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Boris Pasternak

Boris Pasternak

Titel: Boris Pasternak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr Shiwago
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Hausmädchen der Gromekos, und gab Jura mit
verzweifelten Blicken und entschlossenen Kopfbewegungen zu verstehen, daß sie
den Hausherrn dringend sprechen müsse.
    Gromeko wandte sich um und
warf Jegorowna achselzuckend einen vorwurfsvollen Blick zu. Aber sie ließ nicht
locker. Zwischen ihnen entspann sich von einem Ende des Saals zum anderen eine
Auseinandersetzung wie zwischen Taubstummen. Man wurde auf sie aufmerksam, Anna
Iwanowna schoß vernichtende Blicke auf ihren Mann.
    Gromeko stand auf. Er mußte
etwas tun. Errötend ging er leise an der Saalwand entlang zu dem Hausmädchen.
    »Schämen Sie sich nicht,
Jegorowna? Was ist denn eigentlich so dringlich? Sagen Sie rasch, was ist
geschehen?«
    Jegorowna flüsterte ihm etwas
zu. »Was für ein >Tschernogorija    »Das Hotel.«
    »Und, was gibt's?«
    »Er soll dringend hinkommen.
Jemand von den Angehörigen liegt im Sterben.«
    »Was Sie nicht sagen. Ich kann
es mir vorstellen. Es geht nicht, Jegorowna. Wenn sie das Stück zu Ende
gespielt haben, sage ich es ihm. Vorher geht es nicht.«
    »Der Hausdiener wartet. Auch
der Kutscher. Ich sage Ihnen doch, ein Mensch stirbt, verstehen Sie? Eine Dame
von Stand.«
    »Nein und nein. Auf fünf
Minuten wird es ja nicht ankommen.«
    Er kehrte ebenso leise zurück
zu seinem Platz, setzte sich und rieb sich finster die Nasenwurzel.
    Nach dem ersten Satz ging er
zu den Musikern, und während der Beifall noch rauschte, sagte er Tyschkewitsch,
man sei ihn abholen gekommen, es gebe etwas Unangenehmes, und die Musik müsse
abgebrochen werden. Dann stoppte er, dem Saal zugewandt, mit einer Handbewegung
den Beifall und sagte laut: »Meine Herrschaften, das Trio muß unterbrechen. Wir
sprechen Herrn Tyschkewitsch unser Mitgefühl aus. Es gibt ein betrübliches Ereignis.
Er muß uns verlassen. Ich möchte ihn in solch einem Moment nicht allein lassen.
Meine Gegenwart könnte für ihn notwendig sein. Ich fahre mit ihm. Jura, mein
Bester, gehe hinaus und sage Bescheid, Semjon soll vorfahren, er hat ja schon
angespannt. Meine Herrschaften, ich verabschiede mich nicht und bitte alle zu
bleiben. Meine Abwesenheit wird nicht lange dauern.« Die Jungen baten,
Alexander Gromeko bei der nächtlichen Fahrt durch die Kälte begleiten zu
dürfen.
     
    Obwohl das Leben nach den
Unruhen im Dezember in seine normalen Bahnen zurückgekehrt war, wurde noch
immer da und dort geschossen, und wenn immer wieder mal ein Brand ausbrach,
wirkte dieser wie ein Rest der damaligen Brände.
    Noch nie waren sie so weit und
so lange gefahren wie in dieser Nacht. Dabei war es ein Katzensprung - durch
den Smolenski- und den Nowinski-Boulevard und über den halben Sadowoje-Ring.
Aber die tierische Kälte und der Nebel schienen die einzelnen Stücke des
närrisch gewordenen Raums voneinander zu trennen, als wäre er nicht auf der
ganzen Welt einheitlich. Der zottig-fasrige Qualm der Wärmfeuer, das Knirschen
der Schritte und das Quietschen der Schlittenkufen trugen zu diesem Eindruck
bei, als führen sie schon Gott weiß wie lange und gelangten in eine
furchteinflößende Ferne.
    Vor dem Hotel stand ein Pferd,
mit einer Decke zugedeckt und mit bandagierten Fußgelenken, vor einen eleganten
Schlitten gespannt. Auf dem Platz für die Herrschaften saß der Kutscher, er
hielt die Hände in Handschuhen um den vermummten Kopf, um sich zu wärmen.
    In der Hotelhalle war es warm;
hinter dem Geländer, das die Garderobe vom Eingang trennte, schlief laut
schnarchend und davon immer wieder wach werdend der Portier, den das Rauschen
des Ventilators, das Bullern des geheizten Ofens und das Pfiffeln des siedenden
Samowars eingeschläfert hatten.
    Links stand vor einem Spiegel
eine geschminkte Dame mit rundem, mehlig gepudertem Gesicht. Sie trug eine
Pelzjacke, die für dieses Wetter nicht warm genug war. Während sie
augenscheinlich auf jemanden von oben wartete, wandte sie dem Spiegel den
Rücken zu und betrachtete sich bald über die rechte, bald über die linke
Schulter, um zu sehen, ob sie hinten schön sei.
    Von draußen drängte sich der
durchgefrorene Kutscher zur Tür herein. Die Form seines langen Rocks erinnerte
an die Brezel in einem Firmenschild, und der von ihm aufsteigende Dampf unterstrich
diese Ähnlichkeit.
    »Wie lange wird's noch dauern,
Mamsell?« fragte er die Dame vor dem Spiegel. »Wenn man sich mit Leuten wie
Ihnen einläßt, erfriert einem noch das Pferd.«
    Der Vorfall im Zimmer
vierundzwanzig war nur eine Bagatelle in dem täglichen Ärger des

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