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Bote ins Jenseits

Bote ins Jenseits

Titel: Bote ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hauke Lindemann
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einfach nicht der Richtige für diesen Job.
    »Nun kommen Sie schon! Sie wissen doch, dass ich Ihnen nichts sagen darf. Ich verstehe ja, dass Sie die Informationen brauchen. Ich kann da aber wirklich nichts für Sie tun.«
    Das Nicken des Mannes konnte den Eindruck erwecken, als würde er wirklich verstehen.
    »Ist doch nicht schlimm! Jeder hat mal einen schlechten Tag. Wie gesagt, ich komme morgen einfach wieder, und dann sieht die Sache vielleicht schon ganz anders aus.«
    Fleischer stöhnte und massierte seine Schläfen. Schließlich verschränkte er die Hände hinter seinem Kopf und starrte fast eine Minute lang schweigend zur Decke. Der Mann blieb vor der geschlossenen Tür stehen und tat, als würde er mit seinem Hund schäkern. Beide vermieden den Blick des anderen.
    Fleischer atmete tief durch und begann ein Selbstgespräch.
    »Ach ja, das Leben kann schon grausam sein. Aber ich sollte mich nicht beklagen, andere trifft es deutlich härter. So wie diesen armen Teufel vor etwa einer Woche. Ein aufstrebender Mann, gerade mal einunddreißig Jahre alt und ziemlich erfolgreich für sein Alter. Hat aber einen hohen Preis dafür gezahlt. Auf dem Weg nach oben macht man sich schon mal Feinde. Und der ständige Erfolgsdruck geht auch an einem wie ihm nicht spurlos vorbei.«
    Der Hund bellte energisch.
    »Was andere also nicht schaffen, das besorgt er schließlich selbst. Eines Morgens findet man ihn tot in seinem Büro, einfach so, aus heiterem Himmel. Ist in eine Art Koma gefallen. Kippte einfach um und hat sich dabei an seinem Schreibtisch das Genick gebrochen. Ein bedauerlicher Unfall, Akte geschlossen. Nein, ich sollte mich wirklich nicht beklagen.«
    Während seines Monologes ließ Fleischer die Decke keinen Moment aus den Augen. Ein nettes, kleines Selbstgespräch, eine Konversation mit einem der wenigen Menschen, die verstanden, was ihn beschäftigte. Was konnte er schon dafür, dass es einem Außenstehenden gelang, sich unbemerkt in sein Büro zu schleichen oder an der Tür zu lauschen?
    Der Mann tat es ihm gleich und ließ seinen vierbeinigen Freund nicht aus den Augen, kraulte ihm das Kinn und ließ sich von ihm die Hand ablecken.
    »Was meinst du, Rufus, ob sie Herrn Kamp wohl obduziert haben? Anfang dreißig, außer Diabetes keine Vorerkrankungen. Ich wette, sie haben ihn obduziert. Was mögen sie da wohl alles gefunden haben?«
    Fleischer riss die Arme nach vorn, legte sie auf seine Oberschenkel und warf dem Mann einen verärgerten Blick zu.
    »Seien Sie nicht albern. Ich habe Ihnen schon weit mehr gesagt, als ich durfte, und Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie das alles nicht von mir haben. Aber das mit den Obduktionsergebnissen geht zu weit. Wenn das rauskäme, wäre ich meinen Job los.
    Nicht, dass ich noch wer weiß wie an ihm hängen würde, aber über Art und Zeitpunkt meines Abgangs würde ich doch gerne selbst entscheiden. Wenn Sie mehr wissen wollen, fragen Sie seine verdammte Familie. Und jetzt gehen Sie endlich!«
    Der Mann nickte, machte auf dem Absatz kehrt und trat aus Fleischers Leben – vorerst.

Familie
     

     
     
    »Was meinte er mit ›der Druck ging nicht spurlos an mir vorbei‹? Warum hast du ihn das nicht gefragt? Ich hab dich drum gebeten, aber du hast es nicht getan!«
    Kamp und Gregor saßen wieder in ihrem Wagen. Kamp war sehr aufgebracht über das, was er gerade im Büro des Polizisten gehört hatte. Er hatte nie Probleme gehabt, mit irgendwelchem Druck fertig zu werden, wenigstens nicht, wenn es um seine Arbeit ging. Die Tatsache, dass man ganz offensichtlich seinen Körper aufgeschnitten hatte, um alles rauszuholen und zu untersuchen, war mindestens ebenso verstörend wie die Erkenntnis, an einem gebrochenen Genick gestorben zu sein. Andererseits hatten sie jetzt wenigstens Gewissheit, dass es nicht direkt am Insulin lag.
    »Jetzt hör doch mal mit dem Gemeckere auf. Der Mann hat schon auf ganz dünnem Eis Polka getanzt. All die Dinge, die er uns erzählt hat, hätten wir nie von ihm erfahren dürfen. Es könnte ihn wirklich den Job kosten. Wir können sehr zufrieden sein mit dem, was wir haben, weil es uns schon ein gutes Stück weiterhilft. Das war übrigens eine gute Show, die du da abgezogen hast.«
    »Kann man wohl sagen! Ich habe nicht einen Tropfen rausbekommen, und ihm ist trotzdem der Kragen geplatzt.«
    Gregor wirkte überrascht.
    »Ich hatte ja noch nicht mal was getrunken! Außerdem kann ich nicht pinkeln, wenn ich beobachtet werde!«
    Der Bote schnaubte.

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