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Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen

Titel: Bosmans/Deleu 01 -Nackte Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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das ganz am Ende lag. Von hier aus konnte man unmöglich eine knarrende Stufe hören, ob man schlief oder nicht.
    Er schaltete die Taschenlampe aus und wartete erneut, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Die Nesselgardinen ließen genügend Licht herein, um das Bett und einen Kleiderschrank erkennen zu können. An der Wand prangte ein imposantes Holzkreuz.
    Er ging auf das elterliche Bett zu, stolperte und fiel. Er rappelte sich auf, rieb sich die schmerzenden Knie und schaltete das Licht ein. Ein kleiner Korbstuhl, ein Kinderstühlchen.
    Er blickte auf, und sein Herz setzte einige Schläge aus. Überall braune Flecken. Auf den weißen Nachtschränkchen, auf der Bettwäsche, auf dem Fußboden, an der Wand, überall. Unter dem Kreuz war ein besonders bizarrer Fleck zu sehen. An dieser Stelle hatte der Täter die herausgeschnittene Gebärmutter von Mevrouw Poulders mit gewaltigem Schwung gegen die Wand geworfen, wonach sie auf das Kopfkissen geglitten war.
    Deleu wurde übel, fast hätte er sich übergeben. Er lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand, sorgfältig darauf bedacht, kein Blut zu berühren. Dann drehte er sich um, stützte sich mit beiden Händen ab und legte den Kopf an die Wand, als erwarte er, dass sie ihm ihre verborgensten Geheimnisse ins Ohr flüsterte.
    Er schloss verzweifelt die Augen und zermarterte sich das Gehirn. Auch seine Kollegen hatten keinerlei Muster in den Blutflecken entdeckt.
    Deleu stieß sich von der Wand ab und verfolgte einen breiten braunen Streifen auf dem Fußboden, der sich vom Bett bis an die Schwelle zum Flur zog. Die Spur schien in Richtung des eingebauten Wäscheschranks zu führen, endete aber abrupt an der Schlafzimmertür. Deleu durchquerte den Flur, drückte auf einen breiten flachen Lichtschalter und zog die Tür des Wäscheschranks auf. Der Anblick raubte ihm den Atem: überall Blut, bis an die Decke. Er schwankte, hielt sich an der Tür fest, schlug verzweifelt nach dem Schalter und hockte sich hin, mit dem Rücken zur Wand. Was, in Gottes Namen, war hier geschehen?
    Er ging im Geiste den Autopsiebericht und die Ergebnisse der Kriminaltechnik noch einmal durch. Das Puzzle ohne Motiv. Der größte Teil des Blutes im Schlafzimmer stammte von Mijnheer Poulders. Die Schleifspuren im Flur und die Blutspritzer im Wäscheschrank stammten ausschließlich von Mevrouw Poulders.
    Angenommen, der Mörder hätte Mevrouw Poulders im Schlaf umgebracht. Wie hatte sein folgender Schachzug ausgesehen? Hatte er sie in den Wäscheschrank geschleppt und dort weiter »bearbeitet«?
    Deleu öffnete seine Aktentasche. Seine tastenden Finger suchten und fanden den weichen Umschlag. Der Autopsiebericht von Michelle Poulders. Er schlug ihn auf und beleuchtete die dritte Seite. Der letzte Absatz, um den ging es ihm: »Kein erhöhter Histamingehalt, weder in den letalen noch in den oberflächlichen Stichwunden.«
    Keine Zunahme von Histamin, einem aus Histidin – einer Aminosäure – gebildeten Substanz, die eine Erweiterung der Blutgefäße bewirkte. Keinerlei Hinweis auf den Serotoninspiegel. Deleu erinnerte sich an seinen Grundkurs in angewandter Gerichtsmedizin und zog die folgenden Schlüsse: Sie musste praktisch sofort tot gewesen sein, und die oberflächlichen Stichwunden waren ihr
post mortem
zugefügt worden. Er schüttelte den Kopf und blieb einige Augenblicke lang wie betäubt sitzen.
    Schließlich schlug er den Autopsiebericht zu, rieb sich über die Wangen, dachte zynisch grinsend daran, dass er sich ja nicht mehr zu rasieren brauchte, steckte den Bericht zurück in die Aktentasche und blieb in der Hocke sitzen, seine Lieblingsposition, wenn er nachdenken wollte.
    Angenommen, der Täter hätte Mevrouw Poulders im Schlafzimmer getötet, sie zum Wäscheschrank geschleift und dort geduldig auf Mijnheer Poulders gewartet, der ungefähr eine Stunde später nach Hause kam. Er ermordet Mijnheer Poulders im Bett und schließlich die Kleine in ihrem Kinderzimmer.
     
    Aber wie um Himmels willen war es möglich, dass Poulders nichts gemerkt und sich schlafen gelegt hatte?
     
    Angenommen, Mevrouw Poulders hätte im Bett gelegen, unter der Decke, tot. Selbst dann müsste ihr Mann doch das viele Blut im Flur, im Schlafzimmer und auf der Bettwäsche gesehen haben. Nein, ausgeschlossen.
     
    Das Team, das die Morde rekonstruiert hatte, vermutete, dass Mevrouw Poulders im Wäscheschrank ermordet worden war. Vielleicht hatte sie die Täter gehört und sich versteckt?
    Als

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