Es war warm und eng hier drin, die
Gerüche von Möbelpolitur und Holz vermischten sich mit dem Aftershave des
Pfarrers. Durch das Gitter, das uns trennte, konnte ich seine Silhouette
erkennen. Er blickte auf ein Gebetbuch in seinem Schoß, das Ohr dicht am
Gitter.
    »Segnen Sie
mich, Vater, denn ich habe gesündigt. Ich habe zuletzt vor einigen Wochen
gebeichtet«, begann ich.
    »Beeilen Sie
sich, Inspector, mein Frühstück wird kalt«, erwiderte Brennan mit einer Stimme,
die der jahrelange Konsum von Woodbines-Zigaretten rau gemacht hatte. Er lachte
leise in sich hinein, es klang wie Husten.
    »Ich möchte
Sie um einen Gefallen bitten. Ich muss mit jemandem reden, der mir bei einem
Fall helfen könnte. Eine Prostituierte namens Mary Knox verschwand 1978 aus
Strabane. Ich muss wissen, ob die IRA etwas damit zu tun hatte. Es hängt mit
den Morden an Cashell und Boyle zusammen, glaube ich.«
    »Die hängen
miteinander zusammen?«, zischte Brennan.
    »Wir glauben
es. Aber niemand weiß es genau, deshalb …« Meine unausgesprochene Bitte um
Vertraulichkeit hing in der Luft. Brennan schwieg beinahe eine volle Minute,
die mir in der Dunkelheit des Beichtstuhls unendlich lang vorkam. Er beugte
sich näher ans Gitter, und im Dämmerlicht sah ich, dass er mir den Kopf
zugewandt hatte; Licht von draußen funkelte auf seinem Brillengestell. »Ich
kann nichts versprechen, Inspector. Das ist eine sehr unorthodoxe Bitte. Geben
Sie mir eine Telefonnummer, unter der ich Sie erreichen kann. Wie gesagt, ich
verspreche nichts.«
    »Danke, Father
Brennan«, sagte ich.
    Ich hörte, wie
er sich im Beichtstuhl neben mir anschickte zu gehen. Er nahm die Stola ab.
    »Vater«, sagte
ich, »würden Sie mir bitte die Beichte abnehmen, da ich schon einmal hier bin.«
    Er sagte
nichts, sondern setzte sich wieder, und ich konnte im Halbdunkel gerade noch
erkennen, dass er die violette Stola wieder umlegte und sich bekreuzigte. Dann
erzählte ich ihm von McKelvey, von Anderson und seinen Schafen und vor allem
von Miriam Powell. Er fragte mich, ob ich Debbie erzählt hätte, was vorgefallen
war. Er fragte mich, ob es mir leid tue. Er fragte mich, ob ich die Affäre
gerne fortgesetzt hätte, und ich antwortete: »Nein.«
    »Gott vergibt
Ihnen, Inspector. Ihre Frau, so vermute ich, wird Ihnen auch vergeben.
Versuchen Sie jetzt, sich selbst zu vergeben. Ich spreche Sie von Ihren Sünden
los, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen. Lassen Sie
Ihr Handy an.«
    Williams und ich gingen in ein Restaurant an
der Grenze, das ›The Traveller’s Rest‹ hieß. Sie aß Frühstücksflocken, während
ich ein vollständiges Frühstück mit Speck, Eiern, Würstchen und Tomate
bestellte. Als ich den Rest des Eigelbs mit meiner letzten Scheibe Toast
auftunkte, klingelte das Telefon.
    »Devlin hier«,
sagte ich. Die Nummer im Display kannte ich

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