Botschaft des Schreckens
Bande nicht mehr zurückkommt, aber das kann er doch gar nicht wissen.«
»Wieso glaubte er denn, daß sie nicht mehr zurückkommen werden?« fragte Rosa überrascht.
»Weil sie auf dem Weg hin und her fuhren, nehme ich an. Pedro vermutete wohl, daß sie das nur taten, um mich zu erschrecken. So wie sie vorher den Mantel über die Mauer warfen. Rosa, ich habe Angst… Sie sind hinter mir her, und ich sitze hier in der Falle. Und obwohl Carlos schon mehrmals mit der Polizei gesprochen hat, scheint sich die Polizei für die Sache gar nicht zu interessieren. Und das ist das Schlimmste. Nachdem es sich hier um eine prominente, alte Familie handelt, hätte die Polizei doch eigentlich längst etwas unternehmen müssen. Rosa, ich halte das einfach nicht mehr aus.«
Rosa saß schweigend da, und als sie endlich antwortete, war ihre Stimme nur ein kehliges Flüstern. »Ich kann ihre Verzweiflung nicht mehr länger mit ansehen, Señorita. Aber ob Sie nun glauben, was ich Ihnen sagen muß, oder nicht – Sie müssen mir versprechen, keinem Menschen ein Wort davon zu wiederholen. Ich kann meinen Platz hier in der Hacienda nicht aufs Spiel setzen.«
»Natürlich – ich verspreche es, Rosa«, flüsterte ich. »Nur… Wie können Sie…«
»Wie kann ich helfen?« lächelte sie. »Haben Sie schon vergessen, was ich Ihnen vorhergesagt habe?« Sie beugte sich zu mir herüber. »Sind meine Vorhersagen nicht eingetreten?«
Ich nickte. »Ja, alles ist eingetroffen. Aber was wollten Sie mir denn sagen?«
Ein Anflug von Angst ging über Rosas Gesicht – sie fürchtete sich, zu viel zu sagen. Dann flüsterte sie leise: »Es gibt keine Bande, Señorita Terrill.«
»Keine Bande?« rief ich. »Aber was sagen Sie denn da, Rosa? Aber das stimmt nicht, das wissen Sie doch!«
Sie hob beschwörend die Hand. »Es gibt eine Bande, Si; sie treibt sich unten in der Stadt herum. Aber sie bedroht weder Sie noch die Hacienda Montera.«
»Aber ich sah sie doch aus den Bergen kommen, unmittelbar bevor ich Father Vala fand. Er wollte mir sagen, daß sie schuld an seinem Tod waren – da bin ich ganz sicher.«
»Nein, da sind Sie sich gar nicht sicher.«
»Reden Sie keinen Unsinn, Rosa«, rief ich verärgert. »Sie waren doch eben auf dem Zufahrtsweg. Ich hab’ sie gehört… Pedro hat sie gehört.«
»Sie beide haben Motorräder gehört, Señorita. Aber Sie haben nicht gesehen, wer sie fuhr.«
»Nun gut«, sagte ich. »Wenn Sie denn schon recht haben müssen… und wir alle unrecht… dann erklären Sie mir doch die Sache mit meinem Mantel, wenn Sie können!«
»Das kann ich nicht erklären. Oder«, fuhr Rosa mit seltsamem Blick fort, »vielleicht möchte ich auch gar nicht versuchen, das zu erklären. Genauso, wie die Karten Dinge zeigen, die ich sehe und nicht zu erklären versuche… Denn auch ich könnte mich täuschen. Aber bis zu dem Augenblick, da Don Carlos wollte, daß ich bis nach Father Valas Beerdigung keine Karten mehr lege, habe ich dies gewußt: In den Karten war keine Bande. Und nun… da alle Bewohner dieser Hacienda entweder unterwegs sind oder schlafen… mischen Sie die Karten, Señorita. Dann werden wir ja sehen, ob eine Bande…«
Rosa holte ein Paket Karten aus ihrer Schürzentasche. »Wünschen Sie sich etwas.« Es klang feierlich wie ein Ritus. »Mischen Sie jetzt die Karten, und ich werde sie in sieben Päckchen auslegen. Sieben – die heilige Zahl. Dreimal müssen Sie mischen… dreimal werde ich sie auslegen… Sechs Päckchen jedesmal… das siebte – das ›todsichere‹ Päckchen – behalte ich bis zum Schluß. Lüften wir den Schleier über der Zukunft.«
Rosa verstummte. Nur das Geräusch des Kartenmischens war zu vernehmen. Draußen fuhr ein plötzlicher Windstoß durch die Bäume.
Schweigend reichte ich ihr die gemischten Karten, und wortlos begann Rosa, sie in Dreierpäckchen anzuordnen, wobei sie einige in der Hand behielt und andere weglegte. Als sie sieben dieser Päckchen gelegt hatte, nahm sie sechs davon auf. Schließlich wandte sie sich mir zu und sah mich durchdringend an. »Es gibt keine Bande«, flüsterte sie. »Keine, die wir fürchten müßten. Die Bande bedroht nicht Sie – und auch nicht die Hacienda Montera.«
Unmutig stand ich auf, um zu gehen. »Ihre Karten sind keine zwei Cents wert!« rief ich.
Rosa packte mich am Arm. »Schsch… nicht so laut«, flüsterte sie heiser. »Es gibt eine Gefahr… eine große Gefahr…. aber ich kann Ihnen nicht sagen, woher sie kommt,
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