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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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Fisher dazwischen. »Bist du sicher, dass du für diese Jungs schnell genug bist?«
    »Ihr tut mir ja keinen Gefallen«, gab Shaggy mit einem Schulterzucken zurück. »Wen habt ihr denn sonst noch?«
    »Ja«, sagte Fisher, »also gut.«
    Und Shaggy schrie und winkte am folgenden Nachmittag an der Versorgungsstation wie versprochen, als Juan und Martimano den Wendepunkt bei Kilometer 80 erreichten. Sie tranken einen großen, kühlen Schluck Wasser und schnappten sich etwas Pinole und dünne Bohnenburritos, die Kitty Williams mitgebracht hatte. Rick Fisher hatte zudem noch einen weiteren Schrittmacher aufgetrieben, einen erstklassigen Ultralangstreckler aus San Diego, der sich lange mit der Überlieferung der Tarahumara beschäftigt hatte. Die vier Läufer wechselten den Tarahumara-Händedruck – das sanfte Streicheln mit den Fingerspitzen – und wandten sich dem Hope-Pass zu. Ann war bereits außer Sichtweite.
    »Los geht’s, Jungs«, sagte Shaggy. »Schnappen wir uns die bruja. «
    Juan und Martimano verstanden kaum etwas von dem, was dieser Bursche sagte, aber das war eindeutig: Shaggy bezeichnete Ann als Hexe. Sie beobachteten ihn genau, um sich zu vergewissern, ob er es ernst meinte, stellten fest, dass dem nicht so war, und fingen an zu lachen. Dieser Typ würde ihnen Freude bereiten.
    »Ja, sie ist eine bruja, aber das ist cool«, fuhr Shaggy fort. »Wir haben den stärkeren Talisman. Versteht ihr das, Mojo, Talisman? Nein? Macht nichts. Wir werden die bruja jagen wie ein Stück Rotwild. Wie ein venado . Verstanden? Wir werden die bruja zur Strecke bringen wie ein venado . Poco a poco – Stück für Stück.«
    Aber die Bruja ließ nicht nach. Ann hatte ihren Vorsprung von vier auf sieben Minuten ausgebaut, als sie die Passhöhe ein zweites Mal erreichte. Glen Vaassen, ein Läufer aus Leadville, sagte später zu Runner’s World: »Ich lief den Hope-Pass hinauf, und sie kam mir entgegen und rauschte einfach vorbei. Sie lief ganz locker .«
    Ann folgte dem Weg bis zum tiefsten Punkt der Passstrecke, durchquerte den Arkansas River ein zweites Mal und hatte zu kämpfen, damit sie im hüfttiefen Wasser nicht mitgerissen wurde. Um 14 Uhr 31 erreichte sie, diesmal mit Carl, die Feuerwache von Twin Lakes bei Meile 60 (97 Kilometer) ein zweites Mal. Sie ließ sich untersuchen, bekam das Okay des Arztes und stapfte die Sechs-Meter-Erdrampe zur Laufstrecke hinauf. Ann war schon seit zwölf Minuten wieder auf der Strecke, als Shaggy und die Tarahumara eintrafen.
    Zufälligerweise erreichte Ken Chlouber die Versorgungsstation Twin Lakes das erste Mal und war noch in der Gegenrichtung unterwegs, als Juan und Martimano auf dem Rückweg dort haltmachten. In der Feuerwache redeten alle nur über Anns Rekordtempo und ihren stetig wachsenden Vorsprung, als Ken jedoch Juan und Martimano beim Verlassen der Feuerwache beobachtete, verblüffte ihn etwas anderes: Sie lachten, als sie die Erdrampe erreichten.
    Alle Läufer gehen auf dieser Rampe, dachte Chlouber, als die beiden Tarahumara die Steigung hinaufwirbelten wie Kinder, die sich in einem Laubhaufen vergnügten. Alle. Und Teufel nochmal, sie lachen nicht dabei.

15

    Die Muskeln in meinem Körper fühlten sich weich und entspannt an, wie ein Experiment in funktioneller Musik.
    Richard Brautigan, Trout Fishing in America

    »Ein solches Gefühl der Freude«, staunte Coach Vigil, der so etwas seinerseits noch nicht erlebt hatte. »Das war wirklich bemerkenswert.« Fröhlichkeit und Entschlossenheit sind normalerweise antagonistische Gefühlslagen, doch die Tarahumara zeigten beides in sehr ausgeprägter Form, als ob laufen bis zum Tode ihr Lebensgefühl steigern würde.
    Vigils rastloser Verstand hatte sich, hektisch registrierend, viele Dinge eingeprägt. (Sieh nur, wie ihre Zehen nach unten weisen, nicht nach oben, wie Turner bei der Bodenübung. Und ihre Rücken! Sie könnten Wassereimer auf dem Kopf tragen, ohne einen Tropfen zu verschütten! Wie viele Jahre habe ich meinen Schützlingen gesagt, sie sollten den Rücken gerade halten und so laufen, aus dem Bauch heraus?) Das Lächeln jedoch verhalf ihm zu einer schlagartigen Erkenntnis.
    Das ist es!, dachte Vigil voller Begeisterung. Ich hab’s gefunden!
    Er war sich allerdings nicht sicher, was »es« war. Die von ihm erhoffte Enthüllung spielte sich hier vor seinen Augen ab, aber er verstand das Geschehen nicht ganz; er nahm nur das Licht an den Ecken wahr, wie den Titel eines seltenen Buches in einer durch Kerzen

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