Botschaft des Schreckens
sollen. Die rast da draußen herum, und Sie wecken uns nicht einmal. Jeden Moment können sie hier vor dem Tor sein- und was tun wir dann?«
Der Alte zögerte ein wenig. »Ich will Ihnen sagen, was Sie tun werden«, erwiderte er dann. »Sie gehen auf Ihr Zimmer und bleiben dort. Ich weiß, daß die Bande dort draußen ist. Ich weiß aber auch, daß sie heute nicht hierherkommen werden.
Woher ich das weiß?« fuhr er fort. »Ich will es Ihnen sagen, Señorita. Ich bin jetzt schon alt. Auf der Hacienda sind nur diese Rosen und diese Bäume älter als ich. Und wenn ich etwas gelernt habe, so ist es dies: Wenn das Unglück zuschlägt, dann schlägt es überraschend zu – und blitzschnell. Wenn sie jemals hier eindringen, dann werden wir nicht mehr die Zeit haben, zum Telefon zu gehen. Sie werden über diese Mauern klettern, und wenn sie herunterspringen, dann wird es nicht mehr Geräusch geben, als wenn Blätter von unseren Bäumen fallen.« Er hob die Hand. »Jetzt fahren sie wieder davon… si …«
»Aber was wollten sie denn… Wozu fuhren sie hierher?« fragte ich mit schwacher, aber erleichterter Stimme.
»Wollen Sie das einen alten Mann fragen, den Sie nicht für fähig halten, dieses Tor zu bewachen? Vielleicht sollten Sie sich an Joe wenden. Er ist jünger als der alte Pedro. Verdad?«
Ich wandte mich ab und ging zum Hauseingang zurück. Es gibt eine Art von Antipathie, die man einfach nicht überwinden kann. Warum sollte ich es also weiter versuchen? Außerdem brauchte ich keine Antwort auf meine Frage. Die »Gilas« hatten das gleiche beabsichtigt wie zuvor, als sie meinen Mantel über die Mauer geworfen hatten: Mich, die sie für einen Verräter hielten, in Angst und Schrecken zu versetzen.
Ich wollte mich noch umdrehen und fragen: »Wann werden Don Carlos und seine Brüder zurücksein?«, aber ich tat es nicht. Ganz gleich, was auf dem rancho los war – zumindest einer von ihnen hätte hier auf der Hacienda bleiben müssen.
Als ich mich durch den Korridor tastete, fielen mir Pedros Worte ein: »Gehen Sie auf Ihr Zimmer und bleiben Sie dort.« Immer noch konnte ich nicht verstehen, daß die Männer die Hacienda verlassen hatten. Konnte der alte Pedro sich nicht fürchterlich täuschen? Die »Gilas« konnten doch jeden Augenblick zurückkommen! Nein, ich wollte jetzt nicht auf mein Zimmer. Zuerst mußte ich Joe, den Gärtner, und seine Frau suchen. Ich kam zu der Tür, durch die Dona Isabella und ich am Abend zuvor gegangen waren und stand gleich darauf unter dem Sternenhimmel New Mexicos. Aber ich blickte nicht zu ihnen hinauf, so sehr ich sie auch liebte, denn in diesem Augenblick sah ich Licht in Rosa Morenas Küche! Wie ein verirrtes Kind, das plötzlich den Heimweg findet, rief ich: »Rosa!«
Gleich darauf ging die Küchentür auf. »Señorita Terrill?« flüsterte sie. »Warum sind Sie denn jetzt noch auf? Ich dachte, ich bin die einzige auf der Hacienda, die noch nicht schläft.«
»Ich muß mit Ihnen sprechen, Rosa«, sagte ich. »Es ist so furchtbar.«
»Furchtbar?« Rosa bedeutete mir, mich am Küchentisch niederzusetzen, holte eine Kanne Kaffee und setzte sich neben mich. »Furchtbar… wieso?«
»Diese Bande war da. Mit Motorrädern… Auf dem Weg, der hinunter zur Stadt führt. Ich stand auf, um die Leute im Haus zu wecken… Aber ich weiß ja nicht, wo sie schlafen… Und Licht wagte ich nicht zu machen… Es war wie ein Alptraum. Ich versuchte gerade, den Gärtner zu finden, als ich das Licht in der Küche sah. Rosa, bitte gehen Sie schnell und wecken Sie Joe. Die Banditen sind zwar wieder weggefahren, aber sie können doch jederzeit wiederkommen, und Pedro hält allein am Eingangstor Wache.«
Erstarrt schaute mich Rosa an. »Wieso Pedro?«
Zunächst erschien es mir merkwürdig, daß Rosa überhaupt nichts bemerkt haben sollte, doch war das wohl durch den Umstand zu erklären, daß dieser Teil der Hacienda am weitesten von der Zufahrt entfernt lag. »Weil sonst niemand da ist«, erwiderte ich. »Pedro sagte, Don Carlos und seine Brüder hätten plötzlich auf den rancho gemußt.«
»Auf den rancho?« echote sie verwundert. »Das verstehe ich nicht. Die gehen doch nicht weg, ohne uns vorher Bescheid zu sagen. Nein… daß sie ihre Großmutter schutzlos zurücklassen, das kann ich mir einfach nicht vorstellen.«
»Genau das haben sie aber getan, Rosa«, entgegnete ich scharf. »Wie dem auch sei, wichtig ist jetzt vor allem, daß wir Joe wecken. Pedro sagt, daß die
Weitere Kostenlose Bücher