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Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd

Titel: Bosmans/Deleu 05 -Schnitzeljagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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gestikulierte.
    Der Wirt zapfte ein Pils, schenkte ein Mineralwasser ein, schlurfte zum Tisch der beiden Männer und warf einen Blick aus dem Fenster, als die Tür erneut aufging, und zwei weitere Gäste das Lokal betraten.
    Einer der beiden – ein tadellos gekleideter, aber nachlässig rasierter älterer Herr – nahm an einem Tisch neben der Theke Platz. Er hängte den Mantel, den er über dem Arm getragen hatte, an die Garderobe und deponierte seinen kunstvoll verzierten Spazierstock mit Elfenbeingriff und Metallspitze vor sich auf dem Tisch.
    Der andere Gast – ein Einwanderer, wie sie zu Tausenden durch Brüssel liefen – wählte einen Tisch am Fenster. Mit einem kurzen Nicken begrüßte er Ali und dessen Freund.
    Im
Au point final
lag Nordafrika offenbar in der hinteren rechten Ecke.
    »
C’est le beau temps hein
, Constant?«, sagte der Marokkaner und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Mineralwasser.
    »
Oui. C’est vous qui ont amené ici hein
, Ahmed.« Constant lachte breit, wobei sein einziger noch verbliebener Zahn zum Vorschein kam.
    »
Quoi
, Constant?«
    »Ah, le beau temps.«
    Ali klopfte seinem Freund auf die Schulter und lächelte.
    Deleu bestellte noch ein Pils und beschloss, einen Versuch zu wagen. »Van Cleynenbreughel«, sagte er und wandte sich an den Wirt, »Jozef Van Cleynenbreughel?«
    »Was ist mit ihm?«
    »Was für ein Mensch war er?«
    »Wer will das wissen?«
    »Ich.«
    »Ah, Sie, und wozu?«
    »Ich untersuche seinen Tod.«
    »Ach so. Tja, was soll ich dazu sagen? Er war ein prima Kerl hier im Café, aber er hat gefunden, was er gesucht hat. Stimmt’s, Gerard?«
    »Und dann auch wieder nicht«, murmelte einer der Thekenhänger und kippte in einem Schluck die Hälfte seines Biers hinunter.
    Deleu spitzte die Ohren, aber mehr kam nicht. Er musterte Constant, der sich mit geschlossenen Augen im tiefsitzenden Schritt kratzte. Das Dröhnen eines vorbeidonnernden Lastwagens ließ die Scheiben erbeben.
    Der herausgeputzte Herr klopfte mit seinem Spazierstock auf den Fußboden. Constant seufzte und bückte sich. Deleu hörte, wie er unter der Theke herumkramte. Dann kam Constant mit einer Flasche Leffe Bruin wieder zum Vorschein.
    »Ungekühlt, Meneer Cortois?«
    »Naturellement«
, lautete die resolute Antwort.
    Der Wirt öffnete die Bierflasche, als wäre er beim Minenräumdienst tätig. Der gutgekleidete Herr beobachtete jede seiner Handbewegungen mit Argusaugen. Constant bemerkte seinen Blick und knurrte: »Ich weiß schon – keine Pfütze, Meneer Cortois.«
    »War Van Cleynenbreughel hier Stammgast?«, versuchte Deleu, das Gespräch wieder in Gang zu bringen.
    »Ach, was zerbrechen Sie sich darüber den Kopf? Was wollen Sie eigentlich hier? Sind Sie Journalist oder so was?« Constant brachte das Leffe an den Tisch des älteren Herrn, der ihm das passend abgezählte Geld gab. Achtlos ließ der Wirt die Münzen in die Schublade seiner Registrierkasse fallen und vertiefte sich wieder in seine abgegriffene Zeitung. Was ihn betraf, war das Gespräch mit Deleu damit beendet.
    Deleu wartete ab und sah abwechselnd vom Wirt hinter der Theke zu dem Einwanderer am Fenster, der lächelnd nach draußen schaute.
    »Der trinkt nix«, sagte Constant, ohne aufzublicken. »Lebt von Luft und Liebe. Denkt, dass meine Stühle nichts kosten. Und mein Wasser auch nicht, wenn er im Klo abzieht.«
    Deleu trank sein Glas aus und legte noch einen Euro auf die Theke.
    »Noch eins?«
    Deleu nickte und schaute aus dem Fenster.
    »War kein schlechter Kerl. Der Jozef. Aber der, der da eben abgehauen ist … sein Kumpel … das ist ’ne linke Ratte.«
    Deleu drehte sich zum Fenster. »Wer war das denn?«
    »John. Ein Lastwagenfahrer.«
    Deleu schaute zur Eingangstür und erinnerte sich an das kurze Bild, das sein Gehirn registriert hatte: ein breiter Rücken, ein dünner Pferdeschwanz. »Wissen Sie, wo der Mann wohnt?«
    »John? Nein. Jedenfalls nicht in Brüssel. Aber ich weiß, dass er in irgendeiner kleinen, heruntergekommenen Hütte haust. Seine Frau ist ’ne Hexe. Professionell.«
    Deleu spürte, wie ihm das Blut in den Kopf schoss, aber er ließ sich nichts anmerken. Während er sein Glas zur Hälfte leer trank, dachte er fieberhaft nach. Constant schaute in die andere Richtung. Deleu wartete. Er kam sich vor wie in »Warten auf Godot«.
    »Danke«, sagte er schließlich und richtete sich mühsam auf. In dem Moment nahm der Wirt ein leeres De-Koninck-Glas von der Theke und bewegte es träge auf

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