Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd
fragte Bosmans hoffnungsvoll.
»Nein«, kam die trockene Antwort.
»Wie?«
»Nein. Der Mann, den wir suchen, hätte meines Erachtens das letzte Mädchen nicht entkommen lassen. Ich denke, dass Bieke de Prins nicht richtig in diese Reihe passt. Aber das ist lediglich eine Vermutung und basiert nicht auf konkreten Hinweisen.«
»Vater de Prins will seine Tochter zu sehr beschützen, und der Vater von Muriel Vandergoten hat seine Frau nach dem Tod der Tochter verlassen. Wir müssen überprüfen, ob die beiden Herren ein Alibi haben«, überlegte Bosmans, der sich noch immer an seine Inzesttheorie zu klammern schien.
»Vater de Prins hat seine Tochter nicht belästigt. Das steht fest«, unterbrach Deleu Bosmans’ Gedankengang.
»Und Hilde Plaetinck hat kaum noch Kontakt zu ihren Eltern, die übrigens glücklich verheiratet sind«, stieß Mendonck das Messer noch tiefer in die Wunde.
»Die Symbolik des ersten Mordes. Die interessiert mich noch am meisten«, sagte Evelyne Pardieu, die irgendwo in einer Umlaufbahn um die Erde zu schweben schien. Ausdruckslos sah sie Bosmans an. »Bis auf die äußerliche Ähnlichkeit haben wir keinen anderen Anhaltspunkt. War in der Ledertasche noch irgendetwas anderes als die Fleischerutensilien?«, fragte sie.
Die drei schauten sie fragend an.
»Ich meine, Spuren von Salz oder so? Oder Weihrauch?«
Als niemand reagierte, führte Evelyne Pardieu ihren inneren Monolog laut fort: »Salz, Wasser … Weihrauch. Wicca-Elemente. Enthauptung. Satanismus. Hatten die Mädchen Verbindungen zu bestimmten Sekten oder Geheimgesellschaften oder etwas Ähnliches? Wurde das bereits überprüft?«
Evelyne Pardieu nippte an ihrem Hagebuttentee. Die Furchen auf ihrer Stirn wurden so tief, dass das reichlich aufgetragene Make-up zu bröckeln begann. Das Ganze versprach ziemlich knifflig zu werden.
»Satanismus, Inzest, Ritualmord, Hexerei, ein Psychopath, der auf blonde Frauen abfährt, ein Lustmörder … wer bietet mehr?«, fragte Bosmans.
Evelyne Pardieu nickte gedankenverloren. »Das hier wird ein harter Brocken.«
»Ritualmord«, sagte Bosmans und schaute zu Nadia Mendonck. »Haben Sie der Hexe schon auf den Zahn gefühlt, Mendonck?«
Mendonck sah ihn gekränkt an, doch sie schluckte die Kommentare, die ihr bereits auf den Lippen gelegen hatten, hinunter – dass sie die letzten beiden Tage wie ein kopfloses Huhn von hier nach dort gerast war, nur mit einem altbackenen Brötchen als Mahlzeit, dass sie schwanger war und von Bosmans weder eine Gratulation gehört noch irgendein anderes Entgegenkommen erfahren hatte und dass sie außerdem zum Wohle der Ermittlungen ihren Termin beim Gynäkologen absagen musste. Stattdessen schüttelte sie nur den Kopf.
»Darf es nun offiziell sein?«
»Inkognito.«
Bosmans, der das spöttische Funkeln in ihren Augen bemerkte, gönnte Mendonck ihren Triumph nicht. Mit unbewegtem Gesicht wandte er sich an die Psychologin: »Ich besorge alles, was Sie brauchen, Evelyne, inklusive Verstärkung. Ich will ein möglichst lückenloses Bild vom möglichen Täter – oder den Tätern.«
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8
N adia Mendonck verschwendete keine Zeit: Noch bevor die fingerfertige Hedwige die Tarotkarten ausgebreitet hatte, schob die Kriminalbeamtin Muriel Vandergotens Foto zwischen die Karten.
Hedwige warf einen Blick darauf und hielt abrupt inne. Ihr lief ein Schauer über den Rücken, während sie Mendonck prüfend musterte. Aber sie ließ sich nichts anmerken.
»Dieses Foto hab ich im Terminkalender meines Mannes gefunden.«
Hedwige starrte sie weiterhin ungläubig an. Dann schob sie das Foto ein Stück zur Seite und widmete sich wieder den Tarotkarten.
»In der letzten Zeit kommt er immer später nach Hause. Und wenn er mich ansieht, dann mit einem seltsamen, schuldigen Ausdruck in den Augen. Ich bin mir fast sicher, dass die zwei eine Affäre haben.« Mendonck setzte eine gekränkte Miene auf und machte eine abschätzige Handbewegung in Richtung des Fotos.
»Was wollen Sie eigentlich von mir?«, fragte die Hexe und spreizte die molligen Hände.
Mendonck war einen Moment lang aus dem Konzept gebracht. »Ich … ich möchte wissen, was Ihre Karten dazu sagen«, stotterte sie. »Ich weiß nicht mehr, wem oder was ich noch glauben soll. Sie sind meine letzte Hoffnung.«
»Woher haben Sie eigentlich meine Adresse?«, fragte Hedwige liebenswürdig.
Doch Mendonck roch den Braten bereits. Sie krümmte die Zehen und beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. »Von
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